Weitwandern in Europa – 11 Wege, auf denen sich jeder Schritt lohnt

Letztes Jahr habe ich mich mit der erfahrenen Langstreckenwanderin Christine Thürmer über das Glück des Weitwanderns unterhalten. Seit einigen Jahren ist sie hauptsächlich zu Fuß unterwegs und hat dabei bereits über unglaubliche 50.000 Kilometer zurückgelegt. Ich selbst kann mit so einer Strecke nicht einmal annähernd mithalten, doch das Glück des Weitwanderns habe auch ich schon einige Male erfahren. Wer wirklich abschalten möchte, muss in die Natur gehen – und das am besten lange. Walk, eat, sleep, repeat – ich stelle dir 11 tolle Wege zum Weitwandern in Europa vor.

Großglockner_Österreich
© Annika Meindl

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Wandere vom höchsten Gipfel Österreichs bis an die Adria

Der Alpe-Adria-Trail zählt zu den eindrucksvollsten und abwechslungsreichsten Weitwanderrouten Europas. Bereits der Startpunkt ist spektakulär, denn die erste Etappe beginnt am Fuße des Großglockners, dem höchsten Berg Österreichs. Auf 43 Etappen führt der Weg rund 750 Kilometer vorbei an wunderschönen Seen und Bergen durch Kärnten, Slowenien und Friaul Julisch Venetien an die Adria nach Muggia. Doch keine Sorge, auch wenn die Gegend besonders beliebt unter adrenalinsüchtigen Bergsteiger*innen ist, musst du auf dem Alpe-Adria-Trail nur wenige Höhenmeter zurücklegen. Die Wanderwege sind durchgehend gut beschildert und die Etappen gut aufgeteilt, sodass du nicht mitten in der Nacht starten musst, um die Strecke bis zum Sonnenuntergang am Folgetag entspannt zurücklegen zu können.

© Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern | Thomas Grundner

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Schnuppere Meerluft auf dem Ostseeküstenwanderweg

Wandern oder doch lieber im Meer baden? Diesmal musst du dich bei deiner Urlaubsplanung nicht entscheiden, denn der Fernwanderweg E9 führt dich direkt an der Ostseeküste entlang. Es geht vorbei an einsamen Stränden, zu deiner Seite immer die blaue, manchmal auch raue See. In 14 Etappen kannst du von der Lübecker Bucht über die hübschen Hansestädte Rostock und Wismar bis zum schicken Seebad Ahlbeck auf der Insel Usedom wandern. Zwischendurch gönnst du deinen Füßen eine Pause und lässt es dir bei einem leckeren Fischbrötchen in einem der kleinen Küstendörfchen gut gehen.

Schottland,West Highland Way
© v2osk | Unsplash

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Laufe entlang des West Highland Ways durch die schottische Wildnis

Wilder noch als die Schott*innen, die du auf einem Trip nach Glasgow oder Edinburgh kennenlernst, ist die schottische Natur. Besonders gut kannst du diese auf einer Tour auf dem 150 Kilometer langen West Highland Way erleben. Die erste Etappe beginnt direkt in der schottischen Hauptstadt und führt in plus oder minus acht Tagen – besonders sportliche oder ambitionierte Läufer*innen brauchen manchmal auch nur fünf Tage – bis zum Zielstein in Fort William. Sanfte Hügel, grüne Wälder, weite Seen und mystische Moore und Sümpfe – der West Highland Way ist Schottlands ältester offizieller Weitwanderweg und wird nicht ohne Grund auch heute immer noch begangen. Jede Etappe erinnert wahlweise an Szenen aus Herr der Ringe oder Harry Potter und man wäre nicht allzu verwundert, wenn einem plötzlich ein Fabelwesen begegnen würde. Wer hier wandert, sollte gut ausgestattet sein, denn das Wetter ist absolut unberechenbar. Unterwegs kannst du dein Zelt aufschlagen und die Nacht unter dem Sternenhimmel verbringen oder in verschiedensten Unterkünften auf der Strecke nächtigen.

Pyrenäen,Frankreich,GR10
© Tim Oun | Unsplash

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Erkunde die Pyrenäen und hike vom Atlantik zum Mittelmeer

Endlose Stille, weite Ausblicke und sanfte Waldböden – die Grande Randonnée 10, auch als Pyrenäenweg bekannt, ist der Traum eines/r jeden Langstreckenwanderer*in. Der Fernwanderweg führt von Hendaye an der Atlantikküste bis ans Mittelmeer einmal entlang des Pyrenäenkamms. 60 Tage lang kannst du den Alltag vergessen und das viel zitierte "Pyrenäengefühl" erleben, während du den rot-weißen Markierungen am Wegesrand folgst und die 850 Kilometer zurücklegst. Spät nachmittags triffst du müde aber glücklich auf einer Schutzhütte, in einer Pilgerherberge oder den Gîtes d'Etappes ein. Die Nächte hier solltest du unbedingt reservieren! Weil du die meiste Zeit in höchsten Höhen unterwegs bist, empfiehlt es sich die Route ausschließlich in den Sommer- und frühen Herbstmonaten zu begehen und gut zu planen. Denn auch in dieser Zeit kann das Wetter schnell umschlagen.

Ungarn,Kektura
© Tamara Bitter | Unsplash

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Erlebe Ungarn auf einem der ältesten Fernwanderwege Europas

Im Norden Ungarns gibt es einen der ältesten Fernwanderwege Europas, genannt Kéktúra. Vor Ort ist die Route Kult, über die Landesgrenzen hinaus jedoch weitgehend unbekannt. Dabei ist ein Wandertrip hier wunderschön, denn die ungarischen Mittelgebirge sind extrem waldreich. Auf dem Weg kommst du an unzähligen Thermalbädern und am einzig aktiven Thermalsee der Welt vorbei, der das ganze Jahr über eine Durchschnittstemperatur von 25 Grad hat. Ideal, um geschundene Wanderfüße zu verwöhnen und harte Waden zu entspannen. Der Weg führt über 1100 Kilometern vom Gipfel Írottkő an der österreichisch-ungarischen Grenze über Budapest bis nach Hollóháza. Wer die Strecke verkürzen möchte, kann auch in der ungarischen Hauptstadt starten, denn von hieraus ist jeder Ort am Wegesrand mit den Öffentlichen relativ schnell zu erreichen. Und was viele nicht wissen: Außer in den Nationalparks ist das Wildcampen in Ungarn erlaubt.

Arrifana, Surfen Portugal
© Milena Magerl

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Entdecke die portugiesische Region Alentejo auf der Rota Vincentina

Hach, Portugal! Die Rota Vincentina ist eine der schönsten Weitwanderungen, die wir in den letzten Jahren gemacht haben. Die portugiesische Wanderstrecke ist zweigeteilt und du kannst entweder auf dem Historischen Weg vorbei an weiten Feldern und sanften Hügeln durch das ländliche Alentejo wandern oder den Küstenpfad von Fischerort zu Fischerort gehen. Vorbei am wilden Atlantik läufst du hier meist hoch oben an den Klippen, während dir eine mal sanfte, mal wilde Brise durchs Haar weht. Wenn du eher einen entspannten Urlaub an der Atlantikküste Portugals planst, aber gerne mal einen Tag lang wandern willst, können wir dir die kürzeren Rundwanderwege empfehlen, die du entlang der Strecke findest und die zu hübschen Stränden, tollen Aussichtspunkten und einsamen Orten führen.

Pfälzer Weinsteig_RLP_Hambacher Schloss_Wanderwege Deutschland
© Pixabay

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Wandere und trinke Wein auf dem Pfälzer Weinsteig

Ein Meer aus Rebstöcken ziert die sanften Hügel der Pfalz. Bei einer Tour auf dem Pfälzer Weinsteig kannst du deine Wanderleidenschaft mit deiner Liebe zur Weinkultur vereinen. Der 172 Kilometer lange Fernwanderweg führt dich, wie der Name schon verrät, durch herrlich duftende Weinberge, üppige Wälder und vorbei an alten Burgruinen und geschichtsträchtigen Orten wie dem Hambacher Schloss. Zwischendurch kannst du in den hübschen Winzerdörfern eine Pause einlegen und mit Kennermiene Wein aus der Region kosten. Packe dir eine Flasche als Proviant ein, wandere zum nächsten Aussichtspunkt und entkorke den guten Tropfen, während du über die Wingerte blickst und dir die Sonne ins Gesicht scheinen lässt. Besonders schön ist es hier auch, wenn im März die Mandelbäume blühen.

Türkei, Pilgern
© Huseyin Kaya | Unsplash

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Pilgere auf dem Paulusweg durch die Türkei

Weite Sandstrände und azurblaues Wasser – jedes Jahr reisen unzählige Tourist*innen an die Küste der Türkei. Doch wusstest du auch, dass es im Hinterland einiges zu entdecken gibt. Auf dem Paulusweg, der anders als viele Pilgerwege nicht auf einer weit in die Jahrhunderte zurück reichenden Tradition beruht, sondern erst in den 2000ern angelegt wurde, kannst du durch die wunderschöne Natur des Landes wandern. Auf 500 Kilometern kannst du hier von Perge, oberhalb von Antalya, bis nach Yalvaç in der Nähe des Eğirdir-Sees wandern und gut einen Monat lang die türkische Gastfreundschaft, leckerste Spezialitäten und atemberaubende Ausblicke genießen.

Nationalpark_Schweden_See
© Pixabay

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Nächtige an wilden Feuerstellen auf dem Pilgrimsleden in Schweden

Dunkelgrüne Wälder, klare Seen und hin und wieder ein typisch skandinavisches rotes Holzhäuschen – Schweden ist fast schon ein Synonym für Naturerleben, denn überall im Land finden sich weitläufige und größtenteils unberührte Gegenden. Auf dem Pilgrimsleden kannst du für einige Tage besonders intensiv in die schwedische Umgebung eintauchen. Oberhalb von Göteborg führt der alte Pilgerweg auf rund 80 Kilometern durch den Norden von Dalsland zu gigantischen Aussichtspunkten und durch unglaubliche Bilderbuch-Landschaften. Unterwegs kannst du im südlichen Abschnitt in Vandrarhemen (Herbergen), im nördlichen Teil sogar draußen an bereitgestellten Feuerstellen nächtigen.

Bocca di Stangu_Korsika_Frankreich
© Lukas Popp

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Wandere die beeindruckende Bocca di Stagnu hinauf

Rund 40 Prozent Korsikas stehen unter Naturschutz. Viele Teile im Landesinneren der Insel sind noch sehr naturbelassen und lassen sich am besten zu Fuß entdecken. Es gibt zahlreiche Wanderwege, die zum Erkunden der wilden Berglandschaften einladen. Dazu gehört auch der berühmte GR20, der zu den schwierigsten Fernwanderwegen Europas zählt. Auf Grund der unzuverlässigen Wetterverhältnisse in den luftigen Höhen der Bergregion Korsikas darf er nur in den Sommermonaten von Juni bis Mitte September begangen werden. Wer sich nicht gleich den schwersten Rucksack aufladen will, kann auch Teile des Wanderweges als Tagesetappe zurücklegen. Besonders schön ist die Besteigung der rund 2000 Meter hohen Bocca di Stagnu. Der Weg ist nicht ganz einfach und wer hier nach oben steigt, muss definitiv schwindelfrei sein, denn zum Aufstieg gehören auch einige fordernde Kletterabschnitte – so wird es aber auch nie langweilig! Und der Ausblick auf dem Gipfel ist einfach nur gigantisch. Oben angekommen kannst du sogar bis zu den schneebedeckten Spitzen des Monte Cintu – der höchste Berg Korsikas – blicken.

jakobsweg wandern hiken
© Austin Ban | Unsplash

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Finde auf dem portugiesischen Jakobsweg zu dir selbst

Von der Außenwelt abkapseln, den Alltagsstress hinter dir lassen und zu dir selbst finden – eine Pilgerreise entlang des Jakobswegs ist ein besonders schönes Erlebnis, von dem du auch viele Jahre später noch zehren und erzählen wirst. Doch weil Pilgern mittlerweile ein kollektives Hobby ist und der am meisten bekannte Camino de Santiago vor allem in der Hochsaison im wahrsten Sinne des Wortes überlaufen ist, empfehlen wir dir, stattdessen auf dem Caminho Português zu wandern. Du startest deine Pilgerreise in Lissabon und wanderst von dort gen Norden bis du nach rund 620 Kilometern, mit geschundenen Füßen, verschwitzt aber glücklich dein Ziel, die Kathedrale von Santiago de Compostela erreichst. Unterwegs lernst du jede Menge netter Leute kennen, erklimmst alleine oder gemeinsam steile Hänge, spazierst entlang kleiner Quellen und atmest immer wieder den Duft der Eukalyptuswälder ein. Damit dein Jakobsweg nicht zur Odyssee wird, haben wir dir 11 hilfreiche Tipps für deine erste Pilgerwanderung notiert. In diesem Sinne: Buen Camino!

Falls du nach dem Lesen jetzt den Impuls verspürst, deinen Rucksack zu packen, die Wanderschuhe zu schnüren und loszulaufen, möchte ich dir noch ein wesentliches Zitat von Christine mitgeben, das auch ich immer auf meinen wochenlangen Routen berücksichtigt habe: "Der große Luxus als Langstreckenwanderin ist eben nicht, möglichst viele Dinge mitzunehmen, sondern möglichst wenig tragen zu müssen." Happy hiking!

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