Mit der Fähre nach Schweden: So unterhaltsam ist die Fahrt von Kiel nach Göteborg

© Sonja Koller

Ein tiefer, ohrenbetäubender Ton lässt mich zusammenschrecken. Es ist die wohl lauteste Hupe, die ich je gehört habe. Sie gilt den unzähligen kleinen Segelbooten, die rund um Kiel eine Feierabendrunde drehen. Nun müssen sie links und rechts an der großen Fähre vorbeifahren, die aufs offene Meer und in Richtung Schweden unterwegs ist. Es ist die Stena-Line-Fähre, auf der ich die nächsten 14 Stunden verbringen werde.

Fähre Kiel-Göteborg
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Fähre Kiel-Göteborg
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Keine Frage, mit dem Flugzeug wäre ich schneller am Ziel meiner Reise: Göteborg. Da ich Fähren aber nur vom Inselhüpfen in Griechenland kenne, wollte ich auch mal von Deutschland aus mit der Fähre in eine Reise starten. Was ich bei der Planung, bei der ich mir nochmal vor Augen rufe, wie lang 14,5 Stunden eigentlich sind, noch nicht wusste: Wenn man die Fähre boardet, beginnt der Urlaub schon bei der Anreise. Das klingt wie eine Floskel aus dem Reisebüro, stimmt in diesem Fall aber wirklich. Denn stundenlang an Deck zu stehen und aufs Wasser zu schauen, stimmt mich deutlich besser auf meine Reise ein, als es der Blick aus dem Mittelsitz in einem Flugzeug getan hätte.

Kreuzfahrt-Feeling auf der Fähre

An Deck genieße ich nicht nur den Blick auf die Sonne, die hinter den Segelbooten im Meer verschwindet, ich schaue mir auch jeden Winkel dieses gigantischen Schiffes an, das groß genug für eine Kreuzfahrt wäre. Dabei entdecke ich neben einer Open-Air-Bar und vielen Picknicktischen auch einen kleinen Minigolfplatz an Deck. Das wäre wohl eine Minigolf-Partie mit dem spektakulärsten Ausblick überhaupt – aber der Wind hier oben, auf dem 12. Stock der Fähre, ist viel zu stark dafür, weshalb sie leider ausfallen muss.

Fähre Kiel-Göteborg
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Fähre Kiel-Göteborg
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Auf dem Weg zu meinem Zimmer verlaufe ich mich – mehrmals. Die Zimmernummer, die auf meinem Ticket steht, ist fünfstellig, und ist ein Indiz dafür, wie viele Kabinen es hier geben muss. Meine Außenkabine ist klein, aber fein und mit zwei Betten und einer Couch ausgestattet. Bucht man eine Kabine für vier Personen, steht statt des Sofas ein weiteres Doppelbett im Zimmer, es wird dann also schon recht eng.

Fähre Kiel-Göteborg
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Fähre Kiel-Göteborg
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Abendessensschlacht mit Polonaise

Dann geht es auf in die Schlacht: Das Abendessen wird im Buffet-Restaurant ab 8 Uhr serviert und als ich mich schon einige Minuten vorher auf den Weg mache, sehe ich unzählige weiße Schöpfe. Pünktlich stürmen die deutschen Rentner*innen das Buffet, einige zieht es dabei ohne Umschweife zum Dessert. Ich gehe das viel “stilvoller” an und fülle mir erstmal ein Glas mit Rotwein aus dem Saftspender ein.

Das Abendessen wird noch unterhaltsamer, als die Polonaise, bestehend aus einem Hai und 30 Kindern, an meinem Tisch vorbeizieht. Währendessen esse ich einen ganzen Teller voll Käse leer, der, wie die anderen Speisen, überraschend gut schmeckt. Danach startet das Familienquiz, bei dem Karaoke natürlich nicht fehlen darf. Auf der Bühne wird “Rivers of Babylon” geträllert und die Abendgesellschaft soll raten, woher die Band Boney M. kommt. Hinweis für alle Mitglieder der Gen Z: Es ist natürlich Deutschland. Klingt wild, macht den Abend auf der Fähre aber viel unterhaltsamer als erwartet.

Fähre Kiel-Göteborg
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Fähre Kiel-Göteborg
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Wer ein romantischeres Dinner genießen will, kann das übrigens in einem weiteren Restaurant an Deck tun, an dem es etwas, naja, gesitteter zugeht. Daneben führt eine Treppe in die Truckers-Lodge, in der PKW-Fahrer*innen oder Fußgänger*innen strengstens verboten sind. Warum, bleibt offen. Einzig am Casino-Automaten im "Unterhaltungsbereich" treffen die beiden Welten aufeinander.

Auch bei Regen schön: die Schären vor Göteborg

Am nächsten Morgen quäle ich mich schon um 5.30 Uhr aus den Federn. Denn auf die Schären vor Göteborg habe ich mich besonders gefreut. Der kalte Wind, der mir an Deck ins Gesicht peitscht, weckt mich zumindest schnell auf und bald spüre ich einige Regentropfen. Also: Regenjacke an und einen Kurzausflug in den schwedischen Winter gemacht. Langschläfer*innen, zu denen ich eigentlich auch gehöre, können sich aber entspannen – denn die Schärengärten sieht man erst ungefähr in der letzten Stunde vor Ankunft in Göteborg um 9.15 Uhr.

Fähre Kiel-Göteborg
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Fähre Kiel Göteborg
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Kurz vor Ankunft glaube ich noch einmal, auf ein Desaster zuzusteuern. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie der Mast des Schiffes unter die große Älvsborgsbron passen soll. Wäre schade um die große Brücke an der Hafeneinfahrt von Göteborg, die ein bisschen an die Brooklyn Bridge oder deren kleine Schwester im Süden Kölns erinnert. Aber natürlich fährt die Fähre – wie jeden Morgen – ganz knapp unter der Brücke durch und legt in Göteborg an. Ich verlasse das Schiff über die Gangway – überrascht, gut unterhalten und mit einem Prospekt von Stena Lines in der Hand, in dem ich nachsehen will, welche der anderen Routen ich beim nächsten Urlaub austesten will.

Göteborg
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