Liebe ist kein Tourismus – So kämpfen Paare gerade dafür, trotz Corona zusammen zu sein

© Giorgio Trovato | Unsplash

Eine Fernbeziehung kann zermürbend sein: Immer wieder Abschied auf Zeit nehmen, sich vermissen, und je nach Entfernung kostet es wahnsinnig viel Planung und auch Geld, seine*n Liebste*n zu sehen. In der Corona-Krise haben Paare, die nicht nur in unterschiedlichen Städten leben, sondern über Ländergrenzen hinweg eine Beziehung führen, wahrlich die, nun ja – Arschkarte gezogen.

In vielen Lebensbereichen ist mittlerweile die Normalität zurückgekehrt: Restaurants und Bars sind geöffnet, die Kontaktbeschränkungen vielerorts komplett aufgehoben, und innerhalb Europas ist auch das Reisen seit einer Weile wieder möglich – zumindest für EU-Bürger*innen. Vielerorts sind Einreisebestimmungen und -beschränkungen dennoch der Grund dafür, dass sich (unverheiratete) Paare zum Teil seit Monaten nicht sehen können. Dabei ist Liebe kein Tourismus, und Beziehungen sollten als ein essenzieller Grund zur Einreise akzeptiert werden – genau dafür kämpfen bi-nationale Paare gerade online.

We haven't seen each other since January 18th and it's killing us.
Instagram / @loveis.essential

Unter den Hashtags #loveisnottourism und #loveisessential finden sich auf Instagram haufenweise Geschichten von Menschen, die wegen des Corona-Lockdowns seit mehreren Monaten räumlich von einander getrennt sind. "Während meine Freunde schon wieder ins Kino gehen können, kann ich meine Partnerin seit Wochen nur über Skype sehen", schreibt ein Nutzer. "Du kannst mit 20 Menschen eine Babyshower-Party veranstalten, während mein Freund vermutlich die Geburt seines Kindes verpassen wird, weil er nicht einreisen darf – weil wir nicht verheiratet sind", berichtet eine andere Nutzerin. Mit Petitionen fordern bi-nationale Paare die Politik dazu auf, die Regelungen für Paare zu lockern – weil ihre Liebe essenziell ist, nicht zuletzt für ihre mentale Gesundheit.

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Bis es soweit ist, unternehmen viele Paare alle möglichen Versuche, um sich trotz der widrigen Umstände irgendwie sehen zu können – so auch Janna* und ihre Freundin Nina. Janna ist Deutsche, Nina US-Amerikanerin; weder in Deutschland noch in den USA können die beiden gerade zusammen sein.

Als die ersten Wochen des Lockdowns vorüber waren und die Ausgangsbeschränkungen vielerorts bereits gelockert wurden, begannen die beiden zu überlegen, wo und wie sie sich endlich wiedersehen könnten. Letztendlich stellten sie fest, dass Irland als einziges Land in der EU sowohl Deutsche als auch amerikanische Staatsbürger*innen einreisen lassen würde. In einer Facebook-Gruppe stießen sie auf ein anderes Pärchen, das in genau der gleichen Situation war: Er kam aus Deutschland, sie aus New York, und beide waren nach Irland geflogen, um sich dort zu treffen.

Love is essential – Liebe ist kein Tourismus

Anfang Mai entschieden sie deshalb, es ebenfalls zu versuchen. Sie buchten sich ein AirBnB in Dublin, um sich dort gemeinsam in Selbstisolation zu begeben: "Dass wir mindestens 14 Tage Selbstisolation würden einhalten müssen, war völlig in Ordnung für uns – alles was wir wollten, war beieinander sein."

Langsam stellte sich heraus, dass Irland inzwischen so etwas wie das Asyl-Land für binational couples in Zeiten von Corona geworden war: Am Flughafen trafen die beiden sofort ein anderes Paar, das sich im Ankunftsbereich in die Arme fiel. "Ich war von dieser Szene so gerührt und begeistert und wurde neugierig, woher die beiden kamen, also habe ich sie angesprochen. Der eine stammte aus Irland, hatte aber zuvor in Australien festgesteckt; sein Partner kam aus den Staaten. In Dublin waren sie endlich wieder vereint", erzählt Janna.

Dass wir mindestens 14 Tage Selbstisolation würden einhalten müssen, war natürlich in Ordnung für uns – alles was wir wollten, war beieinander sein.
Janna

Dass die Reisebeschränkungen für Tourismus wichtig und sinnvoll sind, um die Verbreitung des Corona-Virus einzudämmen, bestreitet auf den Seiten von #loveisnottourism niemand – aber in ein Land einzureisen, um seine*n Partner*in oder seine Familie zu sehen, ist keine Urlaubsreise, kein Wochenendtrip, sondern sollte als essenzieller Reisegrund gelten. Die Initiator*innen von Love Is Not Tourism fordern, dass das Reisen für Paare unter Bedingungen wie 14-tägiger Selbstisolation oder freiwilligen Corona-Tests bei der Einreise erlaubt wird. In Dänemark, Norwegen und den Niederlanden ist dies inzwischen möglich. Weitere Informationen zu den Kampagnen und Petitionen findet ihr hier.

Anmerkung der Redaktion: Die Namen der erwähnten Personen wurden geändert.

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