Grindwaljagd – Die Färöer Inseln kommen für mich als Reiseziel nicht infrage

© Sea Shepherd

Ich war schon immer aufmerksam, wenn es um den Verstoß gegen Menschenrechte und Tierschutz oder andere kritische Themen ging. Als ich vor Jahren die Möglichkeit hatte, Nordkorea zu besuchen, habe ich abgesagt – obwohl ich wirklich neugierig war. In Myanmar habe ich bewusst regierungsferne Geschäfte und Unternehmen recherchiert und dieses Wissen genutzt, um das repressive Regime nicht zu stärken. Aber natürlich gelingt sowas nicht immer. Ich war sicherlich auch schon in Ländern, in denen es zahlreiche Missstände gibt. Das heißt auch, dass ich nicht immer alles richtig mache und meine Meinung sicher nicht die einzig richtige ist. Aber es gibt gewisse Grundsätze, an die ich mich halte. Als ich also vor Jahren mal die Einladung zu einer Pressereise auf die wunderschönen Färöer-Inseln erhielt, war für mich direkt klar, dass meine Antwort nur „Nein“ lauten konnte.

Die Färöer sehen auf Bildern immer unglaublich schön aus: grüne Hänge, eine beeindruckende Küstenlinie, hübsche nordische Dörfer. Traurige Berühmtheit hat die Inselgruppe aber vor allem für ihr traditionsreiches Abschlachten von Grindwalen und Delfinen erlangt. Ich vermeide normalerweise reißerische Begrifflichkeiten wie "abschlachten". Aber in dem Fall fällt es mir schwer, ein anderes Wort für den sogenannten Grindadráp zu finden. Alle, die nicht wissen, worum es beim Grind geht: Here you go. Achtung: Die kommende Beschreibung und die Bilder sind nichts für schwache Gemüter.

Färöer, Dänemark
Eine Idylle, die trügt: die Faröer Inseln. © Rogério Toledo | Unsplash
Wal, Grindwal, Meer
So schön sind Grindwale © NOAA | Unsplash

Die Grindwale werden eingekreist, die Bucht getrieben und getötet

Der Ablauf des traditionellen Grindaráp ist immer der gleiche: Wenn jemand eine Schule von Grindwalen entdeckt, meldet die*derjenige die Sichtung, der zuständige Grind-Vorsteher entscheidet im Anschluss, ob er den Walfang erlaubt – ausschlaggebend sind hier vor allem Wetterbedingungen und wie ruhig die See ist. Danach werden ausnahmslos alle Bürger*innen der Inseln informiert, viele Betriebe geben ihren Mitarbeiter*innen für den Grind frei. Man trommelt so viele Motorboote wie möglich zusammen, um die Schule einzukreisen und in die Buchten zu treiben, wo das Töten offiziell erlaubt ist. Dann kommt der grausamste Teil: Die Tiere werden, so gut es geht, an Land getrieben. Jene Wale, die entkommen können, werden mit einem speziellen stumpfen Fanghaken, der in ihr Blasloch gesteckt wird, an Land geschleppt. Hört sich brutal an? Ist es auch.

Die Tiere sind zu dem Zeitpunkt panisch, versuchen zu fliehen – du kannst dir also vorstellen, wie wenig zimperlich da vorgegangen wird. Getötet werden die gejagten Grindwale mit dem sogenannten mønustingari. Dabei trennen die Jäger ihnen das Rückenmark im Nacken sowie die Halsschlagader durch – angeblich sterben die Tiere dadurch in wenigen Sekunden. Wie lange die Qual an sich dauert, mag ich nicht zu beurteilen. Wer es schafft, sich Videos von einem Grindwalfang anzusehen, wird bemerken: Von würdevollem Tod hat das Ganze wenig – noch lange zucken die angeblichen Kadaver neben wirklich toten Tieren am Strand. Das Wasser der Bucht färbt sich blutrot, Menschen stehen bis zur Hüfte im gefärbten Wasser, Kinder und Schaulustige feuern vom Land aus an.

Von würdevollem Tod hat das Ganze wenig – noch lange zucken die angeblichen Kadaver neben wirklich toten Tieren am Strand. Das Wasser der Bucht färbt sich blutrot, Menschen stehen bis zur Hüfte im gefärbten Wasser, Kinder und Schaulustige feuern vom Land aus an.
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Ist das noch Tradition oder einfach nur ein unkontrolliertes Massaker?

Internationale Kritik an der Grindwaljagd gibt es jedes Jahr: Vor allem Sea Sheperd und Greenpeace haben es sich zur Aufgabe gemacht, aufzuklären und zu intervenieren. Jährlich gibt es Festnahmen oder Nachrichten über Aktivist*innen, die proaktiv versuchen, die jährlichen Grinds zu verhindern. Nun könnte man argumentieren, dass es hier um Tradition gehe. Und genau da liegt die Crux: Ursprünglich galt der Grindwalfang der Nahrungsbeschaffung, denn auf den Färöer Inseln wurde und wird noch heute Walfleisch gegessen. Allerdings übersteigt die Masse an getöteten Walen bei Weitem den Bedarf der Bewohner*innen.

Hinzukommt, dass es mittlerweile eine Verzehrempfehlung für Walfleisch gibt, die so gering ist, dass etliche Tonnen der getöteten Grindwale nicht gebraucht werden. "Ein Gutachten des färöischen Gesundheitsministeriums warnt vor übermäßigem Genuss von Grindwalfleisch, da es mit Umweltgiften wie Quecksilber, Dioxinen und PBC belastet ist. Wale stehen am Ende der maritimen Nahrungskette. Eine färöische Untersuchung zeigte 2007, dass die Färinger doppelt so viel Quecksilber im Körper haben wie empfohlen", heißt es beispielsweise auf Wikipedia.

Vom Verzehr von Grindwalfleisch wird abgeraten

Am 26. November 2008 hat die färöische Gesundheitsbehörde erstmals davon abgeraten, Grindwalfleisch zu essen. 2011 hat die färöische Lebensmittel- und Veterinärbehörde ihre Verzehrhinweise aktualisiert. Nur noch einmal im Monat sollten Erwachsene nun Walfleisch essen, Mädchen und Frauen mit Kinderwunsch wird komplett davon abgeraten. Die Ausrede, dass man die Wale nach alter Tradition für die Nahrungsbeschaffung jage, hinkt also. Auch für die Tierschützer*innen von Sea Shepherd ist die lebensnotwendige Nahrungsmittelbeschaffung nur noch Vorwand. Der Grindaráp sei vor allem blutiger Sport und für viele männliche Färinger Zeichen von Männlichkeit. My five cents? Auf solche Männnlichkeit kann ich ganz hervorragend verzichten.

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Die Färoer Inseln kommen für mich als Reiseziel nicht in Frage

Ein weiterer Aspekt, der für mich gegen die Tradition spricht, ist, dass eben nicht mehr mit Ruderbooten – wie früher – gejagt wird. Heute nutzt man Motor- und Schnellboote oder, wie beim letzten, groß in der Kritik stehenden Grind im September 2021, Jetskis. Die Wale haben so kaum eine Chance zu entkommen. Von der genannten Jagd existieren etliche Bidler von Delfinen und Walen, die von Motorbooten überfahren und von den Schiffsschrauben schwer verletzt wurden – und somit langsam und grausam verendet sind. Im September 2021 wurden über 1.400 Delfine getötet. Das meiste Fleisch wurde nicht mal gebraucht – diese Bedenken haben viele Färinger im Anschluss selbst gegenüber der Presse geäußert. Oftmals anonymisiert, aus Angst vor negativem Feedback aus der örtlichen Community. Auf den Färöern selbst mehren sich die kritischen Stimmen, Verstöße werden vermehrt bei der Polizei angezeigt. Dennoch ist die Jagd noch immer erlaubt.

Was ich auch schlimm finde? Die Färöer gehören zu Dänemark – und Dänemark ja bekanntlich zur EU. Dänemark hat bereits 1950 ein "Internationales Übereinkommen zur Regelung des Walfangs" unterschrieben, das kommerziellen Walfang verbietet. Darüber hinaus sind Wale in EU-Gewässern vor bewusster Störung, Fangen und Töten geschützt. Auch die Berner Konvention, die wildlebende Pflanzen und Tiere schützt, wurde von Dänemark unterzeichnet. Das Problem: Die Färöer Inseln gehören als autonome Region – im Gegensatz zu Dänemark – nicht zur EU.

Ich finde, dass Dänemark als EU-Mitglied dennoch den Plan verfolgen sollte, das sinnlose Töten zu stoppen – oder zumindest besser zu reglementieren. Womit man Druck ausüben kann? Sicherlich mit wirtschaftlichen Konsequenzen – so eben auch mit dem Ausbleiben von Geldern aus dem Tourismus. Genau deshalb kommen die Färoer Inseln als Reiseziel für mich noch immer nicht infrage.

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