Schön und nachhaltig: Mit Zug und Fähre von Berlin nach Mallorca

© Björn Wisnewski

Als ich nach 13 Stunden Bahnfahrt endlich im Bett liege, habe ich noch immer das Gefühl, im Zug zu sitzen. Eigentlich würde ich gern schlafen, aber ich fühle noch immer das monotone und stetige Ruckeln des Zuges, der mit über 200 km/h über die Schienen gleitet. Heute morgen, 8.30 Uhr, bin ich von Berlin in den ICE nach Frankfurt am Main gestiegen, nach einer Stunde Wartezeit am Bahnhof ging es weiter mit dem TGV nach Avignon. Gegen 21 Uhr erreiche die Stadt mitten in der Provence – mein Zwischenstopp auf dem Weg nach Mallorca zur Yoga-Finca Son Mola Vell von Neue Wege Reisen. 

Ja, richtig gelesen, Mallorca, die Lieblingsinsel der Deutschen, die 2021 von täglich 1200 Maschinen angeflogen wurde. Eine unglaubliche Zahl mit einem noch unglaublicheren CO2-Ausstoß. Ich möchte mit Zug und Fähre anreisen, um zu zeigen, dass man auch nachhaltiger nach Mallorca fahren kann – denn, um eins vorweg zu nehmen, natürlich ist auch die Anreise mit Zug und Fähre nicht 100% klimafreundlich, dann müsste ich schon laufen oder mit dem Fahrrad fahren. Das Problem ist, dass kaum jemand darüber nachdenkt, ob es eine alternative Anreisemöglichkeit gibt, denn die Preise für einen Flug nach Mallorca sind zum Teil so astronomisch niedrig, dass sich die Frage gar nicht stellt. Ich selbst bin vor vier Jahren für 14 Euro auf die Balearen geflogen. 14 Euro! Damit komme ich nicht mal von Berlin an die Ostsee. 

Berlin Mallorca Zug Fähre
© Charlott Tornow

2,5 Stunden im Flugzeug versus 36 Stunden im Zug und auf der Fähre

Warum sollte man also einen unschlagbaren Spottpreis und 2,5 Stunden im Flugzeug gegen eine Anreise von drei Tagen tauschen? Weil allein der Weg ein Abenteuer ist! Die Idee, mit dem Zug und der Fähre nach Mallorca zu reisen, hatte ich schon lange. Als Neue Wege Reisen mich dann fragte, ob ich Lust habe, an einem ihrer Retreats auf Mallorca teilzunehmen, war schnell klar, dass nun endlich der Zeitpunkt gekommen ist. Denn Neue Wege Reisen organisiert seit über 30 Jahren nachhaltige Yoga- und Ayurveda-Reisen; die eigene Finca auf Mallorca wird mit Solarstrom betrieben, setzt auf ressourcenschonendes Wohnen und regionale und saisonale Lebensmittel, teilweise aus eigenem Anbau. Dass nicht nur der Aufenthalt vor Ort nachhaltig ist, sondern auch die Anreise war für mich die logische Konsequenz.

Viele Wege führen nach Mallorca, je nachdem, von wo aus man startet. Um die Tour zu planen, rollt man das Ganze am besten von hinten auf, beginnt also in Palma, der Insel-Hauptstadt, denn hier kommen die Fähren vom europäischen Festland an. Fährverbindungen gibt es ab Barcelona, Valencia, Gandia und Denia, die Fahrten dauern zwischen fünf und sieben Stunden – je nach Abfahrthafen und Fährunternehmen. Auch aus Frankreich startet eine Fähre, die Fahrt von Toulon nach Alcudia im Norden Mallorcas dauert allerdings über 11 Stunden. Aus Deutschland kommend ist die Fahrt ab Barcelona daher am sinnvollsten, auch weil die katalanische Hauptstadt einfach ein absolutes Highlight ist.

Avignon
© Charlott Tornow
Avignon
© Charlott Tornow

Von Berlin über Frankfurt nach Avignon und Barcelona

Eine direkte Zugverbindung von Deutschland nach Barcelona gibt es bisher leider noch nicht, daher mache ich einen Halt in Avignon. Aus Frankfurt fährt täglich ein TGV in die Provence mit Endstation Marseille. Ich könnte alternativ also auch bis an die französische Küste fahren, hatte aber Lust auf das kleinere, mir noch unbekannte Avignon und lag damit goldrichtig. Das wunderschöne Altstadtzentrum lädt zum stundenlangen Flanieren und Verlaufen ein, ohne Ziel lasse ich mich treiben – durch die schmalen Gassen, entlang des Rhone-Ufers und hoch über den Papst-Palast, dessen mächtige Architektur die gesamte Skyline der Stadt bestimmt. Jetzt, im März, ist Avignon noch wunderbar ruhig, voll wird es hier im Juli, wenn das Theaterfestival die Stadt drei Wochen fest im Griff hat. Dann sei es hier aber auch am schönsten, verrät mir ein Deutscher, den ich auf meinem Spaziergang treffe, und der Avignon zu seiner Wahlheimat erklärt hat – denn es gäbe einfach keine schönere Stadt in Frankreich. 

Ich bleibe für einen Tag und zwei Nächte in Avignon und setze mich dann in den Zug nach Barcelona. Die Fahrt ist unkompliziert, aber die Bahn wahnsinnig voll – und das in der Nebensaison! Ich bin daher froh, dass mir bei der Buchung automatisch ein Sitzplatz zugewiesen wurde, auch wenn ich den Platz an sich nicht selbst auswählen konnte. Immerhin sitze ich am Fenster und genieße auf der Fahrt die Aussicht. Der Zug hält übrigens auch im französischen Montpellier und in den katalanischen Städten Figueres und Girona – wenn du deine Anreise noch etwas strecken willst, könntest du auch hier Halt machen, denn auch dort ist es wunderschön.

Barcelona Gran Torino Bar
Die Gran Torini Garage Bar in Barcelona © Charlott Tornow

Wenn du Barcelona noch nie gesehen hast, rate ich dir, wenigstens ein oder zwei Tage hier zu verbringen und die Stadt zu entdecken. Da ich schon ein paar Mal in Barcelona war, habe ich einen Aufenthalt hier geskippt, was den zweiten Teil der Anreise ziemlich anstrengend und ermüdend gemacht hat. Denn der Zug aus Avignon kommt nachmittags in Barcelona an, die Fähre allerdings legt erst kurz vor Mitternacht ab. Um die Zeit dazwischen totzuschlagen, suche ich auf Google Maps eine Bar in der Nähe des Fährhafens und stolpere eher zufällig in die Gran Torino Garage Bar in der Nähe der berühmten La Rambla – ein absoluter Volltreffer! Ich verbringe den ganzen Abend Oliven, Humus und Tomatenbrot futternd in der Bar, während mir der italienische Besitzer erzählt, wie er vor 20 Jahren zum Studieren nach Barcelona kam, wegen der Liebe blieb und nun seit acht Jahren die Bar zusammen mit seiner Schwester führt. Der Abschied fällt mir schwer, zum Abschied gibt’s – ganz italienisch – ein Küsschen links und rechts und nach zwei Jahren Corona-Pandemie bin ich kurz geschockt und dann wahnsinnig glücklich über diesen kurzem Moment der platonischen Intimität mit einem Fremden.

Berlin Mallorca Zug Fähre
Auf der Fähre nach Palma © Charlott Tornow
Yoga-Retreat Neue Wege Reisen, Finca Son Mola Vell
Endlich angekommen in der Yoga-Finca © Björn Wisnewski

Ich würde die Reise genau so wieder machen

Mittlerweile ziemlich müde mache ich mich auf zur Fähre. Eigentlich wollte ich mal meine Komfortzone verlassen und die nur sechsstündige Überfahrt im sogenannten Pullmansitz, einem Schlafsitz, verbringen. Aber beim Check-In überkommt mich der Drang nach einem bequemen Bett und so kann ich noch vor Ort auf eine Kabine upgraden, in der sich zudem ein Bad mit Dusche und WC befinden– nach einem Tag Unterwegssein ein willkommene Gelegenheit zum Auffrischen. Als ich kurz vor Mitternacht endlich auf der Fähre bin, steuere ich auf direktem Weg das Zimmer an – meine Müdigkeit ist zu groß und das Schiff an sich eh nicht weiter sehenswert. Mein Schlaf ist dennoch unruhig, vielleicht ob des gewohnten Wellengangs, der sich anfühlt, als würde ein Auto immer wieder anfahren und abbremsen. Aus dem Halbschlaf werde ich durch eine Ansage gerissen, die den Passagier*innen die Ankunft in Mallorca ankündigt. Mit schmalen Augen stolpere ich in das Stockdunkel der Nacht und beobachte, wie die glitzernden Lichter der Insel immer näherkommen. Kurz vor 7 Uhr, fast 36 Stunden, nachdem ich in Berlin losgefahren bin, komme ich endlich auf Mallorca an. Während ich auf den Transfer zur Yoga-Finca warte, lasse ich die letzten drei Tage, all die Eindrücke und spontanen Begegnungen Revue passieren und resümiere, was ich alles verpasst hätte, wenn ich einfach nur 2,5 Stunden im Flugzeug gesessen hätte.

Good to know – von Berlin nach Mallorca

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