Entspannen in der Uckermark – Ein Wochenende in Lychen
Eigentlich liebe ich das Leben in der Großstadt: Wenn ich spontan Lust auf indonesisches Essen habe, kann ich es bekommen, es gibt jede Menge Kinos, die einen interessanten Film zeigen und irgendwo ist immer eine Eröffnung oder Party. Aber während meines Alltags in der Stadt gibt es im Hintergrund vor allem immer eins: Lärm. Dem will ich entfliehen, einfach mal nur Vögel zwitschern hören. Ich schnappe mir also mein Fahrrad und steige in Berlin in einen Regionalzug, der mich in unter einer Stunde nach Fürstenberg (Havel) bringt. Dort steige ich auf den Drahtesel, um mein eigentliches Ziel zu erreichen: Lychen.
Schon auf dem Weg ist das Ziel erreicht
Bereits auf dem Radweg von Fürstenberg nach Lychen bekomme ich das, wofür ich gekommen bin: Ruhe, Vogelgezwitscher und vor allem ganz viel Natur. Damit das aber auch für dich klappt, achte darauf, nicht auf die Schnellstraße nach Lychen, sondern rechts davon auf den Fahrradweg einzubiegen, der fast nur durch den Wald und immer wieder an Seen vorbeiführt. Ich lege am Wegesrand einige Pausen ein, um die Umgebung ganz entspannt wahrzunehmen und vor allem einmal tief durchzuatmen. Tritt man in die Pedalen, erreicht man Lychen in unter einer Stunde. Ich habe mir fast doppelt so viel Zeit für den Weg genommen.
In Lychen angekommen, muss ich natürlich direkt die Stadt erkunden. Oder eher: das Städtchen. Denn Lychen besteht nur aus einer Handvoll Straßen. Nach einer halben Stunde ist fast alles gesehen. Was ich bei meinem Spaziergang zu sehen bekomme, finde ich dafür aber wirklich süß: Besonders die alten Fachwerkhäuser, die es hier vereinzelt gibt, haben es mir angetan. Die Stadt ist unaufgeregt, genau danach habe ich gesucht. Entschleunigung funktioniert in Lychen auf Anhieb, eine andere Wahl haben Besucher*innen sowieso nicht, so entspannt und langsam wie es hier zugeht. Ich bin froh, mein Fahrrad mit dabei zu haben. Denn nach Fürstenberg (Havel) fahren täglich nur ein Dutzend Busse.
Die Stadt für Wasserratten
Was in Lychen direkt auffällt: Überall ist Wasser. Denn das Städtchen ist von gleich sieben Seen umgeben. Der ideale Ort also, um sich aufs Wasser zu begeben. Ich leihe mir bei der Bootsvermietung Treibholz einen „Canadier“ aus, eine Mischung aus Kanu und Boot, und mache eine Spritztour. Startpunkt ist der Oberpfuhl See, im Anschluss erkunde ich noch den Zennsee. Jetzt im Mai bin ich noch fast ganz alleine auf dem ruhigen Wasser. Den vielen Kanus nach zu urteilen, die an der Bootsvermietung bereitstehen, dürfte das im Sommer aber anders aussehen. Bei einer Kanutour kann man übrigens auch den Platkowsee, den Lychener Stadtsee, den Großen Lychensee, den Nesselpfuhl und den Wurlsee erkunden, insgesamt also alle sieben Lychener Seen. Wenn es ein bisschen wärmer ist, kannst du hier natürlich auch planschen.
Zwischen Mai und September werden übrigens auch jeden Montag, Mittwoch und Freitag ab 10 Uhr öffentliche Floßfahrten angeboten. Leider verpasse ich die Termine, denn eigentlich ist eine Floßfahrt in Lychen ein Muss. Denn die Stadt trägt den Titel Flößerstadt. Dahinter steckt eine Jahrhunderte alte Tradition, Holz mit und auf Flößen zu transportieren. So wurde das gefällte Holz aus den Wäldern rund um Lychen in die Sägewerke gebracht. Klar, wenn hier überall Seen sind, ist der Wasserweg der schnellste und unkomplizierteste. Die Holzstämme wurden von Lychen sogar bis nach Berlin und Hamburg transportiert. Mehr über das alte Handwerk kannst du im Lychener Flößereimuseum lernen.
Gut essen in Lychen
Nach dem Paddeln muss eine Stärkung her, und außerdem möchte ich kosten, was aus den Seen kommt. Also geht's ins Gasthof am Stadttor, in dessen Gastgarten ich mich direkt wohlfühle. Er ist übersäht von kleinen Blumentöpfen und Pflanzen, die die Hauswände hochklettern. Die Speisekarte ist klein, die Zutaten der Gerichte, die hier zubereitet werden, saisonal und regional. Im Mai werden beispielsweise Spargel aus der Uckermark und Panna Cotta mit frischem Rhabarber angeboten. Und natürlich: Fisch. Ich bestelle Hecht, der in einer Senf-Panko-Panade und mit unglaublich leckeren und knusprigen Bratkartoffeln serviert wird. Insgesamt: ein gemütliches Restaurant, das ich nur empfehlen kann. Weil der Gastgarten aber eher klein ist und schon bei unserem Besuch recht voll war, empfehle ich, vor allem im Sommer zu reservieren.
Auch wenn Lychen wirklich klein ist und mit nichts Spektakulärem aufwarten kann, lohnt sich ein Besuch. Vor allem für jene, die nie weit vom Wasser entfernt sein wollen. Ich bin froh, die Stadt im Frühling erkundet zu haben. Denn die Ruhe genießen und das Entschleunigen klappt hier außerhalb der Sommermonate besonders gut. Dann hast du Lychen nämlich zeitweise fast für dich alleine.
Sonja Koller