Kegelrobben-Babys auf Helgoland – So kannst du sie hautnah erleben
Jedes Jahr im Winter findet ein ganz besonderes Schauspiel auf der Helgoländer Düne statt: Hunderte Kegelrobben-Babys werden hier geboren. Zwischen November und Januar hallen schon von Weitem die Rufe der Robbenbabys nach ihren Müttern über die Strände und wenn du zu dieser Zeit die Nordseeinsel besuchst, kannst du die possierlichen Tiere in ihrer natürlichen Umgebung beobachten – es ist keine Seltenheit, eine Geburt live mitzuerleben. Ich habe mich im Dezember auf die Reise nach Helgoland gemacht und verrate, was du über einen Besuch bei den Babyrobben wissen musst.
Die Kegelrobbe – Deutschland größtes Räubtier
Der Großteil der Kegelrobben-Geburten ereignet sich auf der Düne, Helgolands Nebeninsel. Schon von der Fähre aus erspähe ich im Hafenbecken die ersten Robbenköpfe, die neugierig aus dem Wasser gucken. Am Südstrand angekommen, wundere ich mich zunächst, wo die ganzen Tiere stecken, immerhin wurden im Winter 2021/2022 zur Hauptzeit 1426 Kegelrobben auf der Düne gezählt – ich hatte gerammelt volle Strände erwartet. Doch auf einmal bewegt sich vor mir im Sand etwas und ich erkenne, dass dort am Strand keine Felsen und angespülte Algen liegen, sondern lauter Robben – die Tiere sind super getarnt.
Die Robbengeburten auf Helgoland sind eine richtige Naturschutz-Erfolgsstory. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Kegelrobben in der Nordsee beinahe ausgerottet, sie galten als Konkurrenten der Fischer*innen und wurden stark bejagt, auch Robbenpelz war damals sehr beliebt. In Deutschland wurde die Jagd erst in den 1970er-Jahren verboten, sodass sich die Population langsam erholen konnte. In Helgoland sind 1989 zum ersten Mal wieder Kegelrobben aufgetaucht – bis zur ersten Geburt dauerte es noch einmal zehn Jahre. Daher sind die Geburtenraten auf der Düne, die sich jedes Jahr übertreffen, eine wirkliche Sensation: In der Saison 2021/22 wurden 679 Geburten auf Helgoland gezählt.
Die Wurfsaison – Babystube auf der Düne
Bei so vielen Tieren auf der nur 1000 Meter langen und 700 Meter breiten Düne ist klar, dass die Insel im Winter den Robben gehört. Die Tiere liegen zwar maximal unbeeindruckt auf dem Sand verteilt, aber trotzdem sollten Besucher*innen gebührenden Abstand zu ihnen halten und sich den Wildtieren gegenüber mit Respekt verhalten. Praktischerweise wurde rund um die Düne ein Winter-Panoramaweg angelegt, von dem aus du die Babyrobben super beobachten kannst, ohne ihnen zu nahe zu kommen. Um die Stände schützen Zäune Tiere und Menschen zugleich – denn wenn du aus Versehen zwischen eine Mutter und ihr Kind gekommen bist, kann das schnell schief gehen: Kegelrobben haben ein kräftiges Raubtiergebiss und können sogar an Land bis zu 25 Stundenkilometer schnell werden.
Außer den Neugeborenen und den Müttern kannst du auch die imposanten Männchen am Strand bestaunen, die gute 300 Kilogramm wiegen können. Die Weibchen sind schon zwei Wochen nach einer Geburt wieder paarungsbereit und so liefern sich die Männchen teils heftige Kämpfe um ihre Reviere und Paarungschancen. So brutal die Robben bei diesen Kämpfen wirken, so zärtlich kann dagegen die Paarung aussehen, wenn sich die Robben zusammen in der Brandung wiegen.
Der Tierschutz – Ranger und Jäger im Einsatz
Damit Besucher*innen und Robben im Winter gut koexistieren können, sind zwei Ranger und ein Seehundjäger auf der Düne im Einsatz. “Seehundjäger klingt so brutal”, sagt Michael Janßen, der diesen Posten ehrenamtlich ausübt, “eigentlich bin ich vor allem zum Schutz der Tiere im Einsatz.” Ich treffe Janssen am Campingplatz auf der Düne, er hat es eilig, eine kleine Babyrobbe, die von ihrer Mutter verlassen wurde, soll gerettet werden. Wir finden das Jungtier direkt am Zaun, es lässt sich fast ohne Protest von Janssen in die Transportbox heben.
Der hauptberufliche Dünenmanager bringt das Baby zum Flugplatz, wo es von einem Kleinflugzeug abgeholt und zur Robbenstation auf Friedrichskoog geflogen wird. So wird die kleine Robbe schon in wenigen Stunden mit vollem Bauch in ihrem neuen Zuhause liegen können. Für den stetigen Zuwachs der Geburten auf der Düne sieht Janssen vor allem die Lage Helgolands verantwortlich, die Hochwassersicherheit der Düne und der offensichtliche Fischreichtum in der Nordsee. Immerhin frisst eine ausgewachsene Kegelrobbe bis zu 10 Kilogramm Fisch pro Tag.
Wenn du mehr über das Ökosystem Helgoländer Düne mit seiner einmaligen Flora und Fauna erfahren möchtest, empfehle ich dir eine Tour mit dem Verein Jordsand e.V. zu machen. Dabei gehst du unter der fachmännischen Führung von Helgoländer*innen den Panoramaweg entlang und erfährst dabei alles über die Geschichte der Düne und über ihre flauschigen Bewohner.
Im Winter gibt es nur einige Sondertermine, die so geplant sind, dass du mit dem Sonnenuntergang zurück zur Hauptinsel fährst. Ich kann nur sagen, dass ich auf jeden Fall auf der Helgoländer Düne ein neues Lieblingstier gefunden habe.
Führungen mit dem Jordsand e.V. | Sondertermine Januar 2023: Dienstag 10.01., 17.01., 24.01., 31.01. um 14.00 Uhr | Treffpunkt: Landungsbrücke an der Dünenfähre | Erwachsene: 14 Euro, Kinder von 6 bis 18 Jahren: 8 Euro, inklusive Dünenfähre | Tickets in der Tourist-Information oder bei Verein Jordsand e.V.
Anthea Schaap