Überwintern wie die Finnen – Mit Mökki, Sauna und Eisbaden
von Martha Mroz
Eine einsame Hütte im Wald, frischer Pulverschnee und ein großer Berg Holzscheite – klingt nach einem Roman von Henry David Thoreau, oder? Für mich klingt es vor allem nach einer entspannten Auszeit bei den Finnen. Diese haben es nämlich zur Tradition gemacht, an freien Tagen regelmäßig in der Natur zu verschwinden… ja, auch bei -10 Grad im Winter! Da die Finnen nachweislich das glücklichste Volk der Welt sind, bin ich dem auf den Grund gegangen und musste es selbst mal ausprobieren!
Das Lebensgefühl Mökki: Je abgeschiedener, desto besser
Mal eben am Wochenende in die eigene Hütte einkehren und in völliger Abgeschiedenheit zur Ruhe kommen – davon haben wahrscheinlich viele schon mal geträumt. Es ist ein Traum, den in Finnland die meisten Familien leben, denn es gehört zum finnischen Kulturgut, ein Mökki zu besitzen. In der Regel ist ein Mökki eine rote Holzhütte mit weißen Fensterläden und einem eigenen Saunahaus – auch "punainen mökki" genannt. Also eine Waldhütte mit Sauna, die an einem See gelegen ist. Grundsätzlich aber gibt es Mökkis in allen möglichen Stilen, Größen und Ausstattungen – von ganz karg bis voll luxuriös, die Auswahl ist riesig. Da Finnland über 100.000 Seen zählt, kommt fast jeder Mökki-Besitzer in den Genuss eines intimen Fleckchens am Wasser. Je abgeschiedener, desto besser.
Nach einer ausgiebigen Recherche im Internet und einem heißen Tipp eines finnischen Freundes finde ich meine Traum-Unterkunft. Glücklicherweise vermieten viele finnische Familien ihre Mökkis, wenn sie sie nicht gerade selbst nutzen. Meine Wahl fällt auf ein traditionelles Häuschen mitten im Wald, an einem von Eis und Schnee bedeckten See – genau das, was ich gesucht habe! Die cremefarbene Hütte mit einem gemütlichen Kamin, einer Holzfeuersauna und sogar einem Holzfeuer-Hot-Tub mit fantastischem Blick auf's Wasser sorgt für die finnische Behaglichkeit, auf die ich so gespannt war.
Die Hütte selbst befindet sich Richtung Tampere, keine drei Stunden vom Flughafen Helsinki-Vantaa entfernt, und ist mit einem Mietauto erstaunlich gut zu erreichen – vorausgesetzt, du landest mit dem Flugzeug nicht erst spätabends. Eine näher gelegene Hütte würde ich nicht empfehlen, da die einsame Natur erst nach circa 200 Kilometer landeinwärts allmählich so richtig ursprünglich wird.
Nach einer traumhaften Autofahrt durch das Winterwonderland herrscht bei meiner Ankunft absolute Stille. Es riecht nach frischem Schnee, der unter den Schuhen knirscht, während der Himmel in den schönsten Lilatönen strahlt. Ich kann es kaum glauben. Zu meinem Städter-Glück ist das Feuerholz bei meiner Ankunft bereits gehackt und die Sauna wartet nur darauf, angefeuert zu werden. Nachdem ich also meine Einkäufe für die nächsten Tage eingeräumt habe, gebe ich mich vollständig der Entschleunigung hin, entzünde den Kamin und lasse die Natur auf mich wirken.
Eisbaden, Eisfischen oder Eislaufen? Nur mit anschließendem Saunagang
Was also tun allein inmitten der Natur und meterhohem Schnee? Wer es den Finnen gleichtun möchte, nutzt tagsüber die wenigen Sonnenstrahlen zum Wandern oder traditionell zum Eisfischen – denn anders als in Deutschland ist das Angeln in Finnland mit einer einfachen Rute erlaubt. Nach einem wunderschön ereignisarmen Vormittag, den du vielleicht auf einem Hocker neben einem Eisloch sitzend verbracht hast, kannst du bereits die heiß ersehnte Sauna anheizen. Das Beheizen mit Holz dauert zwar länger als mit Strom, dafür erwartet dich eine sanftere und langsam heißer werdende Sauna, in der es angenehm nach Holz duftet – mit tanzenden Flammen, die im Ofen für gemütliche Behaglichkeit sorgen.
Da sich die Holzfeuersauna meist in einer separaten Hütte befindet, lädt der Gang durch den Schnee dazu ein, direkt im Handtuch zu gehen oder… warum nicht gleich ganz ohne? Ich garantiere, es ist eine einmalige Erfahrung wert. Wer denn du dich wie ein*e echte*r Finn*in fühlen möchtest, legst du dich zwischen den Saunagängen in den Schnee oder steigst in das sogenannte "avantouinti" (das finnische Wort für Eisloch im gefrorenen See). Aber Vorsicht! Eisbaden ist nur was für erfahrene Saunagänger*innen.
Digital Detox oder Remotes Arbeiten: Alles ist möglich
Eine Auszeit inmitten der Natur ist quasi prädestiniert für ein Digital Detox – empfehlenswert sogar. Kaum zu glauben, aber in Finnland ist das LTE-Netz flächendeckend, was bedeutet: In jedem noch so abgelegenen Mökki, im wirklich allerletzten Wäldchen, gibt es eine gute Internetverbindung. Planst du also, deinen Aufenthalt zu verlängern und remote zu arbeiten, ist Finnland dein place to be!
Good to know: Im Winter sind die Tage in Finnland sehr kurz und die Nächte lang und kalt. Darauf solltest du dich vorher einstellen. Neben angemessener Kleidung und der Vorliebe für das Saunieren solltest du eine Freude an der Natur und den Wunsch nach Ruhe und Natur mitbringen. Naja und ein gutes Buch – vielleicht ja einen von Henry David Thoreau.