Sunflower Badge – dieses Umhängeband erleichtert Menschen wie mir das Reisen

© Charlott Tornow

von Lisa Steiner

Wenn du kürzlich vom BER gereist bist, ist es dir vielleicht aufgefallen: Da laufen Menschen mit einem grünen Umhängeband und einem grünem Schildchen, auf dem eine Sonnenblume zu sehen ist, rum. Besucher*innen einer Gartenmesse? Ein neuer Security-Dienst? Oder Menschen mit Zugang zu einem speziellen VIP-Bereich? Nein, nein und nein.

Was dann? Das Sunflower-Umhängeband ist ein Erkennungszeichen. Es signalisiert: Meine Träger*in hat eine unsichtbare Behinderung. Der Anhänger soll Menschen wie mir helfen. Ich bin Autistin. Meine Behinderung kann man – wie zum Beispiel auch Lernschwäche oder Epilepsie – nicht sehen. Dennoch brauche ich manchmal Unterstützung. Genau diese macht die Einführung des Sonnenblumen-Anhängers am BER jetzt möglich.

Kein Scherz: BER als Vorreiter in ganz Deutschland

Nach eigenen Angaben ist der BER der erste deutsche Flughafen, der den Sunflower Badge aushändigt. International ist das Erkennungszeichen schon länger bekannt und im Einsatz. Ich persönlich kannte den Sunflower Badge tatsächlich von Netflix – aus einer Datingshow, die Menschen wie mich, also Autist*innen, verkuppelt. Die Protagonist*innen der Serie stammen aus dem angloamerikanischen Raum – dort ist die Sonnenblume als Erkennungszeichen für Menschen mit unsichtbaren Beeinträchtigungen auf Reisen oft schon Standard. Ich war ganz aufgeregt, als ich die Info aufschnappte, dass “mein” Berliner Flughafen jetzt auch mitmacht. Und hab natürlich sofort bei meiner nächsten Reise – Urlaub zur Hauptreisezeit – den Selbsttest gemacht. Und es hat funktioniert! Was ja – Kenner*innen wissen das und schmunzeln – beim BER nicht bei allen Sachen immer der Fall ist.

Im angloamerikanischen Raum ist die Sonnenblume als Erkennungszeichen für Menschen mit unsichtbaren Beeinträchtigungen auf Reisen oft schon Standard.

Ganz undeutsch, ganz unbürokratisch

Es hat nicht nur funktioniert, es hat sogar richtig gut funktioniert: Ganz undeutsch, ganz unbürokratisch habe ich das Sonnenblumen-Bändchen ausgehändigt bekommen, beim Schalter des Mobility Service im Terminal 1. Der Service Point ist groß ausgeschildert und nicht zu übersehen mitten in der Halle von Terminal 1. Außerdem bekommt man den Sunflower Badge auch an den Flughafeninformationen in Terminal 1 und 2. Was man dafür tun muss? Nur zum jeweiligen Schalter gehen und sagen, dass man das Umhängeband braucht.

BER, Sunflower Badge,
© Charlott Tornow

Aber was bringt mir das Bändchen als Trägerin? Erstens können alle Mitarbeiter*innen des Flughafens auf den ersten Blick sehen, dass ich behindert bin und Rücksicht nehmen oder mir Hilfe anbieten. Zweitens kann ich dann selbst entscheiden, ob und welche Unterstützung ich brauche. Ganz konkret hieß das in meinem Fall: Ich habe um eine Begleitung gebeten, die mich schnell durch die Security-Checks bis zum Gate bringt. Das Schlangestehen in Menschenmassen, das Gepiepse, der Stress, alles schnell in die Box für den Scan zu packen – für mich bislang aufgrund meiner Reizfilterschwäche eine riesige, Nerven zehrende Herausforderung. Mehr als einmal musste ich mich auf dem Flughafen bisher mit aller Kraft überreden, die Reise wegen der Strapazen nicht abzubrechen, ehe ich sie überhaupt angetreten hatte. Das war diesmal, dank des Sonnenblumen-Bändchens, ganz anders.

Das Schlangestehen in Menschenmassen, das Gepiepse, der Stress, alles schnell in die Box für den Scan zu packen – für mich bislang aufgrund meiner Reizfilterschwäche eine riesige, Nerven zehrende Herausforderung

Verbesserungspotenzial: Mehr Schulung für Mitarbeiter*innen

Ich wurde direkt vom Mobility Service Point von einem BER-Mitarbeiter abgeholt und er hat mich vorbei an den Massen in meinem Tempo durch den Security-Check bis zum Gate begleitet. Diesen Begleitungswunsch soll man aber im Optimalfall 48 Stunden vor der Reise online anmelden. Bei mir hat es beim ersten Mal – glücklicherweise – auch so tadellos funktioniert. Was man noch verbessern könnte: Die Mitarbeiter*innen des Begleitservice könnten noch besser für den Umgang mit Behinderten geschult werden. Mir ist zum Beispiel aufgefallen, dass sie Rollstuhlfahrenden teils ungefragt ihre Handgepäckstücke zwischen die Füße geklemmt haben – das fand ich nicht so toll.

Was Mitreisende tun können – und was nicht

Auch, wenn ich keine Unterstützung brauche, kann der Sunflower Badge hilfreich sein. Wenn andere Passagier*innen darüber Bescheid wissen, können sie Rücksicht nehmen, zum Beispiel wenn ich (und andere) mal länger brauchen. Ungefragt helfen sollte man Menschen mit Beeinträchtigungen aber nicht, auch nicht wenn sie ein Erkennungszeichen tragen. Hier gilt die ganz einfache Regel: Fragen, ob jemand Hilfe möchte – und auch eine Ablehnung einfach akzeptieren.

Mehr Infos zum Sunflower Badge bekommst du hier.

Die wichtigsten Infos zum barrierefreien Reisen am BER gibt es auf der Seite des Flughafens. Alle Infos zum Sunflower Badge am BER findest du hier.

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