Von der Olive zum Öl – Zu Besuch bei der Olivenernte in Andalusien
Kennt ihr dieses Gefühl, wenn ihr im Sommerurlaub in Griechenland, Italien oder Spanien ein Stück frisches Weißbrot in frisches Olivenöl tunkt und euch denkt, dass Glück doch so einfach sein kann? Sobald ich Olivenbäume in meiner Urlaubsregion entdecke, will ich sofort wissen, wo es denn das beste Olivenöl der Umgebung zu kaufen gibt. Während wir Begriffe wie Chianti oder Chardonnay sofort dem Weinbau zuordnen, führen die Bezeichnungen Picudo oder Hojiblanca allerdings eher zu Stirnrunzeln. Dabei gibt es auch unter den Oliven eine ähnlich große Varietät.
Um mehr über den Ursprung des flüssigen Goldes zu erfahren und endlich zu lernen, was hinter den kryptischen Abkürzungen und fremden Namen steckt, bin ich in den spanischen Süden gereist, um bei der Olivenernte zu helfen. Denn rund um die Region Córdoba in Andalusien werden zwischen Oktober und April tonnenweise Oliven geerntet und zu Öl verarbeitet. Der Öl- oder Olivenbaum ist sozusagen die Charakterpflanze der Region. Kein Wunder also, dass Spanien der größte Olivenproduzent der Welt ist.
Das Mekka des Olivenöls liegt in Córdoba
Von den 3.313.000 Tonnen Olivenöl, die weltweit produziert werden, stammen über die Hälfte (nämlich rund 1.780.000 Tonnen) aus spanischen Olivenhainen. Während wir in Deutschland durchschnittlich 0,9 Liter Olivenöl pro Jahr verzehren, braten, frittieren und garnieren die Spanier alles, was nicht bei drei auf dem (Oliven)-Baum ist. Was ein Deutscher im Jahr an Olivenöl konsumiert, gönnt sich ein Spanier allein jeden Monat. In Summe liegt der jährliche Verbrauch in Spanien bei nicht weniger als 12,1 Liter pro Kopf.
Die Ölbäume können besonders viel CO2 absorbieren und sind sehr wichtig für das ökologische Gleichgewicht.Rafael Muela
Die Umgebung von Córdoba wirkt wie ein einziger gigantischer Olivenhain. Soweit das Auge reicht könnt ihr Ölbäume entdecken. Und das, obwohl die Hügellandschaft mit ihren steilen Hängen eine zusätzliche Herausforderung darstellt. Da die knorrigen Bäume aber echte Sonnenanbeter sind, ist der spanische Süden mit seinen milden Wintern und vielen Sonnenstunden prädestiniert für den Olivenanbau.
Für die lokale Community bietet der Olivenanbau und die Olivenernte wichtige Arbeitsplätze. Viele Bauern sind Teil einer Kooperative. Zur Alamzara de la Subbética beispielsweise zählen weit über 4000 Familien, deren Olivenhaine mitten im Naturpark Sierra Subétticas gelegen sind. Die angehörigen Olivenbauern können ihre eigene Ernte zur Ölmühle bringen, die dann die weitere Verarbeitung übernimmt. Ganz unabhängig davon, ob sie nun viele oder nur wenige Olivenbäume besitzen.
Viele Sorten, die heute angebaut werden, sind noch auf den Beginn der Kultivierung zurückzuführen. In der Region Córdoba wachsen größtenteils die würzige Picudo-Olive, die milde Hojiblanca und die fruchtige Sorte Picual an den Bäumen. Der Geschmack eines Olivenöls hängt aber nicht nur von der Sorte, sondern vor allem auch vom Reifegrad der Früchte ab. Die unreifen grünen Oliven enthalten besonders viel Chlorophyll und wertvolle Bitterstoffe. Wenn sie weiter reifen, tritt eine rötliche Färbung ein und das Bittere wird durch einen scharfen Geschmack ergänzt. Völlig ausgereifte Oliven sind dunkel bis schwarz und geben der goldenen Flüssigkeit eine fruchtige Note.
Farm to Table – Traditionelle Feldarbeit und ökologische Maßnahmen im Olivenhain
Es gibt zwar auch Maschinen, die das Rütteln und Schütteln der Bäume übernehmen, doch die manuelle Olivenernte im Olivenhain stellt immer noch die sanfteste Variante für die Olivenbäume dar. Neben dem tatsächlichen Pflücken per Hand kommen dabei auch zahlreiche kleinere Gegenstände zum Einsatz. Traditionell werden die Oliven mit einem Stock von den Ästen geklopft. Mittlerweile gibt es aber schonendere Methoden, wie zum Beispiel das Kämmen der Bäume oder die Verwendung eines eigens für den Olivenanbau hergestellten Stabes mit beweglichen Fühlern, der die Oliven von den Ästen trennt.
Einen Bio-Olivenhain könnt ihr zum Beispiel daran erkennen, dass die Erde um den Stamm herum nicht von Olivenblättern oder überreifen Früchten befreit wird. Denn diese sorgen zusätzlich für wertvolle Nährstoffe im Boden.
Nach der Ernte beginnt die Oxidationsphase. Um eine Fermentation zu vermeiden, müssen die Früchte innerhalb von 24 Stunden verarbeitet werden. Um ein Premiumolivenöl zu erhalten, bleiben sogar nur fünf Stunden Zeit. Nach der Ernte werden die Oliven dann erst einmal von Blättern, Astwerk und Sedimenten befreit.
Von der Olive zum Öl – Die Arbeit in einer Olivenmühle
"Um ein richtig gutes Olivenöl zu erhalten, darf man die Oliven nicht erhitzen, sondern muss sie bei einer maximalen Temperatur von 27 Grad kalt pressen oder extrahieren", erzählt Rafael Gálvez. Der Biobauer betreibt gemeinsam mit seinen zwei Brüdern eine Ölmühle in der Nähe von Priego de Córdoba. "Danach muss das Öl kühl gelagert und vor Licht geschützt werden", erklärt er. Vor über zweihundert Jahren wurde es deswegen in Amphoren abgefüllt, die zu 80 Prozent unter der Erde lagen und bis zu 1500 Liter Öl speichern konnten. Mittlerweile gibt es natürlich große Maschinen, die die Arbeit und die Lagerung erleichtern.
Wie ertragreich ein Olivenbaum ist, hängt vom individuellen Ölgehalt der Frucht ab. Um ein Liter Olivenöl herzustellen, werden bis zu 10 Kilogramm Oliven benötigt. An den Ästen eines ausgewachsenen Baumes hängen bis zu 100 Kilogramm.
Grüne Oliven für eine grüne Zukunft
Viele Olivenmühlen verwenden auch die Fruchtpulpe, das ausgepresste und zermahlene Fruchtfleisch, weiter. Es wird als natürlicher Dung wieder in den organischen Kreislauf zurückgegeben. "Der Olivenanbau ist eine Monokultur, deswegen ist es besonders wichtig, dass der Boden keine Nährstoffe verliert", sagt Rafael. Besonders in Zeiten des Klimawandels ist es wichtig, den Anbau und die Herstellung des Olivenöls so umweltfreundlich wie möglich zu gestalten, erklärt der Olivenöl-Experte. 2008 betrug der CO2-Ausstoß seines Bio-Olivenöls noch 1196 Kilogramm CO2 pro Liter.
Daraufhin nahmen Rafael und seine Familie den Produktionszyklus unter die Lupe und verbesserten Lagersystem und Energiehaushalt. "Heute sind wir sogar CO2-negativ", erklärt er stolz, "mit unserer Ölproduktion absorbieren wir sogar 10 Kilogramm pro Liter. Die Ölbäume können besonders viel CO2 absorbieren und sind sehr wichtig für das ökologische Gleichgewicht". Nun will er noch weitere umweltschützende Maßnahmen treffen, denn der spanische Olivenbauer sieht im Olivenanbau ein enormes Potential für eine grünere Zukunft.
Die Organización Interprofesional del Aceite de Oliva Español hat uns nach Andalusien zur Olivenernte eingeladen. Das von der Europäischen Union geförderte Programm Olive Oil World Tour soll den gesunden Lebensstil fördern.