11 Fail-Momente, in denen Vanlife gar nicht so geil ist, wie alle denken

© Nina Vogl

Füße im Sonnenuntergang, umrahmt von einer Lichterkette und weißen Vorhängen. Ein Traumfänger kitzelt die Zehen und das Meer im Hintergrund schimmert in den Farben der untergehenden Sonne. Dass rechts und links 30 weitere Vans stehen, die Mülltonnen überquellen und die Bundesstraße vorbeirauscht? Siehst du auf dem Foto mit dem Hashtag #vanlife nicht.

All diese Dinge sind aber trotzdem da. Denn so schön die Vorstellung vom einsamen, friedlichen und ewig lustigen Leben „on the road“ auch sein mag. Das Leben – egal, ob in der Stadt oder im Van – ist meistens recht unspektakulär, häufig nicht schön anzuschauen und besteht zum Großteil aus der Suche nach einem Parkplatz. Daher hole ich jetzt mal die Vanlife-Klischees aus dem Kinderparadies ab und gönne uns einen kleinen Realitycheck. Natürlich soll aber nicht nur rumgegammelt werden. Fehler sind ja auch da, um daraus zu lernen, deswegen gibt’s den ein oder anderen guten (oder gut gemeinten) Tipp.

Und ganz ehrlich: Die Füße hält man nur aus dem Fenster, weil es geruchstechnisch dringend nötig ist.

1. Wenn du beim Camper-Ausbau Löcher bohrst, die da gar nicht hingehören (schon wieder)

Wer das erste Mal in seinem Leben ein Auto in einen Wohnraum verwandeln will, weiß, dass dieser Löcher-Bohr-Moment nur exemplarisch für 80 Prozent der Zeit während des Ausbaus steht. Denn plötzlich musst du bohren, nieten, sägen, kleben und dir deine eigene Unfähigkeit eingestehen. Da kannst du noch so viele YouTube-Videos anschauen – eine Schreiner*innen-Lehre ersetzt das nicht. Das Einzige, woran du kräftig schrauben kannst, sind deine Ansprüche – und zwar ganz nach unten. Denn perfekt wird hier gar nichts und lieber machst du Frieden mit dem ewigen Provisorium als dich ständig über Heimwerker-Fails zu ärgern.

Campen, Camper, Vanlife
© Nina Vogl

2. Und der TÜV so: Nö!

Schon unter normalen Umständen kann der Gang zum TÜV nervenaufreibend sein. Besonders spannend wird es aber, wenn man die handgezimmerte Einrichtung durchbringen und eine Wohnmobilzulassung (günstigere Versicherung!) ergattern will. Dann fühlt man sich wie ein Gladiator, der nach dem Kampf dem willkürlichen Urteil des Kaisers ausgeliefert ist. Wenn es schlecht läuft, wirst du zwar nicht den Löwen zum Fraß vorgeworfen, aber ohne gültigen TÜV gibt es eben auch keinen Urlaub. Schlau ist es daher, sich schon frühzeitig mit den Anforderungen der Sachverständigen auseinanderzusetzen. Persönlicher Kontakt im Vorhinein kann helfen, denn Google liefert zwar einen Haufen Infos, aber in Deutschland gibt es regional viele Unterschiede bei TÜV, DEKRA und Co.

3. Der Moment, in dem du checkst, dass du nicht in einem Auto, sondern in einem Fass ohne Boden sitzt

Anschaffung, Ausbau, Versicherung, Sprit, Maut, Reparatur, Campingplatz: Ein Leben im Van klang doch so preiswert. Immerhin hat man ja sein Haus dabei. Tja, leider sind drei Tonnen Stahl sehr durstig und irgendeines der circa zehntausend Einzelteile beschließt immer wieder, doch nicht das zu tun, wofür es vorgesehen ist. Außerdem sind Autobahnen nur in Deutschland kostenlos und wildcampen klappt vielleicht in Alaska dauerhaft problemlos. Der einzige Profitipp hier: Immer schön großzügig kalkulieren und einen Notgroschen parat haben.

Campen, Camper, Vanlife
© Nina Vogl

4. Du stößt dir sogar als kleine Frau ständig den Kopf im Van

Wie gesagt, wir reden hier nicht vom 100.000-Euro-Luxus-Camping-Mobil, sondern von umgebauten PKWs.

5. Sechs Uhr morgens. Du wirst geweckt. Aber nicht vom Meeresrauschen, sondern von der Polizei.

Apropos Kosten und Wildcamping. Wenn du nicht gerade in Skandinavien unterwegs bist, dann ist der Traum vom einsamen Standplatz im Wald, mit Meerblick oder Bergpanorama auf Dauer eher unrealistisch, denn in den meisten Teilen Europas ist Freistehen mit dem Camper gar nicht so easy. Nicht zuletzt, weil viele Vanlifer*innen in der Vergangenheit recht blauäugig und rücksichtslos durch die Lande gescheppert sind. Wer schon mal von Polizei, Ranger*innen und Co. aus dem Schlaf gerissen wurde, weiß, dass es definitiv entspanntere Morgenrituale gibt. Wenn du dir den täglichen Adrenalinschub lieber sparen möchtest, aber keine Lust auf riesige Campingplätze hast, hilft das Internet. Mit Apps wie park4night oder Stellplatz-Radar findest du sowohl kostenlose, als auch günstige, meist simple Stellplätze. Auf Plattformen wie Alpaca-Camping oder My Cabin bieten private Personen unterschiedlichste Standplätze für kleines Geld an.

Camping Apulien, Ford Nugget, Apulien, Italien
© Charlott Tornow

6. Wenn du deine komplette Bialetti samt Inhalt im Bus verteilst

Was soll ich sagen: Alles schon passiert. Einen guten Tipp, um das zu vermeiden, habe ich, ehrlich gesagt, keinen. Außer, wenn möglich immer draußen kochen. So vermeidest du auch unnötig viel Kondenswasser im Innenraum.

7. „Oh Gott. Ich muss aufs Klo. Ich hab kein Klo. Ich stehe in einer Stadt. Da sind überall Leute.“

Wir müssen nicht weiter auf die genauen Umstände eingehen oder die Frage beantworten, wie es zu dieser Situation kommt. Doch sie ist real. Wie man das Dilemma löst? Lasst uns die Plastiktüte des Schweigens darüber legen. Aber ja: Die Frage nach dem Klo im Van ist auf jeden Fall eine Grundsatz- und Glaubensfrage. Viele schwören auf ihr Van-Klo, andere wollen ihre Geschäfte auf keinen Fall innerhalb ihres Autos erledigen. Wenn man nicht auf eine umweltfreundliche Trenn- bzw. Trockentoilette setzt, sollte man auf jeden Fall immer den guten, alten Klappspaten dabei haben, um die eigenen Hinterlassenschaften aus dem Weg zu räumen.

8. Wenn es einfach nicht zu regnen aufhört

Klar, dauerhaftes Regenwetter im Urlaub ist immer kacke. Hält man sich aber in einem Van und nicht im Wellnesshotel auf, ist kacke eher milde formuliert. Nach der 18. Runde Uno, dem dritten Buch und – wenn der Strom reicht – der drölften Folge der Lieblingsserie können die Nerven schon mal blank liegen. Mein Tipp: Fang an, zu meditieren oder fahr einfach weiter. Gute Tipps für Beschäftigung während eines Schlechtwetter-Tag im Camper gibt's übrigens hier.

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© Charlott Tornow

9. Beziehungskrise und nowhere to hide

Wer Vanlifer*innen auf Instagram verfolgt, sieht glückliche Paare, die ihre Füße in den Sonnenuntergang halten, sich am Strand in die Arme fallen und so viel lachen, dass es nicht gesund für den Kiefer sein kann. Mit dem Partner oder der Partnerin im Bus zu reisen, kann definitiv erfüllend, spannend, lustig und einfach nur schön sein. Aber was sich im normalen Leben auf verschiedene Jobs, getrennte Wohnungen oder unterschiedliche Freundeskreise verteilt, wird auf Reisen auf vier Quadratmeter komprimiert. Räumliche Trennung, damit beide Parteien nach einem Streit klarkommen können? Eher schwierig. Patentlösung gibt es hier natürlich keine, aber man kann zumindest versuchen, sich seine Me-Time aktiv zu suchen – eben damit es gar nicht erst zur Eskalation dank Lagerkoller kommt. 

10. „Ach, ihr seid ja auch aus Hinteroberüberfadenhausen! Silke und Bernd da hinten auch, seid ihr auch über die B3497 gefahren und wie macht ihr das mit dem WLAN?“

Reisende aller Art kennen das Phänomen: Auf Reisen ist man manchmal einsam. Aber nie allein. Denn selbst am vermeintlich abgelegensten Ort der Welt, kommt irgendwann der Moment, an dem man sich mit anderen Reisenden auseinandersetzen muss. Das kann schön, unterhaltend, informativ und inspirierend sein. Häufig ist es aber einfach eine Abfolge der immer gleichen Sätze, Fragen, Floskeln: Woher? Wohin? Wie lang? WLAN? Merke dir einfach: Es gibt keine gesetzliche Smalltalk-Pflicht und wenn du keinen Kopf für Austausch hast, musst du auch nicht.

camping
© Balkan Campers | Unsplash

11. Wenn du einfach nur etwas mit Käse überbacken willst

Jaja, es gibt super günstige Campingbacköfen, die noch dazu echt gut funktionieren. Aber manchmal ist die Käsekruste auch einfach nur ein Synonym für Heimweh und die Sehnsucht nach Freunden, Familie, fixem Einkommen – oder wenigstens einer echten Küche, die nicht gleichzeitig Schlaf-, Wohn-, Ess-, Bade- und Arbeitszimmer sowie Abstellkammer ist.

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