Urlaub im Herbst und Winter – Können wir uns das noch erlauben?

© Gabriella Clare Marino | Unsplash

Stand: 26.10.2020

Für ein herbstlich-hyggeliges Wochenende mit dem Zug nach Kopenhagen, auf der Suche nach Schneegestöber zum Skifahren in die Alpen oder zum Sonne tanken auf die Kanaren – und natürlich über die Feiertage in die Heimat, um mit den Liebsten gemütlich unter dem Tannenbaum zu sitzen und sich ausschließlich von Plätzchen und Raclette zu ernähren. In den letzten Jahren wären uns so einige Reiseziele in den Sinn gekommen, um dem berühmten nasskalten Grau zu entfliehen und das Jahr gebührend ausklingen zu lassen, doch wie sieht die Reiseplanung für Herbst und Winter eigentlich im Jahr 2020 aus?

In einem Jahr, in dem kleine und große Reisen von Risikogebieten, Testergebnissen und Hygieneregeln geprägt sind? In einem Jahr, in dem das Wort "Urlaub" immer im Zusammenhang mit "Unsicherheit" und "Unplanbarkeit" ausgesprochen wird? Kann man derzeit überhaupt reisen? Und wenn ja, wohin? Ist eine Auszeit am Meer die bessere Alternative zur Stadt? Ist es klüger, sich irgendwo im Nirgendwo fernab der Zivilisation einzumieten oder sollten wir am besten einfach alle Winterschlaf halten und auf ein besseres 2021 hoffen? In Anbetracht täglich steigender COVID-Infektionszahlen und sich ständig ändernder Maßnahmen, haben wir versucht, dir die wichtigsten Informationen zusammenzustellen, damit du gesund durch die kalte Jahreszeit kommst.

Reisen während einer Pandemie: Wie gefährlich ist das eigentlich?

Angela Merkel appelliert in ihrem (Video-)Podcast sogar gleich zwei Wochen hintereinander an alle Bürger*innen, die privaten Kontakte zu reduzieren und den Heimatort nicht zu verlassen, weil die Infektionsketten sonst nicht mehr nachvollziehbar seien. Prof. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) äußerte sich Mitte Oktober im Bezug auf die Reisebeschränkungen noch kritisch: "Das Problem entsteht nicht durch das Reisen, sondern was man macht, wenn man verreist ist, also die Reiseart", sagt der Virologe im ZDF-Interview. Damit bezieht er sich vor allem darauf, dass wir sowohl im Inland als auch im Ausland weiterhin unbedingt darauf achten müssen, die AHA-Regeln (Abstand, Hygiene und Alltagsmaske) einzuhalten und regelmäßig zu lüften. Das schon einmal vorab.

Camping Apulien, Ford Nugget, Apulien, Baia Calenella, Gargano, Italien
© Charlott Tornow
Das Problem entsteht nicht durch das Reisen, sondern was man macht, wenn man verreist ist, also die Reiseart.
Prof. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit

Im Gegensatz zu Veranstaltungen mit mehreren hunderten Teilnehmer*innen sei eine private Reise mit dem Auto ins Ferienhaus weniger gefährlich, erklärt er. Und das leuchtet ein und widerspricht dem Aufruf zur Kontaktbeschränkung seitens der Bundesregierung grundsätzlich erst einmal nicht. Die Studie des RKI (Stand: 17. September 2020) hat das Infektionsumfeld der Covid-19-Ausbrüche in Deutschland untersucht. Die Daten zeigen, dass vor allem der private Raum, in dem wir diese Regeln außer Acht lassen und zum Beispiel enge Freunde umarmen, die wir schon länger nicht gesehen haben, ein hohes Ansteckungsrisiko darstellt. Doch wer sich in den letzten Wochen am Flughafen oder am Bahnhof aufgehalten hat, wird sicher bemerkt haben, dass die Einhaltung und Kontrolle dieser Regeln auch im öffentlichen Raum teilweise stark variiert – von vorbildlich über nachlässig bis zu nicht vorhanden ist alles dabei.

Sperrstunden, Beherbergungs- und Alkoholverbote: Unterwegs in Deutschland

Als die ersten Lockerungen zu Beginn der Pandemie erfolgten, haben wir geraten, nicht über die Landesgrenzen hinaus zu reisen und stattdessen wieder den sicheren Heimathafen Deutschland zu erkunden. Doch nun sieht genau dieser Reiseraum ziemlich unsicher aus, denn auch deutschlandweit entstehen weitere Corona-Hotspots. Nicht nur die Großstädte Berlin, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln und München haben die kritische Marke der 50 Neuinfektionen pro 100. 000 Einwohner in sieben Tagen überschritten, sondern auch die meistens Landkreise auf der Deutschlandkarte sind bereits rot eingefärbt. Ab Dienstag befindet sich neben Berchtesgaden auch der niederbayerische Landkreis Rottal-Inn erneut im Lockdown.

Auf der Website der Tagesschau findest du mehrere interaktive Karten, die auf den Angaben des Robert-Koch-Instituts basieren und eine gute Übersicht der Lage ermöglichen. Indem du ein Bundesland oder einen Landkreis auswählst, erhältst du Infos zu den tagesaktuellen Covid-19-Infektionszahlen. Denn wer Urlaub innerhalb Deutschlands machen will, muss die Regeln des jeweiligen Bundeslandes beachten.

Wo gilt das Beherbergungsverbot denn nun und darf ich noch privat übernachten?

Auch die Beherbergungsverordnungen sind Ländersache. Weil die Bundesländer sich nicht einigen konnten, wurde eine einheitliche Regelung bis zum 8. November vertagt. Derzeit gilt das Beherbergungsverbot ausschließlich in Sachsen-Anhalt. Urlauber*innen, die jedoch einen negativen Test vorlegen können, der nicht älter als 48 Stunden ist, dürfen übernachten. Privatbesuche mit Übernachtung sind von diesem Verbot ausgeschlossen. Das bedeutet, du kannst weiterhin deine Familie besuchen oder bei Freunden nächtigen.

Welche Risikogebiete gibt es in Europa und wo kann ich noch hinreisen? (Stand 26.10.2020)

Europaweit orientiert sich die Corona-Kurve wieder nach oben und die Liste der Risikogebiete deklarierten Länder und Regionen wird immer länger. Neben der vom ECDC eingeführten Corona-Ampel, die anhand der Signalfarben zeigt, wie hoch das Risiko europaweit ist, ist auch die interaktive Plattform der EU sehr hilfreich. Hier kannst du das Zielland deiner Reise eingeben und erhältst alle Infos, um deinen Urlaub sicher zu planen. Eine weltweite Übersicht bietet die interaktive Karte der Johns Hopkins University. Weiterhin gilt: Du kannst bereits gebuchte Urlaube stornieren, wenn dein Reiseziel zum Risikogebiet ernannt wurde und automatisch eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes ausgesprochen wird.

Welche Beschränkungen gelten in den jeweiligen Ländern Europas?

Grundsätzlich gilt, wenn du reist, musst du meist Kontaktinformationen hinterlassen und offen legen, wo du dich in der letzten Zeit aufgehalten und welche früheren Reiseziele du besucht hast. Das gilt fast ausschließlich für alle beliebten Urlaubsländer der Deutschen, darunter die Regionen Apulien, Kalabrien, Sardinien und Sizilien in Italien, Großbritannien, Griechenland, Polen, Portugal und Spanien.

In den meisten Ländern Europas wurden neue Regelungen für das öffentliche Leben eingeführt. So gilt beispielsweise in mehreren französischen Städten, darunter auch die Hauptstadt Paris, ab 21 Uhr abends bis 6 Uhr morgens eine Ausgangssperre. Auch in Italien finden keine Partys mehr statt, nach Mitternacht müssen Restaurants und Kneipen dicht machen und überall gilt Maskenpflicht im Freien. In den Niederlanden herrscht ebenfalls eine landesweite Maskenpflicht und sogar ein Lockdown ähnlicher Zustand: Alle Cafés, Restaurants und Bars mussten schließen und auch im privaten Wohnraum dürfen nur noch maximal drei Gäste pro Tag empfangen werden. Die Nutzung der Öffis soll möglichst unterlassen werden. Wales befindet sich offiziell bis 9. November im Lockdown und Irland bis 6. Dezember. Die Schweiz hat seit Mitte Oktober die Bundesländer Berlin und Hamburg als Risikogebiete deklariert. Wenn du aus einer der beiden Großstädte einreist, musst du dich vor Ort für zehn Tage in Quarantäne begeben. Weitere Infos zu allen Ländern Europas findest du auf den Seiten des Auswärtigen Amts.

Was gilt für Reiserückkehrer*innen?

© Bunderegierung

Betrachtet man die aktuellen Entwicklungen wäre ein Urlaub auf Lanzarote oder Gran Canaria also generell wieder möglich, doch wie sicher und verantwortungsvoll ist das Reisen trotz Corona wirklich? Und was musst du bei einer Rückkehr nach Deutschland beachten?

Bisher mussten Rückkehrer aus den Risikogebieten für 14 Tage in Quarantäne abtauchen, wenn ein Negativ-Test diese nicht vorzeitig beendete. Nicht nur die Schutz- sondern auch die verordneten Quarantänemaßnahmen entscheidet jedes Bundesland selbst. Am besten ist es aktuell noch, sich vor der Rückkehr aus einem Risikogebiet nach Deutschland oder direkt nach Einreise testen zu lassen. Unter der Telefonnummer 116 117 kannst du dich darüber informieren, wo die nächstmögliche Teststelle ist.

Doch aufgepasst, Bund und Ländern haben sich auf neue Musterverordnung geeinigt, anhand derer die Länder eigene Regelungen festlegen, die ab dem 8. November gelten sollten: Reisende sind demnach verpflichtet, "sich für einen Zeitraum von zehn Tagen nach ihrer Einreise" in Quarantäne zu begeben. Dies soll nach Angaben der Bundesregierung in Zukunft durch die Digitale Einreiseanmeldung erfolgen. Den Test darfst du frühestens am fünften Tag durchführen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass du auch bei einem negativen Testergebnis mindestens 5 Tage Zuhause verbringen musst.

Sind Bahnreisen sicher?

Hamburg Hauptbahnhof Bahnhof Zug
© Anna Nguyen

Doch macht es überhaupt Sinn, am Bahnsteig den nötigen Abstand zu halten, wenn der Zug letztendlich doch voll besetzt ist? Weil das Blockieren der Plätze wirtschaftlich nicht umsetzbar sei, hat die Deutsche Bahn nun andere Maßnahmen getroffen, um den Zugverkehr so sicher wie möglich zu gestalten – von einem "safe space" lässt sich in der aktuellen Lage sicher nirgendwo sprechen. Nach Angaben der DB wurde "die Zahl der täglichen Fernverkehrszüge, in denen Kontrollteams der DB an Bord sind" zum 1. September 2020 verdoppelt und laut SPIEGEL hat die Deutsche Bahn eine Vorauswahl der Sitzplätze eingestellt. Wenn du eine Reservierung als Einzelreisende*r durchführst, wird demnach automatisch der Fensterplatz reserviert und der Gangplatz so weit möglich freigehalten. Im Zug kannst du dich außerdem für eine kontaktlose Ticketkontrolle über die App DB Navigator registrieren. Wer mit einem Zug der Deutschen Bahn aus einem Risikogebiet einreist, muss ein Kontaktformular ausfüllen.

Wenn du überlegst, zur Weihnachtszeit mit dem Zug in die Heimat zu fahren, kannst du dir vielleicht schon selbst ein vorweihnachtliches Geschenk machen, indem du dir ein Ticket für die meist weniger ausgebuchte und grundsätzlich mit weniger Sitzplätzen ausgestattete (hallo Abstand!) 1. Klasse buchst (derzeit gibt es noch einige Spartickets!) oder die Peak-Zeiten meidest. Eine Auskunft über die Auslastung erhältst du auf der Buchungsseite der Deutschen Bahn oder in der App.

Stay safe!

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