Zahnrad- und Schmalspurbahnen: 11 Routen in Europa für Liebhaber*innen
Wenn man den Weg zum Ziel macht, beginnt der Urlaub schon, wenn man in der Bahn sitzt. Das ist zumindest für mich der Fall. Ich liebe es, mich langsam auf meine Destination einzustimmen und in eine meditative Stimmung zu kommen, während ich die Landschaft an mir vorbeiziehen sehe. Antrainiert wurde mir das von klein auf, denn ich bin in einer Eisenbahn-Familie groß geworden. Mein Urgroßvater war Lokführer, meinen Papa hat das so beeindruckt, dass er zum großen Bahn-Fan wurde. So haben wir unzählige Ausflüge gemacht, bei denen die Hauptattraktion die Bahnfahrt war. Bei diesen sogenannten Liebhaber-Bahnstrecken geht es also nicht darum, möglichst schnell von A nach B zu kommen, sondern um die Fahrt an sich, die nicht etwa in "normalen" ICEs oder ICs stattfindet, sondern in besonderen Zügen wie Schmalspur- oder Zahnradbahnen.
Während dieser Ausflüge war es nicht nur mein Papa, der aufgeregt durch die Waggons ging, um ja nicht den besten Blick auf die Strecke zu verpassen. Auch ich stand besonders gerne am Ausguck am hintersten Wagen und habe dabei die Zeit vergessen. Falls auch du jetzt Lust auf einen Ausflug der besonderen Art hast, habe ich 11 Tipps für besonders schöne Schmalspur- und Zahnradbahnrouten für dich.
1 Schaue aus den Panoramafenstern der Mariazellerbahn
Die Mariazellerbahn führt von Niederösterreichs Landeshauptstadt St. Pölten, die du von Wien mit dem Zug in 30 Minuten erreichen kannst, durch das malerische Pielsachtal bis ins Mariazellerland. 84 Kilometer tuckerst du mit der längsten Schmalspurbahn Österreichs durch den Naturpark Ötscher-Tormäuer mit seinen eindrucksvollen Ötschergräben. Besonders auf dem gebirgigen und sehr spektakulären Abschnitt von Laubenbachmühle bis Mariazell wirst du deinen Blick nicht vom Fenster lassen können. Immer wieder gibt es hier auch Themenfahrten wie den Märchen-Lesezug, der jeden Samstag im September fährt, oder den kulinarischen Genusszug. Ach, und im Winter kommst du mit der Bahn sogar auf die Piste.
2 Fahre mit der Schmalspurbahn durch die Vouraikos-Schlucht
Eine der schönsten Strecken, die du mit einem öffentlichen Verkehrsmittel auf der Peloponnes zurücklegen kannst, führt mit der Schmalspurbahn durch die atemberaubende Vouraikos-Schlucht. Die Tour beginnt in Diakofto, einem Küstenort, der in der Nähe von Patras liegt, und endet nach einer Stunde und 22 Kilometern in Kalavryta. Die Bahn wurde 1896 fertiggestellt und sollte ursprünglich mal bis nach Tripolis reichen.
3 Lerne Bulgarien in der Rhodopenbahn kennen
Wenn du mit durchschnittlich 25 Kilometern pro Stunde durch die Gegend fährst, hast du viel Zeit, die vorbeiziehende Landschaft zu bewundern. Im Falle der Rhodopenbahn sind das fünft Stunden lang malerische Gebirgslandschaften. Klingt nach den Alpen? Fast, die Schmalspurbahn fährt zwar durch Bulgarien, wird aber nicht zu Unrecht die „Alpenbahn des Balkans“ genannt. Die Bahn startet in Septemvri und endet in Dobrinishte, einem kleinen und ursprünglichen Bergdorf. Besonders spektakulär wird es zwischen Velingrad und Jakoruda, wenn sich die Bahn entlang von Serpentinen schlängelt und sich über Brücken und durch Tunnel hoch bis Avramovo kämpft, einem Bahnhof auf 1.267 Metern. Wenn du hier aussteigst, kannst du gleich weiter zum Gipfel wandern.
4 Fahre mit der historischen Schmalspurbahn auf den Brocken
Wer nicht zum Brocken hochlaufen kann oder will (Autos sind dort oben nämlich nicht erlaubt) oder einfach alte Züge liebt, der sollte eine Fahrt mit der Harzer Schmalspurbahn einplanen. Die Dampfloks der Eisenbahngesellschaft verströmen echte Nostalgie und passen perfekt zur urigen Stimmung im Harz. Auf drei unterschiedlichen Strecken pendeln die Harzquer-, Selketal- sowie die Brockenbahn, drei der sechs Endbahnhöfe sind zudem direkt an das Netz der Deutschen Bahn angebunden. Informiere dich vorab über die Fahrkarten und Preise, sonst wird es am Ende teuer.
5 Bestaune die Landschaft der Pyrenäen bei einer Fahrt mit der Artouste-Bahn
Nicht nur die Alpen kann man auf der Schmalspur erfahren, auch in den Pyrenäen gibt es mit dem Petit Train d’Artousteeine Schmalspurbahn, bei der du der spektakulären Bergwelt besonders nahe kommst. Die kleinen Züge, die aussehen, als würden sie eher in einen Freizeitpark als auf den Berg gehören, bringen dich von der Bergstation des Skigebiets Artousteauf 2000 Meter zum Stausee Lac d’Artouste. Die Strecke ist 9,5 Kilometer lang und verläuft immer wieder direkt an der Felskante. Eine Fahrt ist also nichts für schwache Nerven. Wenn du nach etwa über einer Stunde am Stausee ankommst, kannst du die Wanderschuhe schnüren und zu unzähligen Wandertouren durch den Nationalpark aufbrechen.
6 Tuckere mit der steilsten Zahnradbahn der Welt auf den Pilatus
Um auf den Hausberg von Luzern, den Pilatus, zu kommen, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder du nimmst die Luftseilbahn „Dragon Ride“ von Fräkmüntegg aus, die dich in wenigen Minuten hoch auf 2000 Meter bringt. Oder du fährst mit der historischen Pilatus-Bahn ab Alpnachstadt in 45 Minuten den Berg hoch. Wir empfehlen Letztgenanntes, denn schon seit dem 19. Jahrhundert tuckert die Zahnradbahn langsam durch unwegsames Gelände und gibt immer wieder den Blick frei auf den Vierwaldstättersee. Dabei ist die Bahn die steilste Zahnradbahn der Welt und überwindet 49 Grad Steigung. Wer mag, kann auch in vier Stunden den Pilatus hochwandern. Von oben hast du eine unglaubliche Sicht auf den Vierwaldstättersee.
7 Fahre mit der U Trinighellu-Schmalspurbahn zum Strand
Von Mitte April bis Mitte Oktober fährt auf Korsika eine Schmalspurbahn, wie sie sich wohl ziemlich viele Bahn-Fans erträumen: Nämlich eine, die bei jedem Badestrand der Strecke stehen bleibt. 22 Kilometer lang ist die Strandbahn U Tringhellu, was übersetzt so viel wie „der Zitternde“ bedeutet. Grund dafür sind die holprigen Gleise, die dich von der Hauptstadt Ajaccio bis in die Hafenstadt Bastia bringen. Dabei geht es für rund vier Stunden vorbei an traumhaft schönen Buchen und durch die Bergwelt der Insel mit ihren schroffen Bergen.
8 Lerne die Berge Großbritanniens auf dem Welsh Highland Railway kennen
Nostalgie ist ja immer ein wichtiger Aspekt für Fans von Schmalspurbahnen. Besonders interessant ist in dieser Hinsicht eine Fahrt mit Ffestiniog, der ältesten noch aktiven Eisenbahngesellschaft der Welt. Wir legen noch einen Superlativ drauf: Gefahren wird auf der längsten, denkmalgeschützten Bahnstrecke Großbritanniens, dem Welsh Highland Railway, auf dem die Schmalspurbahn vier Stunden vom walisischen Caernarfon nach Bleanau Ffestiniog unterwegs ist. Dabei geht’s am Snowdonia Nationalpark, Flusstälern und an einigen verlassenen Minen vorbei. Aber Achtung: Die Strecke wird nur zwischen März und Oktober bedient.
9 Fahre mit der Schafbergbahn vom See auf den Berg
Mit der Zahnradbahn vom See bis auf den Berg. Das klingt absolut traumhaft und geht mit der Bahn von St. Wolfgang, die dich vom Wolfgangsee auf den Schafberg in Oberösterreich bringt. Dabei braucht die Bahn nur 35 Minuten um 1.190 Höhenmeter zu überwinden. Die historischen Zahnraddampfloks zählen übrigens zu den ältesten, betriebsfähigen Loks der Welt. Vom Gipfel gibt’s einen wunderschönen Ausblick auf das Salzkammergut und bei klarem Wetter kannst du sogar Wolfgangsee, Irrsee, Mondsee, Fuschlsee und den Chiemsee sehen. Oben gibt es mit dem Ausblick auf das Höllengebirge über den Dachstein bis zum Watzmann ein beeindruckendes Bergpanorama.
10 Tuckere die spanische Nordküste entlang mit der längsten Schmalspurbahn Europas
Wer besonders großer Zugfan ist und möglichst viel Zeit auf den Schienen verbringen will, ist im FEVE im Norden Spaniens richtig. Denn hier wurden drei Bahnlinien zusammengelegt und die längste Schmalspurbahn Europas geschaffen. Die Route führt von Bilbao im Baskenland bis nach Ferrol an der Westküste Spaniens. Dazwischen: über 100 Haltestellen, steile Schluchten und eine grüne Berglandschaft. Weil es keinen Speisewagen gibt und die Fahrt bis zu 15 Stunden dauert, lohnt es sich, immer mal wieder auszusteigen und lokale Spezialitäten zu probieren.
11 Fahre mit der historischen Tram von Sóller ans Meer
Bei einem Besuch des kleinen Ortes Sóller an der Nordküste von Mallorca darf eine Fahrt mit der hölzernen Schmalspurbahn, dem "Roten Blitz", nicht fehlen. Die Bahn verbindet schon seit 1912 Sóller mit Port de Sóller. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden mit der Bahn die Orangen, die auf den unzähligen Hainen rund um Sóller wachsen, von den Feldern auf die Schiffe transportiert. Heute ist die Tram eines der schönsten Fortbewegungsmittel, denn sie fährt einmal komplett durch Sóller, vorbei an den Orangenhainen und weiter bis zum Meer. Die Fahrt dauert zwar leider nur 30 Minuten, ist aber jeden Cent wert.