Hausboot mieten in Brandenburg – Ein Wochenende auf der Havel
Nachdem ich Anfang des Jahres mit der Fähre von Helsinki nach Travemünde gefahren bin, habe ich meine Liebe zum Reisen auf dem Wasser entdeckt. Normalerweise bin ich unruhig und ungeduldig, meistens kann es mir einfach nicht schnell genug gehen. Aber die Fahrt über die Ostsee hat mich von 100 auf 0 entschleunigt, anstatt 3 Stunden mit dem Flugzeug brauchte ich 27 Stunden für die gleiche Strecke. 27 Stunden, in denen ich Zeit hatte, aufs Meer, auf den Sonnenunter- und aufgang und wieder -untergang zu starren und meine Gedanken zu sortieren. Wohl auch deshalb war ich von der Idee begeistert, nach einer zweimonatigen Reisepause mit dem Hausboot Brandenburg zu entdecken.
Bei meiner Google-Suche stieß ich schnell auf Die Bootschaft (Chapeau für diesen Namen!). Das Charter-Unternehmen bietet verschiedene Hausboote an, mit denen man fast zwei ganze Wochen unterwegs sein und die Gewässer nördlich von Berlin erkunden kann.
Tag 1: Hausboot mieten in Brandenburg und Skipper-Training
Die Hausboote von Die Bootschaft liegen in der Neuen Marina am Ziegeleipark Mildenberg direkt an der Havel. Nur 50 Kilometer nördlich von Berlin fühlt man sich hier direkt angekommen in der Idylle: Die Boote im Hafen schaukeln leise im Winde, im Hintergrund plätschert die Havel, während die Sonne auf dem Wasser glitzert. Alle Sorgen? Vergessen! Wir befinden uns am Anfang des Naturparks Uckermärkische Seen und weiter Richtung Norden beginnt sich langsam die Mecklenburgische Seenplatte mit ihrem weit verzweigten Netz aus Seen, Flüssen und Kanälen auszubreiten, das man wahrscheinlich ein ganzes Jahr lang erkunden könnte, ohne dass es einem langweilig würde.
Wir haben das Hausboot Miami für ein Wochenende gemietet und bevor wir selbst zu Entdeckern werden, absolvieren wir ein einstündiges Skipper-Training, bei dem wir die Basics des Bootfahrens lernen. Zwar benötigt man für das Führen der Hausboote keinen Bootsführerschein, aber ein Crashkurs bietet sich gerade für all jene an, die noch nie selbst ein Boot gesteuert haben. Bei dem einstündigen Training lernen wir zunächst die wichtigsten Seemannsknoten und wie wir das Hausboot an Land befestigen. Das Wichtigste kommt zum Schluss: Ausparken, Lenken, Vollbremsung, Anlegen. Im Prinzip steuert man ein Hausboot wie ein normales Auto, mit dem Unterschied, dass so ein riesiges Boot wesentlich träger auf die Manöver reagiert. Wir üben ein paar Mal das Aus- und Einparken, das vor allem in voll belegten Häfen Millimeterarbeit sein kann, und nach knapp einer Stunde Training sind wir bereit auf große Fahrt zu gehen.
Je nachdem, wie lang der Hausboot-Urlaub ist, empfiehlt Die Bootschaft verschiedene Trips in die Umgebung. Wie weit man dabei kommt, hängt davon ab, ob man lieber gemächlich durch die Landschaft schippern und dabei die Aussicht genießen möchte, oder ob man auf Höchstgeschwindigkeit so viel wie möglich sehen will. Wobei Höchstgeschwindigkeit relativ ist: So ein Hausboot fährt gerade mal 10 km/h und viele Nebenarme der Havel stehen unter Naturschutz, sodass man hier nur mit Schrifttgeschwindigkeit durchfahren darf. Die goldene Regel beim Bootsfahren ist daher: Der Weg ist das Ziel.
Wir entscheiden uns für die dreitägige Tour über die Ortschaft Zehdenick, zum Kuhwall See und weiter zum Großen Wentowsee. Unser wichtigster Begleiter ist dabei die Gewässerkarte, die uns im Netzlosen Brandenburg anzeigt, wo wir uns gerade befinden. Außerdem hält sie so hilfreiche Informationen wie die Kilometerentfernung, Abschnitte mit Schleusen, Anlegeplätze et cetera parat. Vor allem auf die Anlegeplätze, Tankstellen für Hausboote sowie Häfen sollte Anfänger achten, denn das Ankern mitten auf den Gewässern ist verboten und bei einem längeren Urlaub muss man irgendwann mal tanken beziehungsweise das Frischwasser auffüllen und den Abwassertank entleeren – wer schon mal mit dem Camper in den Urlaub gefahren ist, weiß, wovon ich spreche.
Unser Ziel für den ersten Tag ist daher der Anlegeplatz vor dem Gasthaus Zur Fähre in Zehdenick. Gäste, die hier zu Abend essen, dürfen kostenlos über Nacht anlegen. Alle anderen zahlen je nach Länge des Bootes circa 13 Euro. Auf dem Weg dort hin kommen wir vorbei an pittoresken Gärten und hübschen Häusern, die mitten am Flusslauf liegen. Wir fahren heute zwar nur eine halbe Stunde, aber es ist so unfassbar schön hier, dass uns das nicht weiter stört. Weil es der Beginn der Saison ist, sind wir noch ganz allein und können beim Abendessen auf unserer kleinen Hausboot-Terrasse einen Sonnenuntergang genießen, der uns fast die Sprache verschlägt. Als uns die kleinen Fliegen am Wasser irgendwann zu viel werden, machen wir es uns im Lounge-Bereich des Bootes gemütlich und schauen durch die großen Fenster von drin dem Farbspiel am Himmel zu.
Tag 2: Durchs Naturschutzgebiet die Havel hinauf
Am zweiten Tag wachen wir früh mit den ersten Sonnenstrahlen auf und gehen noch vor dem Frühstück eine Runde im nahe gelegenen Bienathstich schwimmen. Der See liegt nur fünf Minuten Fußweg vom Anlegeplatz entfernt und wurde uns am Tag zuvor von der Besitzerin des Gasthauses empfohlen. Die Temperatur des Sees ist um diese Jahreszeit nur was für Hartgesottene, sodass ich einmal kurz eintauche und schnell wieder rausrenne. Zurück an Bord ist das Frühstück in der voll ausgestatteten Küche schnell zubereitet und nach dem Abwasch machen wir uns auf den Weg in Richtung Kuhwall See.
Hier zeigt sich die Havel von ihrer schönsten Seite. Das Wasser ist spiegelglatt, sodass sich die Böschung und die Bäume am Ufer perfekt im Fluss spiegeln. Ein paar Schwäne schwimmen an uns vorbei, aufgescheuchte Enten kreuzen quer fliegend unser Boot, mit dem wir leise und andächtig die Szenerie beobachten. Ich fühle mich plötzlich steinalt und weise, weil ich noch vor ein paar Jahren dachte, dass mein Heimatbundesland todöde wäre. Jetzt werde ich eines besseren belehrt und hüpfe aufgeregt zwischen Terrasse und Bootsdach hin und her, um Fotos zu schießen.
Irgendwann biegen wir rechts in die Templiner Gewässer ab, um auf den Großen Kuhwall See zu gelangen, den wir nach insgesamt zwei Stunden Fahrtzeit erreichen. Ein paar Boote sind schon vor uns da, aber die sollen uns nicht weiter stören, denn der See ist groß genug für uns alle. Wir lassen den Tag langsam verstreichen, gehen baden, spielen Karten, blinzeln in die Sonne und überlegen, ob wir den Rest unseres Lebens auf einem Hausboot verbringen wollen. Der Sonnenuntergang ist ähnlich atemberaubend wie am Tag zuvor und als die Sonne untergegangen ist, legen wir mit dem Hausboot nahe der derzeit noch stillgelegten Schleuse Kannenburg an, über die man weiter bis nach Templin fahren könnte.
Tag 3: Havel-Romantik und Abreise
Um zum Wentowsee zu gelangen, müssen wir am dritten Tag fast den ganzen Weg zurück bis nach Zehdenick fahren. Kurz vor dem Gasthaus biegen wir rechts ab und passieren die Schleuse Marienthal zum Wentowkanal (Pro-Tipp: Die Schleuser freuen sich immer über ein kleines Trinkgeld), der durch den Ort Marienthal führt. Wir werden freundlich von links und rechts begrüßt, beobachten Kraniche und sind ganz froh, dass uns kein Boot entgegen kommt, denn wir nehmen mit dem Hausboot fast die Hälfte der Kanalbreite ein. Die gesamte Fahrt bis zum Wentowsee dauert fast drei Stunden, sodass wir froh sind, früh aufgestanden zu sein. Als wir nach einer Stunde am Ende des großen Sees ankommen, ankern wir in einer kleinen Bucht und frühstücken.
Der Wentowsee ist wesentlich größer als der Kuhwall See, sodass uns hier sogar Segelboote begegnen. Besonders beeindrucken mich die kleinen Wochenendhäuschen am Ufer des Sees, eine Mischung aus futuristischer Datscha und Stelzenhäuschen. Wir vertrödeln den Tag wieder, sonnen uns und lassen uns von den Wellen in einen leicht dösigen Zustand schaukeln. Ich könnte tatsächlich einen ganzen Urlaub so verbringen – einerseits weil das Leben auf dem Hausboot wunderbar einfach und unprätentiös ist, man beim Umherfahren aber viel von der Landschaft sieht. Andererseits hat ein Urlaub in Brandenburg den Vorteil, dass man hier im wahrsten Sinne des Wortes mal abschalten kann, vor allem das Handy, denn wer schonmal in Brandenburg unterwegs war, weiß, dass man hier notorisch keinen Netzempfang hat.
Da wir uns entschieden haben, schon Sonntagabend wieder nach Berlin zu fahren (normalerweise kann man die Hausboote übers Wochenende bis Montag buchen), machen wir uns gegen 15 Uhr wieder auf zum Heimathafen in Mildenberg, denn die Schleuse schließt 17 Uhr. Unser letztes Abendessen nehmen wir im Hafen zu uns, wo wir nach drei teifenentspannten Tagen wieder Abschied nehmen müssen von unserem neu lieb gewonnen Gefährt.
Infos zum Hausboot Urlaub
Die Bootschaft | Ziegelei 5, 16792 Zehdenick | Hausboot für ein Wochenende ab 540 Euro, für eine Kurzwoche 690 Euro, Skipper-Training: 60 Euro | Zur Website