Chemnitz – 11 Tipps, die euch von der sächsischen Stadt überzeugen werden

von Jan Kummer

In Chemnitz wird ein sächsischer Dialekt gesprochen, der auf Besucher häufig abstoßend oder gar furchterregend wirkt. Auch die sozialistische Vergangenheit der Karl-Marx-Stadt, sowie eine lange Industriemetropolen-Tradition werden ebenfalls meist als wenig sexy empfunden. Das Gute ist: Gentrifizierung ist hier tatsächlich noch ein Fremdwort. Bierbikes und Segways gibt es in Chemnitz nicht, Touristen sind nur selten anzutreffen. Wir haben 11 tolle Tipps von Jan Kummer, der die Stadt so gut wie kein Zweiter kennt, für euch, falls es euch doch mal nach Chemnitz verschlagen sollte. Diese Lieblingsorte beweisen nämlich, dass die Stadt doch nicht so langweilig ist, wie viele denken.

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1
Kaffee trinken im Jugendstilparadies

Den Tag beginnt ihr mit einem ausgiebigen Frühstück auf dem Kassberg. Das ist das angeblich weltgrößte, mindestens europagrößte, jedenfalls Deutschlands bedeutendstes Jugendstilviertel. Hier im Café Emmas Onkel könnt ihr selbst gebackene Torten und Kuchen essen und hervorragenden Kaffee trinken. Ein Blick in die gleich nebenan befindliche Papeterie Haamit lohnt sich immer, nicht nur, wenn man exquisites Einwickelpapier für Emmas Kuchen benötigt.

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2
Durch die Wildnis streifen

Immer noch innerhalb der Stadtgrenzen findet sich ein spektakulärer Urwald. Der Fuchsberg bietet die perfekte Kulisse für einen Westernfilm. Ruinen, Canyons, Wasserlöcher, Teufelsbrücken – alles vorhanden. Die Einheimischen nutzen das Areal wesentlich unspektakulärer: Sie gehen spazieren, sammeln Pilze und baden heimlich in den Steinbruchseen.

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3
Einen Schnappschuss am Monsterkopf aufnehmen

Die Osterinsel in der Südsee ist bekannt wegen ihrer berühmten Steinköpfe. Chemnitz hat das Karl-Marx-Monument. Ein Foto vor dem riesigen Bronzekopf ist ein Muss für alle Besucher. Gerüchteweise vermag der Schädel, falls die Stadt in Not gerät, Feuer oder auch Geld zu speien.

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4
Kunst schauen in der Galerie Borssenanger

Die wunderschöne Galerie Borssenanger ist in jedem Fall einen Besuch wert. In den Räumlichkeiten befand sich früher der Speisesaal der Hauptpost, danach einige Zeit der Club Atomino und nun kann man sich hier an ausgewählter zeitgenössischer Kunst erfreuen. Die Toiletten dort sind übrigens auch sehr sehenswert. Unverändert vom Vormieter übernommen, sind sie ein buntes Kabinett der unkommerziellen Wandgestaltung. Graffiti, Aufkleber und Tags künden vom Stand des Nachtlebens vor über zehn Jahren.

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5
Auf dem Schlossteich mit dem Schwanentretboot fahren

Zum gepflegten Herumlungern laden die Wiesen rings um den Schlossteich ein. Wer will, kann sich einen großen Plastikschwan ausleihen und damit das Gewässer erkunden. Das Gondeln mit so einem Gefährt sieht sehr majestätisch aus und man könnte sich fragen, warum Plastikschwäne nicht als Karosse für Elektroautos angeboten werden.

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6
Im Chemnitzer Untergrund wandeln

Die Stadt sieht auch von unten ganz passabel aus. Die Felsendome ist ein uraltes Bergwerk, in dem Kalkstein abgebaut, Munition hergestellt und Bier gelagert wurde. Heute kann man hier heiraten, Höhlentauchen oder sich von einer, manchmal unfreiwillig komischen Licht- und Tonshow begeistern lassen. Von einem der Gewölbe führt übrigens eine hölzerne Klappe direkt hinter den Tresen, der über dem Bergwerk befindlichen Ausflugsgaststätte. Manchmal denke ich darüber nach, was ein findiger Wirt mit so einer praktischen Verbindung in die Unterwelt alles anstellen könnte.

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7
Im Kosmonautenzentrum den Orbit erkunden

Seit 1964 befindet sich auf dem Schlossberg das Kosmonautenzentrum. Generationen von Einwohnern haben sich hier per Blitzkurs zum Kosmonauten ausbilden lassen. Ein simulierter Flug in einem schön patinierten Raumschiff-Cockpit aus den 70er Jahren ist der Höhepunkt eines jeden Besuches. Angesichts dieser optimalen Bedingungen fragt man sich, wieso die internationale Raumfahrt nicht längst von Chemnitzern dominiert wird. Vielleicht liegt es daran, dass das Kosmonautenzentrum von Kindern betrieben wird. Ernst blickende Minderjährige in Erwachsenen-Uniformen sind übrigens auch bei der Parkeisenbahn tätig, die ganz in der Nähe ihre Runden dreht.

Kaffee
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8
Softeis essen und Tiere streicheln bei Frollein Sommer

Bei Frollein Sommer kann man Softeis genießen, Limonade und Kaffee trinken. Das ist schön, aber nicht sonderlich spektakulär. Was dieses Straßencafé auszeichnet, ist ein bezauberndes Freiluftgehege für Kaninchen und Meerschweine. Hier kann man wunderbar gemütlich sitzen und den freundlichen Tieren bei ihren vermeindlich sinnlosen Tätigkeiten zuschauen.

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9
In der "Halle für Alle" stöbern

Wenn der Chemnitzer seine Wohnung preisgünstig und originell einrichten möchte, führt eigentlich kein Weg an den SBS-Hallen vorbei. Ein Trödel-Paradies von enormer Größe. Eigentlich könnt ihr hier den ganzen Tag beim Stöbern verbringen. Als Tourist ist man ja gewohnheitsmäßig eher unruhig und muss weiter zum nächsten Highlight.

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10
Filme schauen im Clubkino Siegmar

Plüschdrehsessel, Teppichbelag, goldene Vorhänge und Cocktailtische, das klingt nach einem schwülen Nachtclub. Stattdessen findet ihr hier das Clubkino Siegmar. Dort, im gemütlich knarrenden Sessel für einen moderaten Preis, einen anspruchsvollen Film zu sehen gehört seit Jahrzehnten zur Chemnitzer Folklore. Im Dachgeschoss befindet sich nebenbei gesagt die Chemnitzer Filmwerkstatt, ein Hotspot der sächsischen Independent-Filmkultur.

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11
Ausgehen im Atomino

Einen ereignissreichen Tag beendet man gerne im Club Atomino. Der Laden befindet sich in zentralster Lage, im Keller des Kulturkaufhauses Tietz. Konzerte, Partys, Lesungen, Spiel und Sport, das Club-Programm ist charmant und vielfältig. Hier trifft man stets nette Menschen vor und hinter dem gewaltigen Bartresen. Wenn einem mal nicht nach Kommunikation zumute ist, konzentriert man sich auf die Ornament-Tapete und taucht ab in eine ideale atomare Welt.

Titelbild: © Ernesto Uhlmann

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