Wo ist der dunkle Nachthimmel hin? Wie nachhaltiger Tourismus gegen Lichtverschmutzung hilft

© Charlott Tornow

In unserer Reihe "Future Travel" beantworten wir spannende Fragen zum Thema Nachhaltigkeit im Tourismus und wie wir in Zukunft reisen werden. Kann Massentourismus nachhaltig sein? Welchen Einfluss hat die Digitalisierung auf unser Reiseverhalten? Worauf sollte ich bei der Kompensation meiner Reise achten? Welche alternativen Reisemodelle gibt es? Diesen und vielen weiteren Fragen gehen wir mit diesem Format auf den Grund. Hast du selbst eine interessante Frage zum Thema? Dann schreib uns an [email protected].

Die Nacht wird zum Tag

Erinnerst du dich daran, wann es das letzte Mal so richtig dunkel um dich herum war? Für mich als waschechtes Stadtkind ist absolute Dunkelheit eine Seltenheit. Ich erinnere mich noch an ein paar Nächte in meinem Leben, an denen ich so viele Sterne gesehen habe, dass ich gar nicht glauben konnte, dass ein Nachthimmel mit Tausenden Sternen überhaupt existiert. In meinem Alltag kenne ich nur beleuchtete Straßen, blinkende Neonreklamen und angestrahlte Gebäude.

In der Stadt wird die Nacht zum Tag und tatsächlich fühle ich mich wohl im Großstadttrubel, in dem niemals die Lichter ausgehen. Doch durch die konstante Beleuchtung wird das Stadt- und Landschaftsbild stark verändert, das heißt, es gibt immer mehr Lichtverschmutzung. Unter Lichtverschmutzung versteht man allerdings kein schmutziges Licht, sondern die Aufhellung des Nachthimmels durch künstliche Beleuchtung, die dazu führt, dass Menschen in Stadtnähe immer seltener den Sternenhimmel beobachten können. Tatsächlich haben zwei Drittel der Europäer*innen haben die Milchstraße noch nie gesehen und in vielen Teilen der Erde herrscht mittlerweile gar keine keine natürliche Dunkelheit mehr.

Caldera de Taburiente auf La Palma
© Imanol Zuaznabar & David de la Iglesia | Visit La Palma

Welche Auswirkungen hat Lichtverschmutzung?

Der Hell-Dunkel-Rhythmus ist wichtig für unsere Gesundheit, denn Schlafstörungen können Auslöser für verschiedene Krankheiten sein. Mit der Zeit haben wir uns mit Rollläden und Vorhängen zu helfen gelernt, sodass wir trotzdem in Ruhe schlafen können, obwohl draußen die Lichter niemals ausgehen. Doch neben dem enormen Stromverbrauch und den damit einhergehenden CO2-Emissionen, die durch nächtliches Beleuchten verursacht werden, leiden vor allem Tiere unter der ständigen Anstrahlung. Der Biorhythmus wird gestört, Insekten schwirren bis zur Erschöpfung um Laternen und selbst Vögel verlieren durch zu viel künstliches Licht die Orientierung, sodass sie teilweise nachts gegen Gebäude fliegen. Auch Amphibien orientieren sich an Lichtquellen und werden durch künstliche Beleuchtung fehlgeleitet, was oftmals für die Tiere mit dem Tod endet.

© NASA

Lichtverschmutzung reduzieren

Wenn du selbst schon zu Hause anfangen möchtest, Lichtverschmutzung zu reduzieren, kannst du auf einige Aspekte achten. 

  • Vermeide Weißlicht-LEDs. Diese versenden besonders viel helle Lichtstrahlung, denn es streut das meiste Licht in der Atmosphäre und ist eine der schädlichsten Lichtquellen für Organismen aller Art.
  • Wenn eine Lichtquelle nicht gebraucht wird, schalte sie aus oder nutze Bewegungsmelder. So kannst auch du schon zu Hause ein bisschen mehr darauf achten, unseren Nachthimmel und die Lebewesen zu schützen.

So kann Tourismus unseren Nachthimmel schützen

Schon 2017 klärten Expert*innen auf der ITB, der größten Tourismusmesse der Welt, über Lichtverschmutzung und die Bedeutung von Astro-Tourismus auf. Mit verschiedenen Paneltalks zum Thema wurde über den Wert der Dunkelheit für die Biodiversität, die Bedeutung des Nachthimmels für die Gesundheit der Menschen und die Auswirkungen der zunehmenden Lichtverschmutzung auf unsere Ökosysteme informiert. Zum Schutz des Nachthimmels soll die Tourismusbranche genutzt werden, um Menschen über das Thema aufzuklären, lokalen Tourismus zu fördern und gleichzeitig die natürliche Ressource Dunkelheit zu schützen. Dabei wird vor allem nachhaltiger Tourismus auf der Basis von Sternenbeobachtung gefördert.

Im portugiesischen Évora sagt die Leiterin des astronomischen Touristenzentrums Antonia Valera während des Internationalen Astro- Tourismus Kongress: „Der Schutz des Himmels ist auch ein Schutz der Artenvielfalt auf der Erde. Indem wir darauf achten, Umwelt und Natur zu schützen, bauen wir auch die Landschaft ein, die wir vernachlässigt haben. Daher hängt ein nachhaltiger Planet von der Erhaltung und dem Schutz des Nachthimmels ab.“ Die Zusammenarbeit von Tourismusdestinationen und Tourismusakteur*innen ist dabei von großer Bedeutung, denn dunkle Orte in Europa müssen geschützt werden und die touristische Attraktivität kann dafür sorgen, dass dieser Schutz aufrecht erhalten wird. 

Sternenpark Westhavelland
© Wiebke Jann

Im Sternenpark den Nachthimmel beobachten

Innerhalb einiger Städte wie Köln, Berlin oder Nürnberg werden die Lichter wichtiger Gebäude teilweise in der Nacht ausgeschaltet, was schon ein guter Schritt in die richtige Richtung ist. Doch wie kann noch mehr auf den Schutz des Nachthimmels geachtet werden? Um die wenigen dunklen Orte auf der Welt zu erhalten, gibt es sogenannte Sternenparks. Vielleicht hast du auch schon mal davon gehört? Landschaften, die besonders dunkel sind, werden durch eine ausgedehnte Pufferzone geschützt. Mit der Auszeichnung zum Sternenpark verpflichtet sich eine Region, die Dunkelheit zu erhalten und die Lichtverschmutzung durch künstliche Beleuchtung auch weiterhin zu reduzieren. Durch die Aufklärung und das Erleben des Nachthimmels erkennen Besucher*innen den Wert der Dunkelheit und lernen Möglichkeiten zur Vermeidung von Lichtverschmutzung kennen. Innerhalb Deutschlands wurden von der offiziellen International Dark Sky Association einige Regionen in Brandenburg, Thüringen, Bayern und Nordrhein-Westfalen zertifiziert. Im Naturpark Westhavelland, im UNESCO Biosphärenreservat in der Rhön oder im Nationalpark Eifel kannst du innerhalb Deutschlands noch einen tollen Sternenhimmel erblicken. Einige Unterkünfte bieten Sternenführungen, Teleskope und sogar Camper mit Sternendach an. So kannst du selbst den außergewöhnlichen Nachthimmel und die Milchstraße beobachten. 

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