11 hilfreiche Tipps für deinen "Urlaub mit Rollstuhl"
von Kim Lumelius
Barrierefreies Reisen gewinnt weltweit immer mehr an Bedeutung. Eine Auszeit vom Alltag tut nämlich nicht nur der Seele gut, im Urlaub kann auch der Körper wieder Energie tanken. Seit einigen Jahren bin ich gemeinsam mit meiner Lutzi, so habe ich meine Rollstuhl getauft, unterwegs – immer auf der Suche nach rollstuhlgerechten Urlaubs- und Ausflugszielen, die ich dir auf wheeliewanderlust.de empfehle. Dank moderner Fortbewegungsmittel und dem wachsenden Angebot für barrierefreie Unterkünfte werden Reisen mit Rollstuhl zwar zunehmend attraktiver. Dennoch stoßen Menschen mit Behinderung nach wie vor auf viele Barrieren. Von meinen teilweise recht abenteuerlichen Reisen habe ich dir 11 Tipps mitgebracht, die dir sowohl bei der Buchung als auch während deines Urlaubs mit Rollstuhl eine Hilfe sein werden.
1. Melde den Mobilitätsservice bei der Bahn an
In die ICEs der Deutschen Bahn gelangt man nur über drei Stufen. Wer mit Rollstuhl im Zug verreisen möchte, sollte daher mindestens 24 Stunden vor Fahrtantritt den Mobilitätsservice buchen. Darüber kannst du nicht nur kostenlos die Sitzplatzreservierung für einen Rollstuhlstellplatz vornehmen, sondern auch einen Hublift anfordern, der Rollstuhlnutzer*innen barrierefrei in den Zug befördert. Die Einstiegshilfen für den Zug gibt es natürlich nicht nur bei der Deutschen Bahn, sondern auch in unseren europäischen Nachbarländern. Noch einfacher ist es in Dubai oder Japan, da man hier direkt ebenerdig in Züge einsteigen kann und nicht auf technische Hilfsmittel angewiesen ist, was eine selbstbestimmte und spontane Fahrt für Rollstuhlfahrer*innen überhaupt erst möglich macht.
2. Nutze die DB Bahnhof Live App
Neben einer zuverlässigen Einstiegshilfe für die Bahn sind für eine reibungslose Zugreise funktionierende Aufzüge an den Bahnhöfen unerlässlich. In Deutschland sind bisher circa 80 Prozent der Bahnhöfe stufenfrei beziehungsweise mit Aufzügen ausgestattet. Wenn du gern im Vorfeld der Fahrt checken möchtest, ob auf dem Abfahrts- oder Umstiegsgleis der Fahrstuhl funktionstüchtig ist, dann nutze die App DB Bahnhof live. Hier kannst du zwischen 5400 Bahnhöfen filtern. In der Kategorie „Aufzüge“ wird deren Funktionstüchtigkeit angezeigt und unter „Ausstattung“ findest du Informationen zur Barrierefreiheit.
3. Nimm den Nachteilsausgleich in Anspruch
Menschen mit Behinderung können bestimmte Nachteilsausgleiche in Anspruch nehmen. Der Ausgleich ist abhängig von dem Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis. Mit einem H (hilflos) und Bl (blind) beispielsweise ist die Wertmarke für die Beförderung im ÖPNV kostenlos. Ein B im Ausweis steht für eine Begleitperson, auf die einige Menschen mit Behinderung angewiesen sind. In diesem Fall ist die Mitnahme einer Begleitperson im Zug kostenlos. Das Gleiche gilt bei (meist öffentlichen) Einrichtungen wie Museen, Parks oder anderen Sehenswürdigkeiten, dort ist die Eintrittskarte für eine Begleitperson ebenfalls kostenfrei.
4. Nimm den Blauen Parkausweis mit
Nur Personen, die Inhaber*in eines blauen Parkausweises sind, dürfen auf ausgewiesenen Behindertenparkplätzen parken. Der Ausweis gilt in allen Ländern der Europäischen Union, also nimm diesen unbedingt mit in den Urlaub, wenn du einen Mietwagen buchen willst. Den blauen Parkausweis für Behinderte kann jede*r beantragen, die*der einen Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen aG (außergewöhnlich gehbehindert) oder Bl (blind) besitzt.
5. Finde rollstuhlgerechte Orte mit der Wheelmap
"Wheelmap" ist eine App, in der man rollstuhlgerechte Orte finden und markieren kann. Mit Hilfe des Ampelsystems erkennt man auf den ersten Blick, ob ein Ort barrierefrei zugänglich ist, und auf den zweiten, ob es auch eine rollstuhlgerechte Toilette gibt. Die App lebt von der Teilnahme ihrer Nutzer*innen, jede*r kann rollstuhlgerechte Orte markieren und mit Bildern versehen.
6. Kaufe den Euro-Schlüssel
Der Euro-Schlüssel passt EU-weit auf alle Behindertentoiletten. Somit können Menschen mit Behinderung oder auch Darmerkrankungen WC-Anlagen an Autobahnen, Bahnhöfen und öffentlichen Einrichtungen jederzeit und unabhängig öffnen. Der Euroschlüssel kann für ein Pauschale von 23 Euro bei den Erfinder*innen, dem "CBF = Club Behinderter und ihrer Freunde", erworben werden.
7. Passe bei Google Maps die Routenoption an
Um in einer fremden Stadt von A nach B zu kommen, nutze ich, wie sicher viele, gerne Google Maps. Bei der Variante “ÖPNV” kannst du unter "Routenoptionen" die Auswahl rollstuhlgerecht treffen. Es werden dir folglich nur Fortbewegungsmittel angezeigt, die auch mit Rollstuhl zugänglich sind.
8. Buche rollstuhlgerechte Hotelzimmer
Mittlerweile findet man erfreulicherweise auf vielen Hotelbuchungsportalen Filtermöglichkeiten wie “behindertenfreundlich” oder “barrierefreies Zimmer”. Aber Vorsicht bei den Begrifflichkeiten: Damit ist nicht immer gleich “rollstuhlgerecht” gemeint. Barrierefreiheit ist dann gegeben, wenn jeder Mensch ohne fremde Hilfe beispielsweise einen Ort begehen oder eine Sache nutzen/wahrnehmen kann. Das heißt, sowohl Menschen mit Gehbehinderung, aber auch Menschen mit einer Seh- oder Hörbehinderung. Ich empfehle, die Details der Zimmerausstattung (Türbreite, Haltegriffe an der Toilette, Duschsitz etc.) immer direkt mit der jeweiligen Unterkunft zu besprechen, um sicher zu gehen, dass dich vor Ort keine Barrieren erwarten.
9. Bordrollstuhl im Flugzeug
Das wichtigste bei einer Flugreise ist die rechtzeitige Anmeldung der gewünschten Hilfeleistung und deines mitgebrachten Hilfsmittels (Rollstuhl, Katheterflüssigkeit, Medikamente, Sauerstoff etc.) bei der Fluggesellschaft. Gerade bei einem elektrischen Rollstuhl wird gerne nach einem Transportzertifikat gefragt, das du von den jeweiligen Geräteherstellern erhältst. Ein normaler Rollstuhl passt nicht durch die engen Sitzreihen im Flieger, darum wird man vor dem Boarding in einen Bordrollstuhl umgesetzt, mit dem du bis zu deinem Sitz und gegebenenfalls auch zur Toilette gefahren wirst. Dein eigener Rollstuhl wird separat im Sperrgepäck verladen.
10. Hilfsmittel zum Baden
Gehst du gerne schwimmen, hast aber Schwierigkeiten, ins Wasser rein- und wieder rauszukommen? Im Pool sind meistens die Treppen für Rollstuhlfahrer*innen hinderlich und am Strand macht einem der Sand zu schaffen, in dem man mit Rollen gerne mal stecken bleibt. Es gibt mittlerweile auch hierfür tolle Hilfsmittel, die es Menschen mit Behinderung einfach machen, ins Wasser zu gelangen. Es gibt beispielsweise Hotels, deren Schwimmbäder mit Poolifts ausgestattet sind, und Strände, die mit Holzstegen und Strandrollstühlen punkten können.
11. Trau dich!
Meine schönsten Erinnerungen und Begegnungen mit Menschen habe ich auf Reisen erlebt. Es gibt sie nämlich überall auf dieser Welt: freundliche, offenherzige und hilfsbereite Leute, die im Bedarfsfall gerne mal behilflich sind. Ich kann dir leider nicht versprechen, dass du – vermutlich genau wie in deinem Alltag immer noch zu häufig – nicht auf Barrieren stoßen wirst. Aber ich kann dir versichern, dass sich jede Reise lohnen wird und du mit glücklichen Momenten im Gepäck nach Hause kommst, die du so schnell nicht vergessen wirst.