Plastic Whale – Sightseeing und Plastik fischen in Amsterdam

© Plastic Whale

In unserer Reihe "Future Travel" beantworten wir spannende Fragen zum Thema Nachhaltigkeit im Tourismus und wie wir in Zukunft reisen werden. Kann Massentourismus nachhaltig sein? Welchen Einfluss hat die Digitalisierung auf unser Reiseverhalten? Worauf sollte ich bei der Kompensation meiner Reise achten? Welche alternativen Reisemodelle gibt es? Diesen und vielen weiteren Fragen gehen wir mit diesem Format auf den Grund. Hast du selbst eine interessante Frage zum Thema? Dann schreib uns an [email protected].

Das Problem mit dem Plastikmüll

Plastikmüll ist zu einem weltweiten Problem geworden, das ist keine überraschende Nachricht. Doch die Verschmutzung durch Plastik ist weiterhin die Todesursache vieler Meerestiere und bedroht Strände, Flüsse, Seen und das weltweite Ökosystem. Sogar in der kaum bewohnten Arktis ist mittlerweile so viel Plastikmüll wie an dicht besiedelten Orten zu finden. Laut einer Studie des WWF haben drei von vier Fischen Plastik im Verdauungstrakt und so landet das Mikroplastik letztendlich auch wieder im menschlichen Körper. Die Kosten der Einwegplastikkultur führen zu verschmutzen Meeresküsten und bei einer unveränderten Entwicklung der Wirtschaft kann davon ausgegangen werden, dass die Ozeane im Jahr 2050, gemessen am Gewicht, mehr Plastik als Fische enthalten werden.

Laut einer Studie des WWF haben drei von vier Fischen Plastik im Verdauungstrakt und so landet das Mikroplastik letztendlich auch wieder im menschlichen Körper.
© Plastic Whale

Unser gesamtes Ökosystem ist durch Plastik belastet und die Folgen sind gravierender, als gedacht. So sagt Dr. Melanie Bergmann vom Alfred-Wegener-Institut des Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI): „Oft unterschätzen wir die Bedeutung einzelner Arten. Schon kleinste Veränderungen können so ein System durcheinanderbringen oder zum Kippen bringen. Verschwindet nur eine einzige Tierart, kann das ganze Ökosystem davon beeinträchtigt werden." Doch nicht nur für Mensch und Natur ist diese Entwicklung eine gesundheitliche Bedrohung, auch der Tourismus ist immer mehr von den Auswirkungen betroffen. Küstenabschnitte in ganz Europa ziehen jedes Jahr Tausende von Tourist*innen an und selbst an den entlegensten Stränden wird Müll angespült. Wurden 1960 knapp 15 Millionen Tonnen Kunststoff produziert, waren es 2014 schon 311 Tonnen und bis 2050 wird erwartet, dass sich die Produktion nochmals verdreifacht.

Trotz der wachsenden Plastikproduktion haben die Umweltschäden viele Menschen und Regierungen wach gerüttelt. Mittlerweile wurde Einwegplastikartikel wie Strohhalme von der EU verboten und auch kleine Taten können helfen: Wenn ich am Strand oder im Wald unterwegs bin, versuche ich immer etwas Müll mitzunehmen. Kleine Zigarettenstummel kannst du zum Beispiel wirklich immer einstecken und richtig entsorgen. Zusammen Beach Guardian kannst du im nächsten Strandurlaub statt Muscheln auch einfach Müll sammeln.

Die Ozeane werden im Jahr 2050, gemessen am Gewicht, mehr Plastik als Fische enthalten.

Plastik fischen in Amsterdam

Das niederländische Unternehmen Plastic Whale hat sich zum Ziel gesetzt, dem Plastikproblem entgegenzuwirken und Tourismus mit Nachhaltigkeit zu verbinden. Das Konzept ist simpel: Besucher*innen, die nach Amsterdam kommen, machen eine Grachtenrundfahrt, erhalten aber zusätzlich ein Fischernetz. Auf der Tour entdecken sie die schönsten Sehenswürdigkeiten Amsterdams und fischen gleichzeitig Müll aus den Grachten. Plastic Whale wurde 2011 in Amsterdam gegründet und mittlerweile gibt es Clean-Ups in zahlreichen niederländischen Städten, Events in Deutschland, Belgien, England und sogar in Tokyo. 

Plastic Whale hat nicht nur die Vision, die Gewässer von Müll zu befreien, sondern den Menschen auch zu zeigen, dass Plastik kein Abfall, sondern ein wertvoller Rohstoff ist. Denn aus dem gefischten Müll werden nicht nur die Plastic-Whale-Boote, sondern auch Möbel hergestellt. Die gesammelten Flaschen werden zu Flocken und Fasern geschreddert und in recyceltem PET-Filz umgewandelt, der in Möbeln verwendet wird. 

Plastikmüll
© Marie Detmer

Bei meinem letzten Besuch in Amsterdam habe ich an einer der Touren von Plastic Whale teilgenommen. Zugegeben, ein kleines bisschen skeptisch war ich schon: Sieht man so wirklich was von der Stadt und ist das eine Aktivität, die man im eigenen Urlaub machen will? Aber ich war absolut begeistert und überrascht, wie viel Spaß das Ganze gemacht hat. Mit den Teilnehmer*innen habe ich mich sofort gut verstanden und wir mussten ständig über all das kuriose Zeug, das wir aus dem Wasser fischten, lachten. Ich schloss im übrigen Bekanntschaft mit einem Basketball, einem Rucksack mit Sneakern und unzähligen Plastikflaschen. Natürlich ist es wirklich traurig, was die Leute so im Wasser versenken, aber nach der zweistündigen Tour habe mich richtig gut gefühlt, denn als Tourist*in kann man der Stadt, die man besucht, so etwas Positives zurückgeben.

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