Sonja Koller Ist Perougés wirklich das schönste Dorf Frankreichs?
Ich trete durch das Stadttor von Perougés und fühle mich, als hätte ich eine Zeitreise gemacht: Neben mir reihen sich schmale Steinhäuser aneinander, an manchen von ihnen hängen alte Zunftschilder. Die Kopfsteinpflasterstraße windet sich an der Stadtmauer einmal im Kreis und nirgendwo ist ein einziges Haus zu sehen, das nicht aussieht, als stünde es mindestens schon seit dem Mittelalter an Ort und Stelle. Die Gallier sollen das Dorf gegründet und sogar 2500 Jahre v. Chr. könnten hier schon Menschen gelebt haben.
Perougés wurde – neben Gordes in der Provence, Mont Saint-Michel in der Normandie und sieben weiteren Orten – zu den schönsten Dörfern Frankreichs gewählt. Die Auszeichnung wurde von der Kommission Plus Beau Village de France ins Leben gerufen, um den Tourismus in kleinen, ländlichen Kommunen zu fördern.
Mit dem Regionalzug ins Mittelalter
Perougés liegt in der Nähe von Lyon und so fahre ich 30 Minuten mit dem Regionalzug die Rhone und schließlich ihren Seitenarm Ain entlang, bis ich in Meximieux ankomme. Von dort muss ich noch etwa 20 Minuten bis Perougés spazieren. Die Stadtmauer mit ihren aus der Zeit gefallenen Häusern sehe ich schon von Weitem, denn die Festungsstadt liegt auf einer kleinen Anhöhe. An diesem Donnerstagmittag im Frühling bin ich fast alleine. Dass hier nur eine Handvoll Tourist*innen unterwegs ist, dürfte ein Glücksfall sein. Die Menge an Restaurants in dem Dorf lässt erahnen, dass die Gassen im Sommer weitaus voller sind.
Entlang der gebogenen Straßen sehe ich überall Postkartenmotive. Fast, als wäre ich in einer aufwändig gestalteten Themenwelt im Vergnügungspark gelandet. Die Szenerie ist so überzeugend, dass hier mehrere Filme gedreht wurden, darunter auch Die drei Musketiere. Immer wieder komme ich an kleinen Ateliers und Geschäften vorbei, auch die Tür einer Werkstatt steht offen und ich kann beobachten, wie ein alter Mann Metallskulpturen fertigt, die im Laden gegenüber verkauft werden. Als Perougés vor über 5000 Jahren erbaut wurde, verlief die Einkaufsstraße der Stadt über den Hauptplatz Place de Tilleul, was auf Deutsch “Lindenplatz” bedeutet. Heute befinden sich hier neben kleinen Läden gleich drei Restaurants und das Dorfmuseum. „Ouvert à partir d’avril“, steht da – geöffnet ab April. Schade, ich komme am vorletzten März-Tag.
Lohnt sich ein Besuch in Perougés?
Ins malerische Bild passt allerdings nicht, dass es im Dorf auch einige wenige Häuser gibt, die verfallen oder zumindest nicht besonders liebevoll hergerichtet wirken. Wer nicht genau hinschaut, kann sie aber leicht übersehen. Normales oder authentisches französisches Leben wirst du hier nicht finden, eine schöne Kulisse aber ist Perougés auf jeden Fall.
Pérouges selbst ist zwar sehenswert, aber wirklich klein, eigentlich hast du die Stadt in einer halben Stunde gesehen. Wenn du traditionelle französische Küche kennenlernen willst, dann kehre unbedingt noch ins Auberge Du Coq Pérouges ein. In der Hochsaison lohnt es sich, zu reservieren, denn das Restaurant ist auch bei Einheimischen beliebt. Auf der kleinen Karte finde ich zum ersten Mal überhaupt in Frankreich Froschschenkel. Ich traue mich nicht, sie zu probieren und bestelle stattdessen eine Muschel-Creme mit Curry und den Fisch des Tages. Die richtige Wahl: Beide Gerichte sind wirklich eine Geschmacksexplosion. Zum Abschluss will ich mit der Galette de Pérouges das traditionelle Dessert des Orts kosten. Der Kuchen besteht aus Zucker, etwas Zitrone, Butter und einem dünnen Teigboden. Serviert wird er hier lauwarm mit saurem Kompott und einem Klecks Milchcreme. Fazit: Kann man probieren, muss man aber nicht. Besonders aufregend finde ich Galette de Pérouges nicht.
Um dir nach dem Essen die Füße zu vertreten, kannst du von Perougés einige Wanderungen in die Umgebung unternehmen. Vor der Stadtmauer gibt es eine Karte, auf der mehrere Wanderwege eingezeichnet sind, die zwischen zwanzig Minuten und drei Stunden dauern. Wenn du Mittelalter-Fans in der Familie hast, dann plane deinen Besuch rund um das zweite Juniwochenende, wenn hier das alljährliche Mittelalterfest stattfindet. Außerdem werden hier ein Frühlingsmusikfestival, ein Sommermarkt und Theaterführungen bei Nacht veranstaltet. Alle Events findest du hier.
