So klimaschädlich sind Flugzeug, Bahn, Fernbus & Co. wirklich

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In unserer Reihe "Future Travel" beantworten wir spannende Fragen zum Thema Nachhaltigkeit im Tourismus und wie wir in Zukunft reisen werden. Kann Massentourismus nachhaltig sein? Welchen Einfluss hat die Digitalisierung auf unser Reiseverhalten? Worauf sollte man bei der Kompensation des Urlaubs achten? Welche alternativen Reisemodelle gibt es? Hast du selbst eine interessante Frage zum Thema? Dann schreib uns an [email protected].

Spätestens nach zahlreichen Fridays-for-Future-Demos wissen wir alle etwas mit dem Begriff Flugscham anzufangen. Während sich viele Menschen schlecht fühlen, wenn sie einmal im Jahr auf die Balearen fliegen, führt die Lufthansa zurzeit paradoxerweise 18.000 Leerflüge durch, um ihre Start- und Landerechte zu behalten. Das bedeutet, dass täglich knapp 100 kaum besetzte Flüge abheben müssen.

Der Tourismus bietet viele Arbeitsplätze und sorgt für kulturelles Verständnis. Aber er ist auch maßgeblich Mittäter am menschengemachten Klimawandel. Mindestens acht Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen werden dem Tourismus zugerechnet, innerhalb des Verkehrssektors schätzungsweise sogar 22 Prozent. Aber was ist überhaupt ein klimaschädliches Transportmittel? Ist eine Zugfahrt, wie oft angenommen, wirklich die CO₂-freundlichere Reiseoption und was ist eigentlich mit dem PKW oder Fernbus?

Während sich viele Menschen schlecht fühlen, wenn sie einmal im Jahr auf die Balearen fliegen, führt die Lufthansa 18.000 Leerflüge durch, um ihre Start- und Landerechte zu behalten.

Das Tolle an Europa und vor allem an der geografischen Lage von Deutschland ist, dass du nicht nur auf ein einziges Transportmittel angewiesen bist, sondern viele Reisemöglichkeiten hast. Wenn du zum Beispiel einen klassischen Städtetrip von Berlin nach Brüssel planst, kannst du dich zwischen Auto, Fernbus, Zug, Flugzeug oder, wenn du fit bist und Zeit hast, auch für das Fahrrad entscheiden. Bei einer Distanz von 700 Kilometern ist das Flugzeug sicherlich die schnellste Option, aber was ist genau der Unterschied zwischen dem CO₂-Ausstoß der verschiedenen Transportmittel? Ist nur der Kohlenstoffdioxidausstoß wichtig oder gibt es noch andere sogenannte “Nicht-CO₂-Effekte”?

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Was sind Nicht-CO₂-Effekte?

Bei solchen Berechnungen kommt es auf ziemlich viele Faktoren an und auch die CO₂-Zahlen in diesem Artikel sind nur ein Richtwert für den Ausstoß. Neben Leerflügen, Reifenabrieb und Infrastruktur spielt auch die Auslastung eine wichtige Rolle. Wenn für den Urlaub die Wahl auf ein Auto fällt, fließt in die Berechnung die Anzahl der mitreisenden Personen sowie das Alter und das Gewicht des Autos ein. Fährst du mit einem Benziner, Diesel oder E-Auto? All diese Faktoren spielen eine Rolle beim Kraftstoffverbrauch. Fährst du stattdessen mit einem ICE, stellt sich die Frage, ob dieser ausschließlich mit Ökostrom betrieben wird oder ob die Energiequelle aus einem Kohlekraftwerk stammt… Diese Fragen kann man kaum vollständig beantworten.

Flugzeug, Bahn oder doch lieber Bus: Was ist die beste Möglichkeit zu reisen?

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Für die Strecke Berlin-Brüssel kannst du für einen besseren Überblick zum Beispiel einen vorgefertigten CO₂-Rechner nutzen. Wenn du allein mit einem mittelalten PKW reist, werden rund 136 kg CO₂ verbraucht. Gerade Roadtrips mit einem Wohnwagen, in dem nur zwei Personen Platz finden, sind auf den eigenen CO₂-Ausstoß gerechnet ziemlich klimaschädlich und oftmals leider fernab von der romantischen Vorstellung "close to nature". Sitzen schon vier Personen im Auto, sinkt der Ausstoß pro Kopf um mehr als 102 kg auf nur 34 kg CO₂. Im Vergleich liegt ein vollbesetztes Flugzeug bei 147 kg pro Kopf. Auch bei den Zügen zeigen sich erhebliche Unterschiede: Auf einer Fahrt mit dem ICE liegt der Pro-Kopf-Verbrauch bei 24,9 kg CO₂.

Der Gewinner ist allerdings der Fernbus, er verbraucht mit voller Besetzung nur 16,2 kg CO₂ pro Kopf. Auch wenn es für einige nicht die komfortabelste Reiseoption ist, ist der Bus auf jeden Fall am CO₂-freundlichsten – und das noch vor dem ICE. Wenn du eine Strecke mit dem Fernbus zurücklegst, kannst du dir sicher sein, dass sie einiges an Ausstoß spart und oft auch dein Portemonnaie schont. In diesem Artikel stellen wir dir 11 tolle Fernbus-Strecken in Europa vor.

Wenn du eine Strecke mit dem Fernbus zurücklegst, kannst du dir sicher sein, dass sie einiges an Ausstoß spart und oft auch dein Portemonnaie schont.

Das Problem mit der Höhe

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Flüge sind problematisch, vor allem wenn es andere Transportoptionen gibt. Aber das liegt nicht nur am CO₂-Ausstoß, denn die Klimawirkung setzt sich aus mehreren Faktoren zusammen. Gerade Wasserstoff und Stickstoffoxide in hohen Luftschichten schätzt der Weltklimarat IPCC rund zwei- bis fünfmal klimaschädlicher ein als die Klimawirkungen durch CO₂. Laut des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt sind die daraus resultierenden Kondensstreifen und damit verbundenen Wolken in den Höhen von acht bis 12 Kilometern so gravierend, weil sie zu Eiskristallen gefrieren und über mehrere Stunden in der Luft bleiben können. Diese Wolken können je nach Sonnenstand reflektieren und damit eine stärkere Klimawirkung haben.

Wenn ein Flug vermeidbar ist, solltest du dir überlegen, ob du einen Tag mehr Urlaub nehmen kannst, um anders anreisen zu können – denn vom CO₂-Ausstoß können wir uns nicht einfach freikaufen, wie wir in diesem Artikel erklären. Unvermeidbare Flüge, aufgrund der geografischen Lage und Entfernung, solltest du aber auf jeden Fall kompensieren. Hier stellen wir dir ein paar Plattformen vor, die dafür gut geeignet sind.

Zukunftsausblick

Für die Klimawirksamkeit ist also nicht nur der CO₂-Ausstoß ein Richtwert, sondern viele weitere Faktoren beeinflussen die tatsächliche Belastung auf unsere Umwelt. Wenn du mit dem Auto unterwegs bist, ist nicht nur der Ausstoß während der Fahrt ein Faktor, sondern indirekt auch die Instandhaltung von Autobahnen oder die Feinstaubbelastung unserer Städte, die unter anderem durch Reifenabrieb verursacht wird. Auch Leerflüge müssen mit in die Gesamtbilanz von Flugreisen eingerechnet werden, denn sie ermöglichen überhaupt erst die Verfügbarkeit der Strecken. Wenn diese Faktoren nicht einberechnet werden, können Unternehmen leicht den Ausstoß niedriger angeben, als er in Realität ist – und so die Klimaschädlichkeit relativieren. Wir brauchen für die Zukunft bessere Daten, die auch die indirekte Umweltbelastung beachten. Das geht vor allem mithilfe von Künstlicher Intelligenz, denn nur so kann ein Richtwert ermittelt werden, der uns aufschlussreiche Daten darüber gibt, wie wir die Umweltbelastung durch den Verkehr noch weiter senken können.

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