Was ist eigentlich Trailrunning? – Kim Schreiber über das Rennen im Flow

© Thomas Marzusch

Wenn ich auf meinen Reisen Berge besteige und Touren zu den höchsten Gipfeln plane, fällt mir der Aufstieg meistens gar nicht so schwer. Klar, bergauf ist es anstrengend, aber für mich ist es leichter, sich an Felswänden hochzuziehen und dabei alle Gliedmaßen einzusetzen als auf dem Rückweg den Berg hinunter. Bergab habe ich das Gefühl, viel konzentrierter zu sein und eher auf meine Schritte achten zu müssen, um nicht abzurutschen oder das Gleichgewicht zu verlieren. So ist auch die Tour nach unten ins Tal immer eine kleine Herausforderung, zwar nicht unbedingt körperlich, aber mental. Deshalb entscheide ich mich manchmal ganz bewusst, die Berghänge hinunter zu rennen. Dabei komme ich in einen guten Flow und fühle mich so richtig befreit, wenn ich wie eine Gämse von Stein zu Stein hüpfe.

Dass es sogar eine Sportart gibt, die genau so aussieht, war mir bis vor Kurzem noch gar nicht bewusst – Trailrunning bezeichnet allgemein das schnelle Laufen in der Natur. Weil ich herausfinden wollte, was sich genau hinter dem Namen versteckt und ob ich mich vielleicht sogar selbst schon als Trailrunnerin bezeichnen dürfte, habe ich mich mit Kim Schreiber unterhalten. Die gebürtige Bayerin ist leidenschaftliche Trailrunnerin und läuft sogar für das adidas TERREX DACH Team. 

Kim, was genau ist Trailrunning und was hat dich dazu geführt?

"Trailrunning bezeichnet das Laufen fernab von Asphalt und Straße, also im Grunde genommen das Laufen in der freien Natur. Ich habe mehr oder weniger zufällig bemerkt, dass mir das Laufen im Gelände ganz gut gefällt und auch liegt. Ich wusste davor nicht, dass ich im Laufen einen Unterschied machen muss und bin eben einfach gelaufen. Heutzutage ist das ja eine wahre Definitionsschlacht: 'Trailrunning', 'Straßenlauf', 'Track and Field', 'Berglauf'. Ich laufe überall gerne. Beim Trailrunning hat mich jedoch die Abgeschiedenheit in der Natur begeistert und diese Ruhe, die einem das Treiben in der Innenstadt natürlich nicht bieten kann. Trailrunning ist außerdem in sich abwechslungsreicher und koordinativ anspruchsvoller als Joggen. Das technisch anspruchsvolle Terrain, der Mix aus bergauf und bergab, die Konzentration im Gelände – all das fällt beim Laufen auf der Straße mehr oder weniger weg oder leichter."

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Ist Trailrunning denn ein Extremsport?

"Ich würde es eigentlich nicht als Extremsport bezeichnen. Gerade weil es keine vorgeschriebene Geländebegebenheit gibt. Theoretisch läufst du schon auf einem Trail, wenn du Schotter unter den Füßen hast und keinen Asphalt. Aber natürlich kann Trailrunning, wie eigentlich jeder Sport auch, ins Extreme gehen. Wenn du dir die Profis anschaust, ist das auf jeden Fall extrem und eine unglaubliche Leistung."

Muss ich besonders fit sein, wenn ich Trailrunner*in werden möchte?

"Nein, du musst nicht besonders fit sein, aber man sollte natürlich Spaß an der Bewegung und am Laufen haben. Wer gerne in der Natur unterwegs ist, auch nichts gegen den ein oder anderen Höhenmeter hat und gerne fern von überfüllten Innenstädten und Wegen läuft, ist beim Trailrunning genau richtig. Durch regelmäßiges Training kommt die Fitness dann von allein."

Wie trainiere ich am besten fürs Trailrunning?

"Beim Trailrunning ist ein Mix aus Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer und Kraftausdauer wichtig. Bergintervalle für die Kraftausdauer, aber auch längere Läufe mit Höhenmetern für die Ausdauer und den Fettstoffwechsel sollten Teil des Trainingsplans sein. Außerdem kann Techniktraining helfen, zum Beispiel bergan oder auch bergab. Aber wie gesagt, für den Anfang geht es vor allem darum, über einen längeren Zeitraum am Ball zu bleiben und eine gute Grundlage aufzubauen."

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Brauche ich besonderes Equipment zum Trailrunning?

"Schuhe mit gutem Grip und aus festem Material wären ein sehr guter Anfang. Außerdem eine gute Regenjacke, eine Windjacke und vielleicht ein kleines Notfallset. Wetterfeste Ausrüstung und eine gute Laufweste sollten Teil des (längeren) Trainings sein, vor allem dann, wenn man im Gebirge unterwegs ist. Wer mag, kann mit Stöcken laufen und den Beinen einen Teil der Belastung abnehmen. Aber auch das ist Geschmacksache und besonders in den Anfängen nicht notwendig."

Läufst du allein oder empfiehlst du Anfänger*innen das Laufen in einer Gruppe?

"Das ist auch Geschmackssache. Ich persönlich laufe lieber allein, habe aber eine Zeit lang und besonders zu meinen Anfängen zwei Mal die Woche in einem Laufverein trainiert. Wenn man gerne gemeinsam mit anderen läuft und daraus Motivation zieht, spricht nichts gegen das Laufen in der Gruppe, im Gegenteil. Es pusht extrem, wenn man die Freude am Laufen mit anderen teilen kann und jemanden in der Gruppe hat, der einen mitzieht."

Trailrunning Kim Schreiber
© Thomas Marzusch

Wo ist Trailrunning überall möglich?

"Überall würde ich sagen. Ich bin da ziemlich einfach gestrickt und plane nur wenig im Vorhinein. Einfach Laufklamotten anziehen, ein paar Snacks einpacken und loslaufen. Die Trails finden sich dann von allein. Manchmal baue ich mir im Vorhinein eine Route und ziehe mir die GPX-Datei auf meine Uhr, dann bin ich auf der sicheren Seite und verlaufe mich nicht. Beim Trailrunning geht es ja darum, Neues zu entdecken und sobald es irgendwie nach Grün und Natur aussieht, ist der Trail meistens nicht weit. Du kannst deinen Trail alpin, also sehr technisch, gestalten oder auch schnell und laufbar wie zum Beispiel auf einem Forstweg. Einen Lieblingstrail habe ich nicht. Wenn du gerne läufst, läufst du überall gerne. Und es gibt so viele verschiedene Formen des Trailrunnings und jede*r Sportler*in kann frei nach Lust und Vorliebe wählen."

Gibt es einen Trail in Europa, den du Anfänger*innen empfehlen kannst?

"Ich kann das Innsbruck Alpine Trailrunning Festival für Anfänger*innen sehr empfehlen. Das ist ein schönes Event mit verschiedenen Distanzen. Von 7 bis 110 Kilometern ist da alles dabei und die Strecken sind technisch nicht so anspruchsvoll, dass man auf jahrelange Erfahrung zurückgreifen müsste. Die Organisation ist super und das Laufen in der Community macht Laune!"

Vielen Dank liebe Kim für deine Zeit und deine Expertise! Wir wünschen happy running!

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