Kreuzfahrten, Segelboote und Fähren: Kann die Schifffahrt nachhaltig werden?

© Hermann Traub | Pixabay

In unserer Reihe  "Future Travel" beantworten wir spannende Fragen zum Thema Nachhaltigkeit im Tourismus und wie wir in Zukunft reisen werden. Kann Massentourismus nachhaltig sein? Welchen Einfluss hat die Digitalisierung auf unser Reiseverhalten? Worauf sollte ich bei der Kompensation meiner Reise achten? Welche alternativen Reisemodelle gibt es? Diesen und vielen weiteren Fragen gehen wir mit diesem Format auf den Grund. Hast du selbst eine interessante Frage zum Thema? Dann schreib uns an [email protected].

Menschenmassen in europäischen Hafenstädten

Vielleicht hast du in einem europäischen Hafen auch schon mal verdutzt geschaut, als du gesehen hast, wie groß ein Kreuzfahrtschiff wirklich ist? So ging es mir jedenfalls letztes Jahr im Juli in Venedig. Über der idyllischen, italienischen Stadt thronte ein Riesenkreuzer, der mindestens zwei bis drei Stockwerke höher war als die höchsten Gebäude der Stadt. So ein gespenstischer Riesendampfer kann mehrere Tausend Menschen über die Weltmeere schippern, um immer wieder an verschiedenen Stopps die Kreuzfahrttourist*innen in Städten abzuladen. 

Auf das größte Kreuzfahrtschiff der Welt, die Wonder of the Seas, passen beispielsweise 6988 Passagiere*innen. Das Problem: Auf den Schiffen ist meist alles all-inclusive oder es gibt Halb-Pension, sodass die Passagier*innen beim Landgang kaum Geld für lokale Produkte und Dienstleistungen ausgeben, die Locals also nichts von dem Touriansturm haben außer verstopfte Straßen und Unmengen an Müll. In europäischen Hafenstädten wie Barcelona, Lissabon oder Palma de Mallorca kommt es dann kurzweilig zu einem enormen Tagestourist*innenansturm, am späten Nachmittag geht es dann wieder aufs Schiff und die Städte leeren sich. Das führte in den letzten Jahren zu immer mehr Unmut der lokalen Bevölkerung, mittlerweile konnte die Stadt Venedig durchsetzen, dass seit August 2021 keine Kreuzfahrtschiffe mehr vor dem Markusplatz halten. 

Auf den Schiffen ist meist alles all-inclusive oder es gibt Halb-Pension, sodass Passagier*innen beim Landgang kaum Geld für lokale Produkte und Dienstleistungen ausgeben, die Locals also nichts von dem Touriansturm haben außer verstopfte Straßen und Unmengen an Müll.

Aber Kreuzfahrten sind noch immer sehr beliebt und sicherlich ist es verlockend, den ganzen Tag auf das Meer zu schauen, den Wind in den Haaren zu spüren und gleichzeitig viele Länder in kürzester Zeit zu sehen. Rund 30 Millionen Besucher*innen weltweit fahren jährlich auf einem der großen Schiffe. Gefolgt von den Amerikaner*innen ist der Urlaub auf den riesigen Entertainment-Schiffen weltweit bei uns Deutschen am beliebtesten. Im Corona-Jahr 2020 machte die deutsche Kreuzfahrtindustrie knapp 800 Millionen Euro Umsatz und für 15 Millionen Deutsche ist die Kreuzfahrt die favorisierte Urlaubsform. Aber was ist neben den Massen an Tagestourist*innen eigentlich das Problem mit der Kreuzfahrt? 

Kreuzfahrtschiff
© MustangJoe/ Pixabay

Klimakiller Kreuzfahrt?

In Europa ist die Schifffahrt einer der Hauptverursacher von Luftverschmutzung und laut des diesjährigen NABU-Kreuzfahrtschiffrankings steht Klima- und Umweltschutz noch immer nicht im Fokus der Reedereien. Zwar ist ein kleiner Teil der Flotte zunehmend umweltfreundlicher, aber viele Kreuzfahrtschiffe fahren noch immer mit Schweröl und nur wenige zukunftstaugliche Projekte sind in der Umsetzung. Schweröl ist das umweltfeindlichste Treibstoffmittel: Stickoxide, Feinstaub und Schwelfeloxide werden direkt in die Luft gepustet, weil keine Katalysatoren oder Partikelfilter eingebaut sind. Die sind bei Autos beispielsweise seit Jahren Pflicht. 

Andere Treibstoffe sind Flüssiggas (LNG), aber auch das ist ein fossiler Brennstoff, der weit von Klimaneutralität entfernt ist. Nur wenige der 19 vom NABU unter die Lupe genommenen Reedereien nutzen moderne Technologien als Alternative zu herkömmlichen Brennstoffzellen. Am besten schnitten dabei die Hurtigruten Norway ab und es zeigt sich, dass politische Veränderungen die Schifffahrt positiv beeinflussen können. Denn: Seit 2007 hat die norwegische Regierung eine strikte Stickstoffreglung eingeführt, wodurch einige Fjorde nur mit Null-Emissions-Schiffen befahren werden dürfen. 

Wie sieht die Zukunft auf See aus?

Von allen Schiffsarten kann nur eine bei guten Wetterbedingungen völlig emissionsfrei fahren: das Segelboot. Aber wie soll das gehen, ein ganzes Segelkreuzfahrtschiff? Das zu bauen, haben sich norwegische Schiffsingenieure vorgenommen. Mit Solarsegeln wollen Ingenieure das erste futuristische Kreuzfahrtschiff der Welt bis voraussichtlich 2030 fertigstellen. Dieser Fortschritt ist maßgeblich darauf zurückzuführen, dass die norwegische Regierung ab 2026 alle großen Passagierschiffe mit Verbrennungsmotor nicht mehr in die Fjorde einfahren lassen will. Eine Veränderung in der Schifffahrt hängt also eng mit der Gesetzgebung zusammen. 

© NCE Maritime CleanTech

Nachhaltig auf dem Meer unterwegs

Wenn du die Weiten auf dem Meer liebst und nicht auf eine Reise mit dem Schiff verzichten möchtest, kannst du beispielsweise wie unsere Autorin Charlott bei Join the Crew mitsegeln. Sofern die Wetterbedingungen stimmen, muss der Motor nicht genutzt werden und du kannst vom Wasser aus die schöne Côte d’Azur und andere Regionen in Europa mit der Kraft des Windes entdecken. Wenn du an Land gehst, solltest du auf jeden Fall schauen, auch die lokale Bevölkerung zu unterstützen, indem du regionale Produkte kaufst oder eine Stadtführung von einem kleinen Anbieter buchst. Eine weitere tolle Initiative ist das Segelschiffprojekt Tres Hombres, die erste emissionsfreie Handelsflotte des 21. Jahrhunderts. Seit mittlerweile zwölf Jahren transportiert das Schiff fair gehandelte Produkte von der Karibik nach Europa und du kannst sogar als Trainee anheuern! 

Segeln, Join the Crew
© Charlott Tornow

Unterwegs auf dem Wasser

11 tolle Fährstrecken durch Europa
Wie umweltfreundlich ist eigentlich eine Fährfahrt? In unserem Artikel findest du 11 tolle Fährstrecken und alle Antworten zu CO2-Ausstoß und Klimafreundlichkeit.
Weiterlesen
Mit dem Frachtschiff von Hamburg nach Kanada
Ist es eine Alternative, mit einem Frachtschiff zu fahren, anstatt zu fliegen? Mit der "Atlantic Sea" kannst du von Deutschland bis nach Kanada mit dem Frachter fahren.
Weiterlesen
Zurück zur Startseite