Redaktion Meet the Host – Tobias Premauer aus dem Château d’Orion
Zusammen mit Good Travel stellen wir in unserer neuen Reihe "Meet the Host" spannende Persönlichkeiten, Gastgeber*in und Hoteliers vor, die unseren Urlaub mit ihren außergewöhnlichen und nachhaltigen Hotels, Bed & Breakfasts, Ferienhäusern und Unterkünften zu etwas Besonderem machen. Wir wollen von ihnen wissen, wie sie sich ihren Traum erfüllt haben, was die schönsten Momente sind, die sie mit ihren Gästen erlebt haben und wo sie eigentlich selbst am liebsten Urlaub machen.
von Cécile Meier
Das Château d'Orion liegt im Südwesten Frankreichs zwischen Biarritz und Pau, zwischen sanften, grünen Hügeln und den Pyrenäen. Das Schloss ist 500 Jahre alt und war ursprünglich ein Laienkloster. Nach der Französischen Revolution wurde es von einer bourgeoisen Familie als Herrenhaus weitergeführt, seit 2003 ist das Château im Besitz der Gastgeberfamilie Elke Jeanrond-Premauer und Tobias Premauer. Das Schloss wurde vollständig restauriert und renoviert und dient heute als Gästehaus, Kultur- und Begegnungsstätte. Wer durch das gusseiserne Tor hindurch den gekiesten Pfad zum Schloss entlang fährt und durch die schwere Eingangstür den Empfangssaal betritt, merkt schnell: Dies ist eine Insel eigener Zeitlichkeit, fernab der Hektik des Alltag und dem getriebenen Rhythmus der Großstädte.
Die Idee der Gastgeber, ein Gästehaus zu schaffen, in dem Geist und Genuss der Jahrhunderte spürbar vereint sind – sei es durch facettenreiche Denkwochen, Konzerte und Lesungen oder schlicht als Rückzugsort in eine andere Welt als die Alltägliche –, kommt bei den Gästen an. Das Château d'Orion ist ein Projekt, das nicht auf persönliche Gewinnabsicht zielt, sondern auf den Erhalt und die Weiterentwicklung dieses Traditionshauses mit stilvoller Atmosphäre und eigener Vision. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Thema Ernährung, dem eigenen Permakultur-Garten sowie regionaler Landwirtschaft.
1. Tobias, wann hast du diesen wunderbaren Ort gefunden?
2002 per Zufall auf einer Vorbeifahrt auf der Suche nach einem geeigneten Objekt für unsere Denkwochen.
2. Welche Gedanken sind dir durch den Kopf geschossen, als du das Schloss und die Umgebung betrachtest hast?
So eine fantastische Aussicht auf die Pyrenäenkette habe ich noch nirgendwo gesehen.
3. 2002 hast du das Schloss entdeckt, schon ein Jahr später habt ihr das Château d'Orion eröffnet. Was waren die größten Hürden, um diesen Ort entstehen zu lassen?
Die Entdeckung lebender Termiten in den Kniestöcken des Dachstuhls mit der Folge, das komplette Dach zu erneuern und dazu den zweiten Stock ebenfalls komplett abreißen zu müssen.
4. Oha, das klingt ja nervenaufreibend und geldintensiv. Was sind sonst so die alltäglichen Herausforderungen, die du als Gastgeber hast?
Jeden Tag neue (zumeist interessante) Menschen kennenzulernen, aber auch auf mindestens eine neue Überraschung eingestellt zu sein: Mal fällt der Strom aus, mal geht die Toilette nicht, mal steht eine Kuh vor der Haustüre, mal bläst der Wirbelsturm mehrere Bäume um…
5. Es gibt also immer was zu tun. Wie sieht ein normaler Arbeitstag bei dir aus?
Zum Bäcker fahren, um frische Croissants und Baguettes zu holen, Gäste zum Frühstück begrüßen und ihnen Tipps für Ausflüge zu geben. Auf dem Markt einkaufen gehen, Büroarbeit und Telefonate erledigen, Reparaturen, Instandhaltungsarbeiten am Haus und im Garten machen. Das Abendessen gemeinsam mit dem Team zubereiten, am gemeinsamen Tisch mit den Gästen einnehmen und meist interessante Gespräche führen.
6. Die Gäste kommen zu euch, um zu entspannen. Was ist dein persönlicher Lieblingsort in der Unterkunft?
Mein Lieblingsplatz ist der Tisch unter der 250 Jahre alten Platane, die ihre schützenden Blätter über mir aufspannt, mit dem Blick auf die Pyrenäenbergkette.
7. Wo machst du eigentlich selbst am liebsten Urlaub?
Bei uns im Château d’Orion mit Kindern und Enkeln, im Winter in Tirol in unserem Feriendomizil und jedes Jahr drei Tage mit meiner Frau im Baskenland.
8. Das klingt fantastisch! Was waren die schönsten, lustigsten oder absurdesten Momente, die du mit deinen Gästen erlebt hast?
Lustig und gleichzeitig absurd: Ein Gast, dem ich gerade sein Zimmer gezeigt habe, kam aufgeregt zu mir und sagte, ich möge bitte sofort mit in sein Zimmer kommen, denn dort schlafe schon jemand. Ich ging mit und sah niemand im Bett (oder darunter) liegen, aber ein Schnarchen war laut und deutlich zu vernehmen. Die Auflösung des Rätsels war: Unsere Haus-Schleiereule hat ihr Nest in einen kleinen Dachvorsprung gebaut und ihr Kind – nachtaktiv wie die Mutter – schrie nach Futter. Der heisere Schrei der kleinen Eule hörte sich im Inneren des Zimmers wie ein Schnarchen an. Der Gast bekam natürlich ein anderes Zimmer und wir warteten zwei Monate mit der Vermietung des „Schnarch-Zimmers“, bis die kleine Eule flügge war. Jetzt sind Bleche vor den Dachvorsprüngen.
9. Du bist vor über 20 Jahren nach Frankreich ausgewandert. Wie würdest du diesen Satz vollenden: „Zum Auswandern braucht man …“?
Neugier, Offenheit und Mut.
10. Ihr betreibt ja eine nachhaltige Unterkunft. Warum ist Nachhaltigkeit wichtiger denn je?
Nachhaltigkeit muss im Zentrum jedes Tuns stehen, damit wir als Menschen und Menschheit überleben können. Unser Haus, unser Gelände sind nur ein kleiner Teil eines großen Ganzen.
Vielen Dank, Tobias!
Infos zum Château d’Orion
Château d’Orion | L'Église, 64390 Orion, Frankreich | Doppelzimmer ab 134 Euro pro nacht | Zur Website
