Auf den Kanälen der Bretagne – So ist Urlaub auf dem Hausboot

© Sonja Koller

Den Großen Wagen habe ich schon öfters am Himmel entdeckt. Noch nie aber habe ich ihn unter mir gesehen. Im Wasser gespiegelt. Denn das Wasser hier, vor der Ile aux Pies, ist so klar und die Sterne so deutlich sichtbar, dass sie sich sogar im Kanal spiegeln. Im Hintergrund höre ich das laute Quaken eines Frosches auf der anderen Uferseite und sonst: Stille. Bis ein Mann auf einem kleinem Schlauchboot um die Ecke gleitet, der noch die letzten Sonnenstrahlen ausgenutzt hat, um die Angel auszuwerfen.

Den Kanal, auf dem er angelt, kenne ich mittlerweile schon recht gut. Denn ich bin auf einem Hausboot von Le Boat unterwegs, um das Landesinnere der Bretagne in Frankreich zu erkunden. Es ist mein erstes Mal auf einem Hausboot, zugegebenermaßen bin ich keine Wasserratte und habe mir Urlaub auf wenigen Quadratmetern bisher etwas beengend vorgestellt. Als ich das Boot und fünf Schritte später meine Kabine betrete, bestätigt sich diese Vorahnung vorerst. In der Kabine stehen eigentlich zwei Einzelbetten, ich beziehe sie aber alleine. Darüber bin ich auch froh, denn zwei Personen hätten gleichzeitig kaum die Möglichkeit, sich in der Kabine zu bewegen. Jedes der Zimmer aber ist mit einem eigenen Bad ausgestattet, in dem sich Dusche und Toilette befinden. Klein, aber ausreichend.

Hausboot Le Boat
© Sonja Koller
Hausboot Le Boat
© Sonja Koller

Im Schnelldurchlauf zur Kapitänin

Was ich aber schnell merke: Wer ein Hausboot mietet, hält sich die wenigste Zeit im Zimmer auf. Meist sitze ich auf dem großen Deck, das mit einem Tisch, zwei Liegen, gepolsterten Bänken und natürlich dem Steuerrad ausgestattet ist. Das Boot lenken meine Mitreisenden und ich auf dieser Pressereise nämlich selber. Wir starten in dem unspektakulären Ort Messac, der mit dem Auto etwa 30 Minuten von Rennes entfernt liegt, und fahren etwa 50 Kilometer bis nach La Gacilly – und von dort wieder zurück. Genug Gelegenheit also, um mich zur Kapitänin ausbilden zu lassen und Orte in der Bretagne zu sehen, auf die ich sonst wahrscheinlich nicht gestoßen wäre.

Hausboot Le Boat
© Sonja Koller

Gleich am ersten Tag will ich ran, bekomme eine kurze Einführung und das Steuer in die Hand gedrückt. Erst dann realisiere ich, die noch nie ein Auto gefahren ist, dass ich nun ein 13,5 Meter langes Gefährt steuere. Viel Zeit, um Panik zu schieben, habe ich aber nicht. Denn fährt ein Boot erstmal, kann man keinen Pause-Knopf drücken. Stehen bleiben geht nicht. Wer nicht nach vorne will, muss zurück, in Bewegung bleiben ist hier wegen Strömung und Wind ein Muss. Nach ein paar Minuten Links- Rechts-Kurs entspanne ich mich aber hinter dem Lenkrad. Weil wir hier nur mit etwa 15 km/h unterwegs sind, kann wenig Schlimmes passieren. Ein Unfall in Zeitlupe ließe sich noch ausbügeln. Was ich erst später erfahre: Ein Crash mit einem Hausboot kann sogar gefährlicher sein als mit einem Auto. Denn fast alle Boote von Le Boat wiegen mit sieben Tonnen deutlich mehr als ein Auto. Beim Fahren muss ich mich immer wieder daran erinnern, dem Boot genug Zeit zu geben, um auf mein Lenken zu reagieren. Selbst beim Fahren des Hausbootes werde ich also mehr oder weniger dazu gezwungen, zu entschleunigen.

Anlegen mitten in der Natur 

Ganz generell ist eine Reise auf dem Hausboot aber deutlich entspannter, als ich mir das vorgestellt habe. Denn hier auf den stets von Bäumen gesäumten Kanälen Vilaine, Aff und Canut im Landesinneren der Bretagne fühlt es sich ein wenig an, als würden wir uns auf einem dieser Fließbänder am Flughafen nach vorne bewegen. Kaum Irritationen, kaum eine Änderung der Geschwindigkeit. Und wenn ich mich umschaue, sehe ich zwar immer etwas Neues, habe aber genug Zeit, die Landschaft wirklich auf mich wirken zu lassen. Wenn wir doch länger verweilen wollen, schmeißen wir die Leinen aus und legen an. Den Seemannsknoten, der dafür notwendig ist, habe ich schnell gelernt.

Ile aux Pies, Canal de Nantes à Brest
© Sonja Koller

So machen wir einen ersten Halt in der Stadt Redon, in der während unseres Besuchs am Sonntag zwar nicht viel los ist, die sich für einen Spaziergang durch die Altstadt aber trotzdem gut eignet. Außerdem erkunden wir auch die Natur rund um die Île-aux-Pies, die mit beeindruckenden Granitfelsen aufwarten kann. Besonders cool: Wer will, kann die Felsen sogar hinaufklettern, üben kannst du im Kletterpark vor der Insel. Wir haben uns aber für eine entspanntere Variante entschieden und den nahegelegenen Canal de Nantes à Brest mit Fahrrädern erkundet, die du übrigens auch an Bord mitnehmen kannst.

Ein besonders charmanter Zwischenstopp in La Gacilly

La Gacilly
© Sonja Koller

Im Landesinneren der Bretagne müssen wir an der allermeisten Häfen, an denen wir anlegen, nichts bezahlen. Das ist ziemlich praktisch, da wir die nächste Nacht in dem kleinen Ort La Gacilly verbringen wollen, der nicht nur für die schönen Steinhäuser, sondern auch wegen eines Einheimischen bekannt ist. Der französische Kosmetikhersteller Yves Rocher nämlich stammt aus dem Dorf und hat La Gacilly so geprägt wie kein anderer: Wie sein Vater war auch er jahrzehntelang Bürgermeister und in seinem Namen wird in der Stadt heute noch eines der modernsten Museen betrieben, das ich je gesehen habe.

Gleich nachdem wir in La Gacilly eingeparkt haben, verdrücke ich in der Crêperie Le Mouchoir de Poche eine Crêpe mit dem für die Bretagne typischen Karamell-Kofenkt Caramel au beurre salé und kann jeder*m nur empfehlen, die süße Creme zu probieren. Zurück an Bord können wir uns praktischerweise sogar am Hafenstrom anschließen. Aber auch für Fälle, in denen das nicht möglich ist, gibt es etwas Strom an Bord.

La Gacilly
© Sonja Koller

Damit können wir auch die überraschend geräumige Küche nutzen, die mit einem Herd, Backofen, zwei Kühlschränken und sogar einer Mikrowelle ausgestattet ist. Mein Highlight ist aber der Grill an Deck, auf dem wir gleich am ersten Abend Zucchini und Zwiebel anbraten. Die Zeit, wenn wir das Boot an unseren Liegeplatz für den Abend festgemacht haben, ist meine liebste. Denn nämlich kann ich die Vorteile des Hausboots voll und genau genießen: Wir stehen mitten in der Natur und haben diese meist ganz für uns alleine. Den Sonnenuntergang direkt auf dem Wasser zu beobachten ist ein ganz besonderes Erlebnis, das ich gleich mehrere Tage in Folge bestaunen kann. Besonders gut genießen lässt sich dieses Erlebnis mit einem Kir Breton in der Hand. Der typisch bretonische Aperitif wird mit Cassis und Cidre gemixt und ist zwar ziemlich süß, aber trotzdem super lecker.

Hausboot Bretagne
© Sonja Koller
Hausboot Le Boat
© Sonja Koller

Einziger Termin im Kalender: schleusen

Aber auch der Start in den Tag mit selbst gebrühten Kaffee am Morgen, den ich an Deck mit Blick auf das immergrüne Ufer genieße, entspannt ungemein. Morgens sind die Bänke noch nass vom Tau, die Stimmung dafür umso mystischer. Die einzigen Termine, auf die Hausboot-Urlauber*innen achten müssen, sind die Schleusenzeiten. Auf unserem Weg von Messac nach La Gacilly passieren wir drei davon. Sie alle werden noch von Schleuser*innen und nicht etwa automatisch betrieben. Wir fahren mit dem Hausboot in die Schleuse, machen unsere Seile mit der Hilfe der Schleuser*innen locker an Land fest und warten ein paar Minuten, bis der Wasserstand für uns gehoben oder gesenkt wird. Dann gehts mit „bon voyage“ weiter.

Zu Beginn meiner Reise hätte ich mir nicht erträumt, wie ich sie beende: nämlich am Steuer! Denn die beste Art, auf dem Hausboot auch wirklich abzuschalten, ist es zu steuern. Denn man darf dabei nie zu sehr abdriften oder sich zu angestrengt unterhalten, muss dem Kurs immer etwas Aufmerksamkeit schenken. Dafür aber nehme ich die dichten Wälder, durch die wir teilweise fahren, so noch viel intensiver war.

Hausboot Le Boat
© Sonja Koller

Wenn du eine Reise durch das Landesinnere nachmachen möchtest, musst du dir bewusst sein, dass du am Weg zwar viel Natur, dafür aber keine spektakulären Sehenswürdigkeiten entdecken wirst. Wenn du aber viel Zeit am Wasser und einen kleinen Ausschnitt des unverfälschten bretonischen Lebens sehen willst, dann könnte eine Tour mit dem Hausboot das richtige für dich sein.

Le Boat Basis Messac (Bretagne) | Port de Plaisance BP8, 35480, Frankreich | Zur Webseite

Boot mit 2 Kabinen: Nebensaison: Caprice vom 24.09. bis 01.10.2022 (1 Woche), ab/bis Messac (Bretagne), ab 1599 Euro Bootsmietpreis, Hochsaison: Caprice vom 16.07. bis 23.07.2022 (1 Woche), ab/bis Messac, ab 2959 Euro Bootsmietpreis

Boot mit 4 Kabinen: Nebensaison: Magnifique vom 26.09. is 03.10.2022 (1 Woche), ab/bis Messac (Bretagne), ab 2479 Euro Bootsmietpreis, Hochsaison: Magnifique vom 29.07. bis 05.08.2022 (1 Woche), ab/bis Messac, ab 4379€ Euro Bootsmietpreis

Vielen Dank an Le Boat für die Einladung zur Pressereise.

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