Semana Santa: So wird die Osterwoche in Spanien gefeiert

© Charlott Tornow

Wer in der Osterwoche in Spanien unterwegs ist und noch nie von der Semana Santa gehört hat, wird vermutlich seinen Augen nicht trauen: Tausende Menschen, die in langen Roben und spitzen Hüten durch die Straßen laufen und dabei Kreuze und riesige Kerzen tragen. Mit dem rassistischen und gewalttätigen Geheimbund Ku Klux Klan aus den USA haben sie allerdings nichts zu tun, denn sie sind Teil der spanischen Ostertradition, die vor allem in Sevilla spektakulär gefeiert wird.

Semana Santa Sevilla, Andalusien, Ostern
© Charlott Tornow

Die Anfänge der Semana Santa gehen zurück auf das 15. Jahrhundert, als die ersten Prozessionen – religiöse Fest- und Trauerzüge – von den neu gegründeten Bruderschaften, den Hermandades, veranstaltet wurden. Bis ins 18. Jahrhundert hinein kasteiten sich die Teilnehmer bei diesen Prozessionen selbst, um Buße zu tun. Eine Theorie besagt, dass der spitze Hut dabei eine Art Aufsteigen zum Himmel symbolisieren sollte. Diese Capirotes stammen noch aus der Zeit der Spanischen Inquisition, die Jüd*innen, Muslim*innen und Protestant*innen verfolgte, zum Konvertieren zum christlichen Glauben zwang oder hinrichtete. Die Verurteilten mussten durch die Straßen ziehen und zur öffentlichen Verhöhnung spitze Hüte tragen. Heute verweist die Farbe der Roben auf die Mitgliedschaft der Büßer*innen (Nazarenos genannt) zu einer der 60 Bruderschaften und stellt außerdem ein religiöses Symbol dar: zum Beispiel Rot für das Blut Christi, Weiß für den Frieden und Blau für den Himmel.

Semana Santa Sevilla, Andalusien, Ostern
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Das Highlight der Prozessionen sind die Pasos, riesige Holzgestelle von circa fünf Metern Länge und Höhe, auf denen eine Szene aus der Leidensgeschichte Christi sowie ein Bildnis der Jungfrau Maria dargestellt wird. Da die Pasos nur einmal im Jahr gezeigt werden, warten viele Sevillaner*innen zum Teil stundenlang auf die Prozessionen – und klatschen dann begeistert, wenn sie vorbeigezogen sind. Die Prozessionen folgen einer festgelegten Route durch die Stadt, die auf Kardinal Fernando Niño de Guevara zurückgeht, der 1604 bestimmte, dass alle Bruderschaften Sevillas auf ihrem Bußweg die Kathedrale besuchen müssen.

Semana Santa Sevilla, Andalusien, Ostern
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Die Pasos sind aufgrund ihrer Größe und der angebrachten Figuren schwer und werden von 40 bis 50 sogenannten Costaleros auf den Schultern durch die Straßen getragen. Die Männer tragen dafür ein Kopftuch, das am Nacken verstärkt ist. Auch sie gehören einer der Bruderschaften an und sind nicht nur an der unterschiedlichen Farben der Kopftücher zu erkennen, sondern tragen auch oftmals einen Gürtel um die Hüften, auf dem der Name der Hermandades steht.

Semana Santa Sevilla, Andalusien, Ostern
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Musik spielt während der Semana Santa eine wichtige Rolle und trägt zur Anziehungskraft bei. Den verschiedenen Pasos gehen Blaskapellen voran, die die Stimmung der gesamten Prozession vorgeben – sie ist mal feierlich und beschwingt, mal schwermütig und elegisch. Zusätzlich laufen die Costaleros im Takt der Musik und erzeugen so ein Gefühl der absoluten Seligkeit bei den Menschen. Es gibt auch Prozessionen, auf den keine Musik gespielt wird; vielmehr erklingen dann Saetas, zutiefst melancholische Flamenco-Gesänge. Eine der besucherstärksten Prozessionen findet nachts an der Kirche Basílica de Jesús del Gran Poder statt: Während ab 1 Uhr hunderte Nazarenos mit flammenden Kerzen aus der Kirche strömen, herrscht absolute Stille. Nur eine einzige Frau singt von einem nahe liegenden Balkon. Auch wer nicht religiös ist, kann sich dieser besonderen Stimmung kaum verwehren.

Semana Santa Sevilla, Andalusien, Ostern
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Als Außenstehende*r kann man kaum nachvollziehen, welchen enormen Stellenwert die Semana Santa für ihre Anhänger*innen hat. Viele Sevillaner*innen sichern sich auf den Prozessionsrouten durch die Stadt die besten Plätze mit Blick auf die Pasos. Wer aus Versehen zu Ostern in Sevilla landet, wird überwältigt sein von den Massen, die sich durch die engen Gassen der Innenstadt schieben. Während der gesamten Osterwoche gleicht ein Spaziergang einem Spießrutenlauf und wenn du nicht weißt, wo die nächste Prozession stattfindet, kannst du schon mal eine zusätzliche Stunde damit verbringen, den Weg zum Ziel zu finden.

Semana Santa Sevilla, Andalusien, Ostern
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Früher durften nur Männer Nazareno werden, mittlerweile sind aber auch Frauen Teil der Prozessionen. Und auch Kinder werden in sehr jungem Alter an die Traditionen der Semana Santa gewöhnt. Auch sie laufen als Nazarenos verkleidet bei den Umzügen mit und verteilen wie die Erwachsenen Süßigkeiten an die anderen Kinder. Der Brauch soll entstanden sein, um den Kindern die Angst vor den Furcht einflößenden Roben zu nehmen.

Semana Santa Sevilla, Andalusien, Ostern
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Wer stundenlang wartet, wird irgendwann hungrig und so sieht man die Sevillaner*innen meistens Chips und Nüsse essend in den Straßen. Es gibt aber auch ein traditionelles Semana-Santa-Gebäck und das ist Torrija – ein Art süßer, weicher Kuchen in Honig, der die Konsistenz eines Quarkbällchens hat, aber nicht ganz so knusprig ist.

Semana Santa Sevilla, Andalusien, Ostern
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Obwohl die Semana Santa schon im 15. Jahrhundert entstand, hatte sie erst Ende des 19. Jahrhundert ein Revival, als die Katholische Kirche christliche Rituale in der Gesellschaft stärken und die Messe quasi auf die Straße bringen wollte. Sie erkannte die Anziehungskraft der Prozessionen – auch bei Tourist*innen.

Die Woche jedenfalls ist spirituell wahnsinnig aufgeladen und hat für mich als Außenstehende Volksfestcharakter. Ob die meisten Menschen nun die Herkunft der Semana Santa und ihre zum Teil düsteren Traditionen und Geschichte kennen – die Sevillaner*innen nutzen die Tage, um kollektiv zu feiern und zu trauern.

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