Kuhreiten in der Schweiz – ein Ausflug der etwas anderen Art

© Colette Sosinski

Colette Sosinski

Reiten auf einer Kuh – bitte was? Ja genau. Auf dem familiengeführten Bolderhof der Familie Morgenegg nahe Stein am Rhein kannst du die Gegend vom Rücken einer Kuh aus erkunden. Als der Hof die kuhle Aktivität startete, war noch nicht klar, dass sich daraus bald ein einzigartiges und beliebtes Ausflugsangebot für Gäste entwickeln würde. Entstanden war die Kuhreit-Idee, weil die Kinder der Hofeigentümer unbedingt ein Pferd wollten, um darauf reiten zu können. Pferde gab es auf dem Hof nicht, dafür aber genügend Kühe. Und ein Pferd ist nicht günstig.

So entschied Heinz Morgenegg, die verschiedenen Kühe auf ihre Reit-Tauglichkeit zu testen. Denn nicht jede Kuh eignet sich dafür – einige mögen das Gefühl eines Sattels einfach nicht und grasen lieber auf der Weide, statt als Transportmittel genutzt zu werden. Auch der Charakter einer Kuh spielt eine große Rolle. Geduldig und menschenfreundlich sollte das Tier auf jeden Fall sein. Zur Auswahl stehen ein eineinhalbstündiger Reitausflug und ein vierstündiger Kuhtrekking-Trip. Ich hab Erstgenanntes ausprobiert und war begeistert vom gemütlichen Geschunkel der Wiederkäuer.

Vor dem Reiten gibt es eine Einführung in die Kuh-Kunde

Los ging es mit einer kurzen Einführung in die Kuh-Kunde – wie sie sich verhalten, worauf wir achten sollen und – besonders wichtig – wie wir sie davon überzeugen, weiterzulaufen, wenn sie gern fressen wollen. Ich nahm mir die Zeit, um alle Kühe zu begrüßen, was allerdings dazu führte, dass sich alle anderen bereits „ihre“ Kuh ausgesucht hatten, als ich soweit war. So erwischte ich die größte Kuh mit respekteinflößenden Hörnern: Verena. Ihr schien der Sattel nicht allzu sehr zu gefallen, auf jeden Fall kratzte sie sich ständig mit den Hörnern, was später dazu führte, dass ich den einen oder anderen Horn-Stoß abbekam. Allerdings hatte ich schnell eine Idee entwickelt, wie ich meine Knie schonen und gleichzeitig der Kuh etwas Gutes tun konnte: Ich lockerte die unter dem Sattel befindliche Wolldecke etwas und übernahm das Kratzen für sie. Ihr schien es zu gefallen, denn es kam daraufhin zu keinen weiteren Horn-Knie-Zusammenstößen mehr.

Kuhreiten in der Schweiz
© Colette Sosinski

Gemütlich durch die Landschaft auf dem Rücken einer Kuh

Die Verlockungen am Wegesrand – Grasbüschel und Pflanzen sämtlicher Art – führten immer wieder zu kleinen unvorhersehbaren Zwangspausen, was ich aber sehr sympathisch fand, weil ich zum einen dann schnell selbst einen Snack verköstigen konnte (mein Essrhythmus ähnelt dem eines Wiederkäuers), und zum anderen weil es die einzige Chance auf unverwackelte Fotos war. Eine weitere Überraschung lauerte am Rhein, wo die Kühe etwas trinken konnten und wir eigentlich absteigen sollten, um eine Pause einzulegen.

Eigentlich. Denn meine Kuh hatte nicht nur Durst, sondern große Lust auf ein Badevergnügen. Mit mir auf dem Rücken trottete sie zielstrebig ins kühle Nass, noch bevor ich absteigen konnte, und sorgte auch bei mir für nasse Füße (was aber herrlich war bei dem warmen Wetter). Sie genoss das kühlende Rhein-Wasser sichtlich und schloss entspannt die Augen, als ich ihr hinter die Ohren kratzte.

Kuhreiten in der Schweiz
© Colette Sosinski

Verglichen mit Pferdereiten fühlte sich das Kuhreiten viel natürlicher, gemütlicher und sanfter an. Statt einer Vor-Rückwärts-Bewegung schunkelten die Kühe in einer leichten Achter-Form, was für meinen Rücken viel angenehmer war. Und insgesamt war das Tempo gemächlicher, die Landschaft ließ sich viel langsamer erkunden. Das Lenken viel mir auch deutlich leichter als bei Pferden – vielleicht weil die Kühe automatisch einander folgten, die Runde zu kennen schienen und meine einzige Aufgabe war, „meine“ Kuh zu „bremsen“, wenn sie neben einer anderen zu traben drohte.

Abends zurück auf die Weide

Was machen die Kühe, wenn sie nicht gerade Menschen chauffieren? Die Reit-Kühe sind ganz normale Milchkühe, die nach ihrem Reitausflug wieder zu den anderen Kühen in den Stall beziehungsweise auf die Weide zurückkehren. Für die Kühe ist gut gesorgt – die Tierhaltung ist mit dem KAGfreiland-Label ausgezeichnet. Die Milchkühe „wohnen“ in einem offenen Stall und genießen einen 24-stündigen Auslauf auf die Weiden – zusammen mit ihren Kälbern.

Kuhreiten in der Schweiz
© Colette Sosinski

Auch Lust auf Kuhreiten bekommen?

Der demeter-zertifizierte Bolderhof liegt circa 5 Kilometer entfernt von Stein am Rhein im kleinen Ort Hemishofen. Morgens können Gäste beim Melken helfen. Nächtigen kannst du ganz klassisch im Stroh (Wolldecken als Unterlage sind vorhanden, es empfiehlt sich aber einen Schlafsack und je nach Saison ein Mückenschutznetz selbst mitzubringen), im Mehrbettzimmer, in einer Ferienwohnung oder im Sterngucker-Nest – eine Art Tiny House in Form eines umgebauten Silos.

Übrigens: Nicht nur für Kuh-Fans hat der Erlebnis- und Biobauernhof einiges zu bieten. Der Hofladen mit Bioprodukten aus eigener Herstellung lässt auch Genussmenschen voll auf ihre Kosten kommen. Die Räumlichkeiten können auf Anfrage zudem für Feierlichkeiten und besondere Anlässe gebucht werden, und es gibt Arrangements zum Beispiel speziell für Pärchen und Familien.

Kuhreiten im Bolderhof | Bolderhof 1, 8261 Hemishofen, Schweiz | Preise: Kleine Runde für 1,5 Stunden um 92 Euro pro Kuh, Große Runde für vier Stunden mit Bio-Imbiss um 145 Euro pro Kuh | Zur Website

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