Mikroabenteuer – Sammele Wildkräuter und entdecke die Kraft der Natur

© Milena Magerl

Wild, wilder, gesund! Wie bitte? Die Natur ist unglaublich großzügig, denn selbst in den dunkleren Monaten, in den wir immer glauben, dass sich unsere Umwelt in den Winterschlaf zurückzieht, schenkt sie uns Pflanzen, die wertvolle Nährstoffe enthalten. Und ist es nicht genau das, was wir in der kalten Jahreszeit brauchen, um uns gegen die ersten Erkältungssymptome, Heizungsluft und die klassische Winterkrankheit Vitamin-C-Mangel zu wappnen? Doch leider gerät das Wissen der traditionellen Naturheilkunde immer mehr in Vergessenheit. Wenn wir durch dichte Wälder und über saftig grüne Wiesen streifen, wissen wir kaum noch, welche Wurzeln, Früchte und Kräuter essbar sind und unserem Körper gut tun. Zeit also, diese Kraft wieder zu entdecken. Deshalb habe ich mich zu einem wilden Spaziergang durch die herbstliche Naturapotheke verabredet – kurz um: Heute werden Wildkräuter gesammelt.

Es ist erst Nachmittag, doch die Sonne nähert sich bereits dem Horizont und an den Bäumen hängen nur noch vereinzelt gelbe und dunkelrote Blätter, während der Großteil des getrockneten Laubes wie eine Herbstdecke den kahlen Asphalt bedeckt oder bereits in großen Säcken von der fleißigen Stadtreinigung zusammengekehrt wurde. Die Landschaft um mich herum wirkt wie ihre urbanen Bewohner, die sich zum Jahresende lieber ins (Erd-)Innere zurückziehen. Ob wir hier überhaupt noch Wildkräuter finden?

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Hagebutten und Beifuß © Milena Magerl
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Schafgarbe und Hagebutte © Milena Magerl

"Natürlich", meint meine Begleiterin Annika Krause zuversichtlich. Annika ist gelernte Pflanzenheilkundlerin und kennt sich bestens in der Welt der Wildkräuter aus. Doch sie weiß nicht nur, wo die heimischen Superfoods zu finden sind, sondern kann auch jedes Grüngewächs bestimmen und Auskunft darüber geben, welche Naturheilkräfte in den grünen Blättern, Blüten und Halmen am Wegesrand stecken, die ein Laie als gemeines Unkraut abtun würde.

Gemeinsam mit ihrem Partner Thorben hat sie 2018 das Wildkräuter-Start-up Kruut gegründet. Kruut ist plattdeutsch für Kraut, denn genau daraus stellen die Beiden Oxymel her: "Oxymel ist eine altüberlieferte Tinktur aus Honig, Apfelessig und einer Auswahl kraftvoller Wildkräuter, deren Wirkstoffe durch hohe Extraktionskraft beibehalten werden", so Annika. Kruut steht für eine Rückbesinnung zur Natur und ein ausgeprägtes Bewusstsein für unsere Umwelt. Mit ihren Rezepturen wollen Thorben und Annika ihr beachtliches Wildkräuter-Wissen teilen, um die fast vergessene Naturmedizin wieder ins Bewusstsein der Menschen zu bringen.

Diese Wildkräuter kannst du im Herbst und Winter finden

Es dauert nicht lange, bis Annika unser angeregtes Gespräch über schmackhafte Kräuterrezepte unterbricht, denn schon nach wenigen Metern hat sie die ersten Wildkräuter am Fuße eines kargen Strauches entdeckt. "Wildkräuter sind extrem widerstandsfähig und deshalb ganzjährig zu finden", erklärt die Pflanzenheilkundlerin. Die robusten Pflanzen sind nicht nur in naturbelassenen Wäldern und auf dem Land heimisch. Sie schaffen es auch, der städtischen Kultur zu trotzen und kämpfen sich zwischen den Pflastersteinen hervor.

Und tatsächlich, wenn ich genauer hingucke, kann ich überall Wildkräuter entdecken. Neben den bekannteren Sorten wie Brennnessel, Löwenzahn oder Gundermann, das ähnlich wie Petersilie schmeckt, findest du am Wegesrand und auf Wiesen in der Herbst- und Winterzeit auch surreal grünen Sauerampfer, der entzündungshemmend wirkt, oder frischen Spitzwegerich, der dank seiner Schleimstoffe trockenen Husten und Heiserkeit lindert. Da sich das Kraut aus der Mitte heraus regeneriert, kannst du einfach die äußersten Blätter pflücken und daraus einen kalten Aufguss zubereiten. Gerade in den herbstlichen und winterlichen Wildkräutern stecken viele wertvolle Bitterstoffe, die deinem Körper richtig gut tun. Beifuß hilft zum Beispiel bei Verdauungsprobleme oder wenn dir Omas saftiger Braten mal wieder schwer im Magen liegt.

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Spitzwegerich und Laabraut © Milena Magerl
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Hagebutten © Milena Magerl

Ein echtes heimisches Superfood, das noch bis in den Dezember an den fast blattlosen Sträuchern zu finden ist, ist die rot leuchtende Hagebutte – aufgrund ihres hohen Vitamin-C-Gehaltes wird sie übrigens auch "Zitrone des Nordens" genannt. Sicher kennst du sie als Teesorte oder Marmelade. "Das Verrückte ist, dass viele Produkte, die du im Supermarkt kaufen kannst, aus importierten Früchten gewonnen werden, die aus Chile, Argentinien oder China stammen. Doch du kannst dir diese Köstlichkeiten auch selbst zubereiten", erklärt Annika. Dazu sammelst du einfach die noch harten Früchte – aufgepasst vor den dornigen Ästen – halbierst sie und befreist sie von den juckenden Samen. Danach musst du sie nur noch zum Trocknen in die Sonne oder auf die Heizung legen und anschließend in den Mixer werfen und fertig ist dein Immunbooster für den Winter!

Studieren geht über Probieren!

Jawohl, in diesem Fall ist es nämlich zu deiner eigenen Sicherheit einmal umgekehrt. Informiere dich im Vorhinein im Internet, sammele Wissen aus Büchern oder nimm an einer geführten Wildkräuterwanderung teil, um in die Welt der Wildkräuter einzutauchen. Unterwegs kannst du die App Naturblick des Berliner Naturkundemuseums verwenden, um unbekannte Wildkräuter zu bestimmen.

Das richtige Equipment

Zum Wildkräuter sammeln brauchst du nicht viel. Nimm dir einen Korb, mehrere kleine Stoffbeutel, falls du die Kräuter direkt separieren willst, und ein feuchtes Leinentuch mit, um deine Ernte frisch zuhalten. Manchmal sind auch ein kleines Messer oder Handschuhe hilfreich, um dich vor Dornen, zum Beispiel beim Brombeeren oder Hagebutten pflücken, oder vor den feinen Härchen an Stängel und Blättern der Brennnessel schützen willst.

Der richtige Ort und der ideale Zeitpunkt

Ideal sind wilde Wiesen oder Waldlichtungen. In der Stadt kannst du viele Wildkräuter auf Brachflächen und alten Friedhöfen finden. Meide öffentliche Plätze oder die Nähe zur Straße und suche lieber an abgelegenen Stellen im Park. Frage bei der Stadtverwaltung nach, welche Parkanlagen nicht gespritzt werden, bevor du losgehst. Beachte auch, dass zum Schutz der Natur nicht in Schutzgebieten und zu deinem eigenen Schutz nicht in der Nähe konventioneller Landwirtschaft gesucht werden sollte.

Weniger ist mehr...

Überfordere dich nicht! Wähle dir für deinen ersten Wildkräuter-Spaziergang maximal drei Kräuter aus, nach denen du gezielt Ausschau halten willst. Sammele nachhaltig und pflücke nie alle Blätter einer Pflanze oder alle Früchte eines Strauches, damit die Natur sich erholen kann. Taste dich langsam an die Verarbeitung der Wildkräuter heran. Manchmal muss sich unser Verdauungssystem erst einmal an die ungewohnten Stoffe gewöhnen. Wähle zu Beginn ein einfaches oder mildes Kraut aus, das du bereits kennst, zum Beispiel Löwenzahn, trockene die Blätter und bereite dir daraus einen Teesud.

Rezept: herbstliche Wildkräuter-Bowl

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© Milena Magerl

Liebe geht durch den Magen, Reiseerinnerungen ebenso, und auch die Jahreszeiten kannst du auf deinem Teller schmecken. Damit aber die geballte Superpower der gesammelten Wildkräuter und all ihre heilsamen Kräfte zum Einsatz kommen, um deinen Körper auf den kalten Winter vorzubereiten, habe ich dir zusammen mit meiner Freundin Anika Jessen eine ziemlich leckere, einfache und vegane Herbst-Bowl kreiert. Anika ist Gesundheitsberaterin für Darmgesundheit, Gründerin der Lernplattform achtmeter und eine echte Wildkräuter-Expertin.

Wir wollen natürlich alle gesunden, aber für Kräuter-Neulinge nicht unbedingt schmackhaften, Bitterstoffe der Pflanzen in unser Rezept integrieren, deshalb haben wir sie mit grünem und rotem Fenchel, würzigem Blutampfer und milder Pimpinelle gemischt und daraus einen einfachen Wildkräutersalat zubereitet. Dazu gibt es einen herbstlichen Gemüsemix mit viel Vitamin D aus bunten Karotten und nussigem Topinambur (übrigens die Wurzel eines Wildkrautes) und einem Dressing auf Joghurtbasis (vegan).

Zutaten (für 2 Personen)

1 Hand voll Wildkräuter
1 wilde Rauke oder Rucola
4 bunte Karotten
2 rote Kartoffeln
3 Knollen Topinambur
3 EL Kokos- oder Nussjoghurt
Abrieb einer Bio-Zitrone oder Bio-Orange
Apfelessig, pflanzliches Öl, Pfeffer, Salz

Zubereitung

  1. Wildkräuter und Salat waschen sowie das Gemüse mit einem frischen Küchenhandtuch abreiben.
  2. Karotten, Topinambur und Kartoffeln leicht schräg in dünne Scheiben schneiden und in einer Pfanne mit einem pflanzlichen Öl deiner Wahl anbraten und nach Belieben würzen.
  3. Die Schale einer Zitrusfrucht abreiben und mit Joghurt, Salz und Pfeffer zu einem leichten Dressing mixen.
  4. Zuerst den Wildkräutersalat mit Apfelessig und Olivenöl anmachen. Anschließend mit Herbstgemüse und einem Klecks Joghurtdressing toppen.
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© Milena Magerl

Vielen lieben Dank an Annika Kruut und Anika Jessen für euren Input und euer wertvolles Wissen rund um Wildkräuter! 

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