Anthea Schaap Von München nach Murnau: So schön ist eine Tour auf den Wasser-Radlwegen Oberbayern
Ich radle durch den zartgrünen Buchenwald entlang des Ufers des Starnberger Sees. Das Wasser spiegelt das gesamte Farbspektrum des Himmels, in der Ferne stehen die Alpen in dunstigem Blau. Kein Wunder, dass schon der berühmte expressionistische Maler Wassily Kandinsky die oberbayerische Region zwischen München und den Alpen als das "Blaue Land" betitelt hat und hier viel Inspiration für seine Werke bekommen hat.
Ich bin auf den oberbayerischen Wasser-Radlwegen unterwegs, genauer gesagt auf der Kunstschleife. Die Wasser-Radlwege sind ein Netz von 1200 Kilometern gut ausgebauter und ausgeschilderter Radwege, die in drei Schleifen durch Oberbayern führen: Die Hopfenschleife im Norden, die Salzschleife im Südosten und die Kunstschleife im Südwesten Münchens. Du kannst die Schleifen beliebig kombinieren, verbinden oder abkürzen, da es zwischen allen Routen Querverbindungen gibt und du viele Stationen super leicht mit der Bahn erreichen kannst.
Immer am Wasser entlang von München bis zum Starnberger See
Dreh- und Angelpunkt der Wasser-Radlwege ist die Münchner Innenstadt, wo ich am Odeonsplatz meine Tour Richtung Starnberg beginne, immer entlang der Isar Richtung Süden. Schon in München weist das kleine Logo der Wasser-Radlwege auf den Wegweisern auf die Route hin. Wenn dir das nicht sicher genug ist, kannst du alle Strecken als GPS-Daten auf dein Handy laden, sodass du dich ganz auf die Natur konzentrieren kannst. Und die hat schon auf dem Münchner Stadtgebiet einiges zu bieten. Geradezu verspielt schlängelt sich die Isar auf ihrem Kiesbett. Die Münchner*innen flanieren am Ufer, Kinder werfen Steinchen um die Wette, Hunde springen den Stöckchen nach ins kühle Nass.
Die Route führt mich durch Forst- und Waldgebiete bis zu einem ersten Zwischenstopp an der Kugler Alm. Auf den Wasser-Radlwegen musst du dir keine Sorgen machen, Hunger oder Durst zu leiden: Urige, bayerische Wirtshäuser und Biergärten säumen die Wege. Ich folge einer der Querverbindungen bis zum Ort Garching. Ab hier wird der Weg immer schmaler und schlängelt sich am Ufer des Flüsschens Würm entlang. Indisches Springkraut blüht wie wild an den Hängen und lässt diesen Abschnitt beinahe magisch wirken. Dieser Eindruck verstärkt sich nur bei der Fahrt über einen Holzsteg durch das Naturschutzgebiet Leutstettener Moos.
Dann erreiche ich Starnberg, wo ich meinen ersten Kultur-Stopp auf der Kunstschleife einlegen und das Starnberger Museum besuchen kann. In dem Haus kannst du alles über das Leben der Menschen am See im 19. und 20. Jahrhundert lernen und spannende Kunstausstellungen besuchen. Für meine erste Übernachtung radle ich im Abendlicht entlang des Ostufers zum Biohotel Schlossgut Oberambach, eines von vielen tollen Hotels, für das du dich entlang der Radlwege entscheiden kannst.
Einmal Rund um den Starnberger See
Bei strahlendem Sonnenschein geht es am nächsten Morgen rund um den Starnberger See. Das spätsommerliche Wetter lädt mich sogar dazu ein, in dem herrlich klaren Wasser des Sees zu schwimmen. Dabei sind die Wasser-Radlwege nicht nur eine Sommer-Aktivität. Gerade im Herbst leuchten die Wälder rund um die Seenlandschaften der Voralpen und machen das Farbspektakel noch beeindruckender.
Auf der Fahrt entlang der Westseite des Starnberger Sees reihen sich die kulturellen Highlights nur so aneinander. Ich mache so viele Foto-Stops, dass ich froh bin, meine Tagesetappe auf 70 Kilometer begrenzt zu haben. Nach der Tour durch den pittoresken Schlosspark Possenhofen erreiche ich das hübsche Örtchen Tutzing. Hier legen auch die Schiffe der Bayerischen Seenschifffahrt an, auf denen du tolle Rundfahrten über den Starnberger See machen kannst oder die du als Fähre benutzen kannst, solltest du die Tour abkürzen wollen – Fahrräder sind an Bord selbstverständlich willkommen.
Auf einer Radtour um den See musst du auf jeden Fall genug Zeit einplanen, um das Buchheim Museum der Phantasie in Bernried zu besuchen. Das Museum beherbergt eine beeindruckende Sammlung von Werken des Expressionismus rund um die Künstler*innengruppe "Brücke". Zusätzlich ist es bekannt für seine phantastischen Kunst und die eindrucksvolle Architektur und Lage. Nach meinem Besuch stärke ich mich im Würmsee Stuberl mit einer riesigen Portion Pommes direkt am Wasser, bevor ich meine letzte Etappe beginne und mich vom Blauen See verabschieden muss.
Immer Richtung Berge bis zum Künstler*innen-Ort Murnau am Staffelsee
Es geht entlang der wunderbar ruhig liegenden Osterseen Richtung Alpen. Ich strample über immer höhere Hügel und bin froh, mit einem E-Bike von Scott Bikes unterwegs zu sein. Rechts und links des Weges grasen Kühe, die nicht einmal aufschauen, wenn ich bergab an ihnen vorbeidüse. Almen und duftende Nadelwälder wechseln sich ab, immer wieder unterbrochen von kleinen Bachläufen und Dörfern, an deren Seen die Einheimischen baden. Ich bin fast überrascht, als ich das Ortsschild von Murnau sehe, so kurzweilig waren die letzten zehn Kilometer meiner Tour. Da ich immer noch Energie habe, hänge ich eine Rundfahrt durch das Murnauer Moos an. Das Naturschutzgebiet hat als zusammenhängendes Feuchtgebiet eine große ökologische Bedeutung und bietet vielen Vögeln und anderen Tieren eine Heimat.
Zurück in Murnau angekommen, lasse ich das Rad stehen und flaniere durch die bunten Straßen des Ortes, der schon viele Künstler*innen inspiriert hat. Entlang der Wege informieren dich Tafeln mit Gemälden darüber, welche Kunstwerke hier schon entstanden sind. Im Schloss, das hoch oben über der Stadt thront, ist das Schlossmuseum Murnau untergebracht, in dem du eine beeindruckende Sammlung von Werken des Blauen Reiters, einer bedeutenden deutschen Künstler*innengruppe des Expressionismus, bewundern kannst. Meinen Abend lasse ich auf einer Terrasse in der Fußgängerstraße ausklingen, ein Bier der ortsansässigen Brauerei Karg in der Hand und den Blick auf dem Karwendel und dem Estergebirge ruhend, die langsam von der Sonne golden eingefärbt werden. Ein perfektes Radabenteuer geht zu Ende, das ich so jederzeit wiederholen würde.
