Travel Buddies – Backpackend durch Pakistan mit Anne Steinbach
In unserem Format "Travel Buddies" erzählen uns Reiseprofis, warum sie die Welt erkunden, was sie auf Reisen gelernt haben und welche Ereignisse ihnen besondern im Gedächtnis geblieben sind. Außerdem verraten sie uns ihren Geheimtipp für Europa.
Wenn wir an Backpacking-Urlaub denken, dann fallen den meisten von uns wahrscheinlich Länder wie Thailand oder Vietnam ein. Länder, in den schon viele andere Rucksack-Reisende waren und die mittlerweile eine gute Infrastruktur dafür haben. Anne Steinbach und ihrem Freund Clemens Sehi war das zu langweilig, die beiden interessiert das Unbekannte, von dem es, möchte man meine, auf der Welt mittlerweile nicht mehr viel gibt. Ihr Abenteuer haben sie in Pakistan gefunden – und darüber ein Buch geschrieben. "Backpacking in Pakistan" ist gerade erschienen und es gibt einen tollen Einblick in ein Land, das viele wohl eher mit der Taliban und Krieg verbinden. Anne selbst hat Tourismus und Journalismus studiert und während ihres Auslandspraktikums in Westafrika einen Blog gestartet. Mittlerweile schreibt sie für verschiedene Reisemedien.
Anne, warum reist du?
"Ich reise, weil ich unheimlich neugierig bin. Ich möchte gern in alle Kulturen dieser Welt einmal reinschuppern. Ich möchte sehen, wie Menschen am anderen Ende der Welt ihren Alltag meistern, wie sie kochen, wie sie leben. Und das kann ich natürlich beim Reisen unheimlich gut. Für mich ist das Reisen gleichzeitig auch immer eine Art Fernstudium, denn nirgends lernt man so viel, wie auf einer Reise in ein fremdes Land – und dafür muss man wirklich nicht weit reisen. Auch ein kurzer Abstecher auf einen Markt in einem kleinen französischen Dorf lehrt mir etwas – und sei es nur die ungebändigte Lebenslust und Lebensfreude der Franzosen, von der wir Deutschen uns ganz sicher häufiger eine Scheibe abschneiden könnten."
Erzähl uns von einer Sache, die du auf Reisen gelernt hast.
"Das Reisen hat mich im Laufe der Zeit zu einer unheimlich offenen und unbefangenen Person gemacht. Jede Reise zeigt mir aufs Neue, dass wir verdammt weit im Leben kommen, wenn wir offen und vorurteilslos auf Menschen zugehen."
Jede Reise zeigt mir aufs Neue, dass wir verdammt weit im Leben kommen, wenn wir offen und vorurteilslos auf Menschen zugehen.Anne Steinbach
In deinem Buch "Backpacking in Pakistan" berichtest du über eben jene Reise. Warum sollten wir alle mal nach Pakistan reisen?
"Pakistan ist herrlich unberührt und absolut unbekannt. Das Land ist vor allem für Abenteurer und all diejenigen perfekt, die gerne wieder ihren eigenen Entdeckerinstinkt herauskitzeln möchten. Bisher weiß man wenig über Pakistan, der Tourismus ist kaum bis gar nicht ausgeprägt und genau deswegen kann man hier wirklich noch so reisen, wie man es in anderen Ländern vor etlichen Jahren konnte."
Welches Ereignis ist dir besonders im Gedächtnis geblieben?
"In meiner Lieblingsstadt in Pakistan, in Lahore, durften wir zum Sonnenuntergang auf ein Minarett steigen. Von oben hatten wir dann nicht nur einen unglaublichen Blick über die verwinkelte Altstadt, sondern konnten auch sehen, wie sich das komplette Stadtbild ändert, sobald die Sonne untergeht. Das war wirklich der Wahnsinn."
Ist das Land etwas für Alleinreisende? Und wem würdest du von einer Reise nach Pakistan abraten?
"Ich kenne einige Leute, die Pakistan auch ganz allein bereist haben. Grundsätzlich ist das auf jeden Fall möglich, denn eigentlich kann man Pakistan genau so einfach bereisen, wie auch das Nachbarland Indien. Wer schon einmal in einem muslimischen Land war, der ist auf Pakistan ganz gut vorbereitet. Ich glaube aber, dass es für alle schwierig wird, die nicht genau wissen, was auf sie zukommen wird. Plötzlich sind da ganz viele Moscheen, immer und überall hört man den Muezzin und zwischendrin sieht man vereinzelt verschleierte Frauen. Bisher ist Pakistan außerdem fast ausschließlich individuell zu bereisen, da es bisher keine Reiseanbieter gibt, die geführte Reisen in das Land anbieten. Wer sich also nicht zutraut alles allein zu organisieren, der wird in Pakistan vielleicht ein wenig überfordert sein."
Du reist gern in unbekannte Länder – welches Land wird noch unterschätzt?
"Ein Land, das bisher noch nicht viel vom Tourismus abbekommen hat, ist der Libanon und das, obwohl es dort so unheimlich viel zu entdecken gibt. Allein die Hauptstadt Beirut ist so hip und cool und gerade für alternative Reisende perfekt. Hier kann man am Abend durch verschiedene Gin-Bars hoppen, danach im arabischen Untergrund-Club tanzen und am nächsten Morgen ein echt libanesisches Frühstück direkt am Meer verputzen. Leider ist der Libanon vor allem durch seine Lage und seine Nachbarländer gebeutelt. Für mich ist der Libanon aber ganz klar eine Reiseland mit ganz viel Potenzial."
Und welchen Ort in Europa müssen wir deiner Meinung nach unbedingt gesehen haben?
"Wir waren letztes Jahr mehrmals in der Bretagne unterwegs und haben uns schockverliebt. Am besten erkundet man dieses Stückchen Frankreich mit dem Mietwagen und fährt einfach von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf. Mein persönliches Highlight der Bretagne war die Insel Belle-Île, die einfach alles hat, was man sich unter einer französischen Insel vorstellt: kleine Bars, kleine Tischchen, an denen man im Sonnenuntergang sehr gut einen Wein trinken kann, versteckte Buchten und eine wunderschöne, unberührte Landschaft."
Du schreibst auf deiner Homepage, dass deine Reisereportagen "authentisch" sind. Was ist heute in Zeiten von Social Media noch authentisch?
"Social Media macht es definitiv schwieriger, authentisch zu sein und zu bleiben. Für mich ist das authentische Reisen vor allem das, was nah an den Einheimischen ist. Ich reise nicht an Orte, um ein hippes Frühstück in einem hippen Pool zu essen. Ich reise, um zu sehen, wie die Menschen vor Ort leben – und das passiert abseits der Touristenpfade in versteckten Restaurants, Gassen und weit weg von Instagram und Co."
Ich reise nicht an Orte, um ein hippes Frühstück in einem hippen Pool zu essen. Ich reise, um zu sehen, wie die Menschen vor Ort leben – und das passiert abseits der Touristenpfade in versteckten Restaurants, Gassen und weit weg von Instagram und Co.Anne Steinbach
In den letzten Monaten konnten wir ja gar nicht reisen. Was glaubst du, wie wird sich das Reisen nach Corona verändern?
"Ich glaube, dass es in zwei Richtungen laufen wird. Zum einen werden wir das Reisen wieder mehr schätzen. Allein die Tatsache, dass wir jetzt lange nicht reisen durften und es bisher ja auch nicht wirklich dürfen, wird die Freude auf die Reisefreiheit noch einmal enorm steigen. Ich hoffe, dass sich daraus ein größeres Bewusstsein gegenüber dem Reisen entwickelt, dass wir vielleicht nicht mehr jeden günstigen Flug buchen und ab und zu auch einfach mal auf nahegelegene Reiseziele zurückgreifen. Zum anderen denke ich aber auch, dass die Krise das Reisen teurer machen wird. Wir merken jetzt schon, dass einige Reiseanbieter, Hotels und Airlines es nicht schaffen und je weniger Player es auf dem Markt gibt, desto teurer wird das Reisen. Demnach werden vielleicht wieder Länder in den Mittelpunkt rücken, die günstiger sind, wie Pakistan zum Beispiel."
Wie hast du denn die Reisepause genutzt?
"Tatsächlich waren mein Freund und ich bisher super produktiv und haben uns durch vieles gearbeitet, dass bisher immer liegen geblieben ist. Wir haben eine Menge Artikel vergangener Reisen veröffentlicht, unseren Blog Travellers Archive umstrukturiert und neue Pläne für die Zukunft geschmiedet. Unserer Wohnung tat die Reisepause auch gut. Endlich haben unsere Gewürze aus Pakistan und dem Iran ihren festen Platz in Gläsern bekommen – yeah!"
Dankeschön, Anne!
Folgt Anne und Clemens auf ihrem Blog Travellers Archiv und auf Instagram.