Meet the Host – Susanna Falk aus dem Les Rochers in der Normandie

© Les Rochers

Zusammen mit Good Travel stellen wir in unserer neuen Reihe "Meet the Host" spannende Persönlichkeiten, Gastgeber*in und Hoteliers vor, die unseren Urlaub mit ihren außergewöhnlichen und nachhaltigen Hotels, Bed & Breakfasts, Ferienhäusern und Unterkünften zu etwas Besonderem machen. Wir wollen von ihnen wissen, wie sie sich ihren Traum erfüllt haben, was die schönsten Momente sind, die sie mit ihren Gästen erlebt haben und wo sie eigentlich selbst am liebsten Urlaub machen.

von Cécile Meier

Susanna Falk hat sich in der französischen Gemeinde Cerisy la Fôret gemeinsam mit ihrer Familie den Traum erfüllt, einen monumentalen Vierseithof nahezu originalgetreu wiederherzustellen, um ihn in seiner Pracht gemeinsam mit Gästen aus aller Welt zu teilen. Umgeben ist das Bed & Breakfast Les Rochers von Feldern und alten Obstbäumen, soweit das Auge reicht. Die Unterkunft wurde im 16. Jahrhundert vom Adel bewohnt und als Gutshof verwendet.

Angespornt von abenteuerlichen Plänen und nostalgischen Momenten ließen Susanna und ihr Mann Konstantin in den 90er-Jahren Zürich und ihre Nine-to-five-Jobs hinter sich. Der erste Besuch in Les Rochers überwältigte sie und sie blieben. Über zehn Jahre bauten sie Les Rochers um – das Landwirtschaftsgebäude verwandelten sie in stilvoll eingerichtete Gästezimmer mit Vintage-Objekten und Kunstwerken aller Art.

© Les Rochers
© Les Rochers

1. Susanna, wie und wann hast du diesen Ort in der Normandie gefunden?

Susanna: "Mein Mann und ich sind 1999 von Zürich nach Sizilien ausgewandert. Auf Lipari, einer der Äolischen Inseln, wo wir ein ehemaliges Fischerhaus restauriert hatten, wurde ein Jahr später unser Sohn geboren. Wir wussten sehr bald, dass es einen weiteren Wechsel brauchen würde, um unserem Sohn später eine breitere Auswahl an schulischen Möglichkeiten zu bieten. Die Normandie kannten wir von einem längeren Ferienaufenthalt, die Region hatte uns verzaubert. Wir begannen im Internet die Immobilienseiten zu durchforsten und reisten im Frühjahr 2004 in die Normandie. Bei einer Auswahl von drei Häusern war Les Rochers die Nummer eins."

2. Weißt du noch, was du gedacht hast, als du das Haus zum ersten Mal gesehen hast?

"Es war Liebe auf den ersten Blick. Wir mussten nach unserem Kaufangebot zwei Wochen lang die Antwort der damaligen Besitzer abwarten, eine qualvolle Zeit! Wir waren so in das Haus vernarrt. Entweder wir bekommen Les Rochers zugesprochen oder die Suche nach einem neuen Zuhause würde in einer anderen Region von vorne beginnen."

3. Was macht denn das Leben in der Normandie – fernab von eurem B&B natürlich – für dich aus? Warum hast du dich genau für die Region entschieden?

"Ich mag hier besonders die Verbindung von Elementen, die nicht als selbstverständlich zusammenpassen. In der normannischen Küstenlandschaft grenzen beispielsweise Wiesen und saftig grüne Felder mit weidenden Kühen an Sandstrände. Fährt man ein paar Kilometer ins Hinterland, beginnt eine liebliche Heckenlandschaft, welche die Nähe des Atlantiks nicht vermuten ließe, und doch hört man das Kreischen der Möwen. Innerhalb von wenigen Kilometern ändert sich nicht nur die Landschaft, sondern auch die Architektur. Während Villen aus der Gründerzeit die Küste der Seebäder säumen, fährt man landeinwärts an großen Bauernhöfen vorbei."

Es war Liebe auf den ersten Blick. Wir mussten nach unserem Kaufangebot zwei Wochen lang die Antwort der damaligen Besitzer abwarten, eine qualvolle Zeit!
Susanna Falk

4. Les Rochers ist ja wirklich ein riesiges Anwesen. Was waren nach dem Kauf die größten Hürden bei der Verwirklichung des B&B?

"Die größten Hürde waren der Umbau des Hauses. Mein Mann und ich haben Les Rochers in Eigenregie aus- und umgebaut. Der Umbau hat, mit Hilfe eines pensionierten Maurers und seinem Sohn, einige Jahre in Anspruch genommen. Altes Gemäuer verbirgt immer Überraschungen. Besonders schwierig war das Jahr, wo wir nicht wussten, ob auf Grund eines Materialfehlers alle Parkettböden ersetzt werden mussten. Das Warten auf die Antwort der Versicherungen und die Reparatur der Böden haben uns Monate gekostet."

5. Was sind die täglichen Herausforderungen für dich als Gastgeberin?

"Trotz der acht Jahre Training, aus Schlüsselmomenten mit Gästen die individuellen Bedürfnisse rauszufiltern, kann ich mich immer noch täuschen. Je schneller ich aber die Wünsche erkenne, desto wohler fühlt sich der Gast. Manche Reisende sind gerne für sich alleine und haben die Zeit bei uns schon voll durchgeplant. Für andere wiederum gehört es zur 'Ferienerfahrung', die Besitzer des Hauses kennenzulernen und die Gestaltung ihres Aufenthaltes uns zu überlassen, von den Tagesausflügen bis hin zur Auswahl der Restaurants."

© Les Rochers
© Les Rochers
6. Wie sieht ein normaler Arbeitstag bei dir aus?

"Ich stehe jeden Morgen um halb sieben auf und gönne mir in aller Ruhe einen ersten Kaffee. Allerdings guck ich dann schon schnell in die Mails, um zu kontrollieren, ob nicht während der Nacht eine wichtige Nachricht oder eine Buchung eingetroffen ist. Bis um halb neun muss das Frühstück fertig sein. Ich decke die Tische, fahre zum Bäcker ins Dorf, um Brot und Croissants zu holen, bereite zusammen mit meinem Mann die kleinen süßen und salzigen Naschereien zu, die wir jeden Morgen servieren. Manchen Gästen begegne ich nur während dem Frühstück, dies ist dann eine wertvolle Zeit, um sich kennenzulernen.

Am späten Morgen gehe ich einkaufen. Weiter als in den Nachbarort muss ich mittlerweile nicht mehr, wir bekommen mit wenigen Ausnahmen alle Produkte im Dorf. Wenn ich Zeit habe, mache ich einen kurzen Halt im Café oder in der Crêperie des Dorfes und genieße nochmals einen Kaffee mit Freunden. Der Nachmittag ist Wartezeit, bis die Gäste eintreffen. Ich nutze dann die Zeit, um Buchhaltungsarbeiten zu erledigen, Mails zu beantworten, Buchungen zu bearbeiten und Les Rochers im Internet lebendig zu halten. Nebenbei bereite ich die Küche der Auberge auf den Abend vor, damit sie die Gäste bequem benutzen können. Bei der Ankunft neuer Urlauber begleite ich sie ins Zimmer und versuche mit einem kurzen Gespräch herauszufinden, welches die Erwartungen an die Normandie als Ferienziel sind oder warum sie bei uns gebucht haben. Viele Gäste sehe ich wieder abends in der Küche. Abends ist für mich auch Familienzeit, ich bleibe aber immer abrufbar. Um Mitternacht schließe ich die Auberge und lösche die Lichter."

7. Was waren die schönsten, lustigsten oder absurdesten Momente, die ihr mit euren Gästen erlebt habt?

"Dazu könnte ich mittlerweile ein Buch schreiben! Ein paar skurrile Momente gab es mit Gästen aus anderen Kontinenten. Vor ein paar Jahren war eine japanische Familie bei ihrer Ankunft ganz verwundert darüber, dass Les Rochers keine Rezeption, keinen Pool und keinen Fitnessraum anbietet. Der Familienvater wirkte sogar ein bisschen verärgert! Ich lud die Familie zu einem Tee ein und verstand schnell, dass sie glaubten, ein Hotel gebucht zu haben. Vom Angebot des Bed & Breakfast hatten sie noch nie gehört. Nach meinen Ausführungen war die Erleichterung der Familie sichtbar zu spüren, das Gesicht des Vaters entspannte sich zusehends. Die 10-jährige Tochter interviewte mich sogar für eine Klassenarbeit und schenkte mir zum Abschied ein selbst gefaltetes Origami, das immer noch in der Auberge hängt."

© Les Rochers
© Les Rochers

8. Was ist dein persönlicher Lieblingsort in der Unterkunft?

"Ich verbringe viel Zeit in der Auberge. Im Sommer stehen alle Türen offen, es ist ein Kommen und Gehen. Manche Gäste lassen sich hier nieder, um in unseren Büchern zu stöbern oder auch mal um zu arbeiten. Aus der Küche kommen abends verlockende Geräusche und Gerüche, immer läuft Musik, der Raum bietet eine wunderbare Akustik. Im Herbst und im Winter kommt dann die Stille, der Holzofen sorgt für eine gemütliche Wärme. Ich arbeite viel hier am Computer, es ist der Ort im ganzen Haus, wo ich mich am besten konzentrieren kann."

9. Die Gäste kommen zu dir, um Urlaub zu machen und sich zu entspannen. Wohin fährst du selbst am liebsten in den Urlaub?

"Wir sind sehr verwöhnt von einem sehr schönen Landleben, da freuen wir uns auf ein Kontrastprogramm. Wir bereisen also gerne Städte, besuchen Museen und Galerien, setzen uns in die Kaffees und schauen einfach nur dem Rummel zu. Allerdings sehnen wir uns auch schnell wieder nach der Ruhe und der guten Landluft."

© Les Rochers

10. Du hast schon gesagt, dass ihr das Haus selbst ausgebaut habt und Produkte fast ausschließlich aus der Region bekommt. Warum ist Nachhaltigkeit heute wichtiger denn je?

"Wir leben in einem 500 Jahre alten Haus inmitten von 17 Hektar biologischer Graswirtschaft. Wenn man so nahe an und mit der Natur lebt, geht es unweigerlich um Respekt gegenüber dem, was über so viele Jahrhunderte erbaut und erhalten wurde, aber auch um die Gewissheit, dass wir uns an einem Scheidepunkt befinden. Nachhaltig zu arbeiten ist für uns eine Haltungs- und Gewissensfrage, aber auch eine Frage nach dem Sinn: Wir nutzen die Ressourcen vor Ort und setzen sie so sinnvoll wie möglich ein. Es ist ermutigend zu sehen, wie sich auch die Bedürfnisse unserer Gäste verändert haben. Viele reisen mit dem Zug an und mieten vor Ort einen Wagen. Viele erkunden die Umgebung mit Fahrrädern, die sie mitgebracht haben. Wir haben mehr E-Autos auf dem Parkplatz stehen denn je."

Wenn man so nahe an und mit der Natur lebt, geht es unweigerlich um Respekt gegenüber dem, was über so viele Jahrhunderte erbaut und erhalten wurde, aber auch um die Gewissheit, dass wir uns an einem Scheidepunkt befinden.
Susanna Falk

11. Zu guter Letzt, wie würdest du diesen Satz vervollständigen? "Um auszuwandern, braucht man ..."?

"... Fernweh! Mein Mann und ich sind beide Kinder von Auswanderern, wir sind mit diesem Lebensmodell aufgewachsen. Bei unserer Entscheidung nach Sizilien zu ziehen, war der Antriebsmotor der sehnliche Wunsch, einerseits in das Land unserer Kindheit zurückzukehren, andererseits ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Mit dem Umzug in die Normandie hat sich auch unser Bedürfnis verstärkt, an einem Ort zu leben, wo man der Natur sehr nahe ist."

Alle Infos zum Les Rochers

Les Rochers | Les Rochers, 50680 Cerisy-la-Forêt, Frankreich | ab 110 Euro pro Nacht | Übernachtung ab | Zur Website

Außergewöhnliche Hotels in Frankreich

La Mirande in Avignon
Ob während der Flitterwochen, zum Geburtstag oder als krönender Abschluss einer Reise – das La Miranda in Avignon ist die perfekte Unterkunft für besondere Anlässe.
Weiterlesen
Nachhaltige Ferienunterkünfte
Von der komfortablen Öko-Lodge über rustikale Cottages bis hin zu mondänen Chateaus – wir stellen dir 11 schöne und nachhaltige Ferienunterkünfte vor.
Weiterlesen
Zurück zur Startseite