Der Kampf um Low-Budget-Reisen: Warum ist Urlaub 2023 so teuer?

© Sonja Koller

Eigentlich wollte ich in diesem Sommer unbedingt nach London. Ich bin überzeugt davon, dass der Beat aus Straßenlärm und britischem Akzent genau im selben Takt schlägt wie mein Herz – deswegen ist eine regelmäßige Stippvisite für mich eigentlich Pflicht. Eigentlich. Denn als ich vor Kurzem nach Flügen suchte, rutschte mir besagtes Herz in die Hose. Bisher war London, wahrscheinlich auch wegen der vielen Flughäfen, eine der Städte, in die man immer günstig fliegen konnte. Doch diese Zeiten sind vorbei. 

London, Mailand, Mallorca – das war bisher die heilige Dreifaltigkeit, wenn es darum ging, günstige Flüge von Billig-Airlines zu finden. Aber ein Mailänder Freund erzählte mir, dass er kürzlich auf einmal Hunderte Euro für einen Flug in die Heimat ausgeben musste. Und auch meinem Freund ging es bei seinem alljährlichen Familienurlaub auf Mallorca erstmals so. 300 bis 400 Euro für einen Flug – für das Geld wären sie auch nach New York gekommen. Kein Wunder, laut dem Vergleichsportal Idealo wurden vor allem Flüge nach Italien im Vergleich zum letzten Jahr um 68 Prozent teurer. Und leider ist auch das 9-Euro-Ticket, das unseren Sommer 2022 in Sachen Reisen innerhalb Deutschlands gerettet hat, ein Ding der Vergangenheit.

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© Sonja Koller

Alles wird teurer, aber den Tourismus trifft es besonders

Klar, von Teuerung liest man seit letztem Jahr inflationsbedingt überall. Die Preise für Strom, Milch und Gemüse sind besonders stark gestiegen. Aber während Nahrungsmittel laut Verbraucherzentrale zwischen Juni 2022 und Juni 2023 im Mittel um 13,7 Prozent teurer geworden sind, trifft es die Tourismusbranche doppelt so stark. Laut des statistischen Bundesamts sind die Preise für internationale Flüge im Vergleich zum Vorjahr um 25 Prozent gestiegen. Ein europäisches Problem ist das übrigens nicht: Besonders stark war der Preisanstieg für Langstreckenflüge nach Asien oder Australien.

Auch Bahnfahren ist teurer geworden, der Preisanstieg ist aber nicht mit jenem für Flugtickets vergleichbar. Seit dem Fahrplanwechsel der Deutschen Bahn am 11. Juni 2023 zahlst du für Reservierungen statt 4,50 Euro nun 4,90 Euro und in der ersten Klasse fällt der automatisch reservierte Sitzplatz bei der Ticketbuchung weg. Wer eine Reservierung will, muss dann nochmal 5,90 Euro drauflegen. Nicht schön, aber nichts, was beim Budgetieren einer gesamten Reise großen Einfluss hat.

Die Nachfrage ist hoch, das Angebot gedrückt: Eine teuflische Kombination, wenn es um Preise geht.

Die Idee, wegen des Umweltschutzes ganz generell weniger zu fliegen, ist aber sowieso noch nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen – und auch die hohen Flugpreise können „Revenge Travel“ nichts anhaben. Das Phänomen beschreibt die Lust, die coronabedingten Reiseausfälle nachzuholen und nun wegen der „verpassten Jahre“ immer häufiger unterwegs zu sein. Laut des Luftfahrt-Tracking-Unternehmens Flightradar24 waren zum Sommerauftakt Anfang Juli 2023 mehr als 134.000 kommerzielle Flugzeuge in der Luft – so viele wie noch nie seit Aufzeichnungsbeginn. Neben der Inflation ist also auch die Nachfrage hoch, während die Hotellerie und Gastronomie europaweit immer noch mit Personalmangel zu kämpfen hat. Die Nachfrage ist hoch, das Angebot gedrückt: eine teuflische Kombination, wenn es um Preise geht.

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© Henri Rudolf

Revenge Travel und Low-Budget-Urlaub vertragen sich nicht

Nicht nur die Anreise sorgt für einen sorgenvollen Blick aufs Budget, auch vor Ort werden Reisen immer teurer. Besonders in Kroatien stiegen die Preise im Sommer 2023 nicht nur wegen der Inflation, sondern auch aufgrund der endgültigen Ankunft im Urlaubs-Mainstream und der Einführung des Euros rasant, was zu einer Stornierungswelle führte. Vermieter*innen mit leeren Hotelzimmern und Apartments sahen sich kurzzeitig dazu gezwungen, die Preise für ihre Unterkünfte um bis zu 50 Prozent zu reduzieren, was zu einem Domino-Effekt führte. Gäste stornierten ihre Buchungen anderswo, um die vielversprechenden neuen Angebote wahrnehmen zu können. 

Zumindest eine gute Nachricht kann ich für Abenteuerreisende verkünden: Die größten Preissteigerungen gibt es zum Glück nicht bei Individual-, sondern bei Pauschalreisen. Besonders Reisen in Deutschland, den Balearen oder Griechenland wurden von Reiseanbieter*innen deutlich teurer angeboten. Selbst recherchieren und buchen lohnt sich hier also umso mehr.

Günstig(er) Reisen heißt nun auch weit im Voraus planen.

Wer in Zukunft möglichst günstig verreisen will, muss die durch die Corona-Pandemie erlernte Spontanität in Bezug auf Reisen wieder über Bord werfen. Günstig(er) Reisen heißt nun auch weit im Voraus planen. Das sagt auch der Deutsche Reiseverband (DRV), der wegen der großen Nachfrage und den knappen Kapazitäten von Last-Minute-Urlauben abrät. Für meinen London-Trip fasse ich jetzt also den nächsten Frühling ins Auge – und rufe mir in Erinnerung, dass Vorfreude die schönste Freude ist. 

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