Halbe Belegung & Buffet mit Abstand – So wird der Urlaub 2020 aussehen

© Charlott Tornow

Als die Corona-Krise im März 2020 in Europa ankam und einen Kontinent gefühlt von heute auf Morgen lahm legte, wurde auch der Tourismus hart getroffen – vielleicht am härtesten von allen Wirtschaftszweigen. Grenzschließungen und Reisebeschränkungen führten dazu, dass Airlines und andere Beförderungsunternehmen Flüge canceln, Reiseveranstalter Buchungen stornieren und Touristenattraktionen sowie Restaurants und Hotels für unbestimmte Zeit schließen mussten.

Kein Wunder, dass den Staaten daran lag, das freie Reisen wieder schnell zu ermöglichen. Nach zwei langen Monaten des Bangens und Hoffens, dass die Länder der EU das Virus schnell eindämmen können, scheint also nun Aufbruchstimmung zu herrschen. Noch Anfang Mai war unklar, wo wir dieses Jahr überhaupt Urlaub machen können, jetzt kann es den Staats- und Regierungschef*innen gar nicht schnell genug gehen. Österreich und Schweiz öffnen ihre Grenzen zu Deutschland am 15. Juni, Italien bereits am 3. Juni. Griechenland will auch im Sommer europäische Touristen im Land haben, die slowenischen Grenzen sind schon wieder für alle geöffnet und auch in Kroatien tut sich was.

So stellen sich Tourismusunternehmen auf einen Corona-Sommer ein

Das klingt erstmal gut und viele werden sich freuen, dass der Sommerurlaub doch noch gerettet ist. Aber einerseits werden die Grenzen unter dem Vorbehalt geöffnet, dass die Infektionszahlen weiter runter gehen. Andererseits stellt sich die Frage, wie Reisen während einer (ja immer noch vorherrschenden) Pandemie aussieht. Klar ist, dass der Urlaub 2020 nicht so unbeschwert wie in den Jahren zuvor ausfallen wird, dafür sorgen Hygieneregeln und Schutzmaßnahmen. Ich habe daher mal nachgefragt, wie Tourismusorganisationen, Buchungsplattformen und Hotels in Deutschland, Österreich und der Schweiz die Vorgaben ihrer Länder umsetzen und mit einem Damokles-Schwert im Nacken Tourismus ermöglichen.

Thomas Vetsch von Schweiz Tourismus

luzern, vierwaldstättersee
© Charlott Tornow

"In der Schweiz ist die Grenze jetzt schon für Geschäftsreisende geöffnet, am 15. Juni voraussichtlich auch für private Reisende. Vor allem in den Bergregionen ist der Tourismus der Wirtschaftssektor Nummer 1, von daher freut es uns sehr, dass er bald wieder möglich sein wird. Obwohl die Saison spät anfängt, haben wir aber einen Standortvorteil, weil die Schweiz für viele Touristen ohne große Planung bequem gut mit dem Auto zu erreichen ist. Wir erwarten, dass sich die Touristen dieses Jahr relativ gut über die gesamte Schweiz verteilen, sodass es keine überfüllten Regionen oder Städte gibt. Zermatt beispielsweise ist normalerweise sehr international und gut besucht von Amerikanern und Chinesen – das wird dieses Jahr anders sein. Auch sonst sind wir in der Schweiz gut gerüstet für die aktuelle Situation. Wir haben keine großen überfüllten Städte. Auch in urbanen Zentren wie Zürich, Basel oder Luzern ist man immer schnell in der Natur. Und natürlich gibt es viele dieser kleinen versteckten Orte, in denen man auch ganz für sich sein kann. Davon abgesehen haben Restaurants jetzt schon wieder geöffnet, wobei ein Sicherheitsabstand von zwei Metern eingehalten werden muss. Auch Museen, Bibliotheken und Archive können wieder besucht werden. Zum 8. Juni erwarten wir dann auch neue Lockerungen für Theater und Kinos. Noch bis Ende August sind Großveranstaltungen (über 1000 Personen) verboten."

Gut zu wissen für Touristen: Im Gegensatz zu Deutschland regelt der Bund die Corona-Maßnahmen einheitlich für die gesamte Schweiz, sodass es keine Sonderreglungen in einzelnen Kantonen gibt. Alle Hinweise für Schweiz-Reisende findet ihr auf der Seite des Bundesamt für Gesundheit.

Valentina Denz vom Wanderlust Guesthouse

vierwaldstättersee, weggis, wanderlust guesthouse
© Charlott Tornow

"Wir freuen uns, dass es langsam wieder losgeht. In der Schweiz mussten die Hotels nicht schließen, wir haben in der Zeit einige Auslandschweizer beherbergt, die zurück in die Heimat kamen und nicht bei Familie/Freunden unterkommen konnten. Nun kommen auch wieder vermehrt Buchungen von Individualgästen rein. Das macht optimistisch! Buchungen kommen hauptsächlich von Schweizer Gästen im Moment. Zum Herbst hin kommen schon Reservierungen aus Deutschland und Österreich. Uns ist es wichtig, dass der Gast mitentscheiden kann, wie viel Kontakt er will. Ich denke, gerade im Budget-Bereich wird die Nachfrage schnell wieder anziehen. Das Bedürfnis nach Natur und Tapetenwechsel ist bei allen groß. Wir haben Anpassungen gemacht in unseren Strukturen und freuen uns nun auf einen etwas anderen Sommer."

Das Wanderlust Guesthouse ist ein Inhaber geführtes, kleines Hotel in der Nähe von Luzern. Hier findest du alle Infos zu den Corona-Maßnahmen des Hotel.

Frauke Schmidt von der Buchungsplattform Unplanned

© Unplanned

"Wir haben uns bereits seit einiger Zeit mehr auf Deutschland als Reiseziel fokussiert. Inzwischen haben wir auch in Deutschland ein Portfolio an außergewöhnlichen Unterkünften und spannenden Zielen, das Europa in (fast) nichts nachsteht. Vor allem haben wir viele unbekannte Kleinode abseits des Mainstreams noch mal neu entdeckt, denn wir gehen davon aus, dass es in den klassischen Urlaubsregionen in Deutschland im Sommer 2020 recht voll werden könnte. Gerade heute geht der erste Umschlag raus für eine Reise, die nun tatsächlich stattfinden kann. Das ist ein ganz tolles Gefühl für das ganze Team, das nun seit zweieinhalb Monaten lediglich Troubleshooter war und nur umgebucht und storniert hat. Wir verfolgen genau, welche anderen europäischen Ziele in naher Zukunft wieder machbar sind, um schrittweise den Radius zu vergrößern. Jetzt ist es aber auch wichtig, dass Buchungen reinkommen. Wir hoffen also, dass viele Mutige sich auf ein Überraschungsabenteuer mit uns noch im Sommer 2020 einlassen. Das machen wir jetzt auch mit weniger Vorlauf möglich als in normalen Zeiten. Dafür muss man uns einfach nur eine E-Mail schreiben."

Über das Münchner Reise-Startup unplanned kannst du Reisen buchen, deren Destination du noch nicht kennst – quasi ein Blind Date mit dem Urlaub an sich.

Ulla Kinzler vom Bed & Breakfast La Mugletta

La Mugletta
© Charlott Tornow

"Wir haben vor, ab Freitag, den 29. Mai 2020, wieder Gäste zu empfangen. Neben dem digitalen Besuch von speziellen Informationskursen über vorbeugende Maßnahmen und Hygieneregelungen zur Verhinderung von Covid-19-Infektionen, sind wir dabei festzulegen, was wir unseren Kunden anbieten wollen und was wir gegebenenfalls im Ablauf in La Mugletta ändern werden, um Kontaminationsmöglichkeiten so gering wie möglich zu halten. Sicherlich werden wir unseren Gäste mit Atemschutzmasken entgegentreten, ohne dabei aber auf ein Lächeln zu verzichten. Wir werden unseren Gästen waschbare Atemschutzmasken aus ökologischer, dreilagiger Baumwolle (farblich zum Zimmer passend) zum Gebrauch während des Aufenthaltes bei uns anbieten (alternativ auch Einweg-Standardmasken) und wir werden auch Einweg-Handschuhe zur Verfügung stellen. Am Gebäudeeingang und vor den Zimmereingängen wird neben den obligatorischen Verhaltenshinweisen Desinfektionsmittel für die Hände sein, auch in jedem Zimmer werden wir jeweils eine Flasche Desinfektionsmittel für die Hände bereit halten. Wir haben nicht vor, bei den ankommenden Gästen Fieber zu messen (so wie dies zum Beispiel im Moment bei den Zahnärzten in Italien der Fall ist oder auch bei Sportvereinen), werden aber ein Infrarot-Thermometer bereitstellen. Neben social distancing ist Hygiene ein sehr wichtiges Thema. Entsprechend wird ein besonderes Augenmerk auf die Reinigung und Desinfektion gelegt; natürlich arbeiten wir schon immer hygienisch gut, mit dem Covid-19-Risiko wird dies nun nicht nur dokumentiert, sondern die Frequenz erhöht und um desinfizierende Maßnahmen (zum Beispiel Putzen mit 70% Alkohollösung) erweitert. Um die Kriterien des social distancing zu erfüllen, werden wir uns von der langen Tafel im salotto verabschieden und werden einzelne Tische so stellen, dass der gesetzlich Mindestabstand gewährleistet wird und jeder unserer Gäste in Sicherheit frühstücken kann. Zusätzlich zur normalen Wäsche von Bettbezügen und Bettlacken werden wir Kopfkissen und Bettdecken für 72 Stunden nach Abreise eines Gastes in 'Quarantäne' schicken, für die Matratze wird ein zusätzlicher waschbarer Schutz zwischen Matratze und Leintuch angebracht werden, der ebenfalls nach Abreise gewechselt wird.

Das La Mugletta ist ein nachhaltig gebautes und betriebenes Bed & Breakfast außerhalb Venedigs in den Euganeischen Hügel und wird geführt von Ulla Kinzler. Aktuell haben die Inhaber die Stornobedingungen gelockert, außerdem gibt es die Möglichkeit, Gutscheine für einen Aufenthalt zu erwerben.

Eva Machill-Linnenberg von Wikinger Reisen

"Wir stehen in den Startlöchern und setzen nun zuerst auf das Reiseziel Deutschland. Ab Ende Mai führen wir wieder individuelle Reisen durch. Unsere Gruppenreisen – auch in Deutschland – haben wir aufgrund der Kontaktsperre bis Mitte Juni abgesagt. Danach können wir hoffentlich auch damit wieder loslegen – in Deutschland und nach und nach in anderen Ländern. Unsere Produktabteilungen beobachten die Lage sehr intensiv, sind mit den Hotelpartnern vor Ort im Gespräch, und werden möglichst schnell reagieren. Wir laufen und radeln meist auf stillen Wegen und wohnen eher in kleinen, inhabergeführten Hotels. Das macht es – gepaart mit gegenseitiger Rücksicht und Beachtung der Auflagen – einfach, Corona-konform unterwegs zu sein: von Corona-bedingten Maßnahmen in Hotels über größere Busse bis zu Abstandsregeln auf schmalen Pfaden. Wir haben unserem Reiseleiter in punkto Hygiene, Distanzhaltung etc. sensibilisiert, sie sind mit den Bestimmungen der jeweiligen Zielgebiete vertraut."

Wikinger Reisen hat einen Leitfaden für den sicheren Aktivurlaub entwickelt. Unter dem Motto "Yes, we care" gibt es aktuelle Informationen für Wander- und Radreisende.

Klaus Dissertori von der Villa Arnica

1477 reichhalter eat & sleep
Das 1477 Reichhalter Eat & Sleep, © Charlott Tornow

"Wir öffnen alle drei Hotels (1477 Reichhalter, Villa Arnica und Schwarzschmied) am 18. Juni, insofern die Grenzen öffnen. Aktuell gibt es auch wieder die ersten Buchungen, was sehr gut tut nach mehreren Stornowellen. Wir versuchen unsere Häuser so sicher wie möglich für unsere Gäste zu gestalten, um einen sorglosen Urlaub zu ermöglichen. Wir haben unsere Konzepte vor allem im Schwarzschmied etwas verfeinert. Eigentlich genau das, was wir schon immer machen wollten, denn ich bin der Meinung, wir können nun noch bessere Qualität bieten: Wir lasten unser Haus nur zu 70% aus. Es wurden alle Buffets abgeschafft: Frühstück gibt es nur noch á la carte, der Roomservice ist kostenlos, Buffet am Nachmittag gibt es nicht mehr, dafür ganztägig eine kleine Karte. Bei der Produktauswahl setzen wir noch gezielter auf Regionalität und eigenen Anbau (das haben wir in den letzten zwei Monaten gemacht), Yoga-Klassen finden nur mit bis zu 6 Personen statt."

Klaus Disstertori ist Inhaber der drei Südtiroler Hotels 1477 Reichhalter, Villa Arnica und Schwarzschmied.

Barbora Fajkusova von CzechTourism

"Tschechien bereitet sich auf die baldige Eröffnung der Grenzen vor – ab dem 15. Juni wird voraussichtlich die Einreise für Touristen und private Reisende wieder möglich sein. Seit Ende April kommt es zu Lockerungen der getroffenen Maßnahmen im Lande – zum Beispiel sind Restaurants bereits teilweise in Betrieb, ab dem 25. Mai werden Hotels in Tschechien für einheimische Gäste wieder geöffnet. Auch der internationale Bus-, Bahn- und Flugverkehr wird schrittweise wieder aufgenommen. Die Wiedereinführung des internationalen Verkehrs wird erstrangig mit dem Nachbarland Deutschland erfolgen. Am stärksten vom Lockdown betroffen sind Prag und die Region Karlsbad, die überwiegend von ausländischen Touristen zur Kur aufgesucht wurde, insbesondere von deutschen Kurgästen. Beide Destinationen haben speziell angepasste Angebote für tschechische Besucher vorbereitet, doch sie zählen auch stark auf die bald zurückkehrenden Gäste aus dem Ausland. Auch nach der Wiedereröffnung der Grenzen bleibt die Gesundheit die höchste Priorität – hygienische Maßnahmen werden weiterhin in allen Restaurants und Unterkünften berücksichtigt und ermöglichen so einen sorglosen Urlaub in Tschechien."

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