Wie kann man zukunftsfähig bauen? Das Silohaus in Berlin zeigt, wie es geht

© Refunc NL

In unserer Reihe "Future Travel" beantworten wir spannende Fragen zum Thema Nachhaltigkeit im Tourismus und wie wir in Zukunft reisen werden. Kann Massentourismus nachhaltig sein? Welchen Einfluss hat die Digitalisierung auf unser Reiseverhalten? Worauf sollte ich bei der Kompensation meiner Reise achten? Welche alternativen Reisemodelle gibt es? Diesen und vielen weiteren Fragen gehen wir mit diesem Format auf den Grund. Hast du selbst eine interessante Frage zum Thema? Dann schreib uns an [email protected].

Klimakiller Bauindustrie

Du kennst sie bestimmt auch, die großen Hotelkomplexe mit Golfanlagen, mehreren Pools, Wellness-Landschaften und Restaurants, die darauf ausgelegt sind, möglichst viele Tourist*innen auf engem Raum zu beherbergen. Landschaften von Beton an der spanischen Küste sind schon seit Jahren Realität, Megahotels sind immer mehr im Kommen – so zählt das größte Hotel der Welt in Malaysia rund 7.300 Betten. Abgesehen von den Menschenmassen, die diese große Komplexe beherbergen können, sind sie nicht sonderlich ökologisch und nachhaltig. Baustoffe wie Zement machen Beton zum absoluten Klimasünder. Laut dem Weltklimarat gehen drei Milliarden Tonnen CO₂ jährlich nur auf die Produktion von Zement zurück, denn die Drehohröfen mit 1450 Grad brauchen enorm viel Energie.

Im Interview mit Deutschlandfunk sagt Werner Sobek vom Institut für Leichtbau, Entwerfen und Konstruieren an der Universität Stuttgart: „Natürlich wird bei der Herstellung von einem Kubikmeter Stahlbeton plus des darin befindlichen Stahls im Durchschnitt 320 bis 340 Kilogramm CO₂ emittiert. Das bedeutet, Sie emittieren bei der Herstellung von einem Kubikmeter Stahlbeton so viel CO₂, wie 4.000 Bäume einen Tag lang umsetzen können.“ Das ist ganz schön viel und zeigt, wie problematisch die Bauindustrie für unser Klima ist. So müssen sich eben auch Hotels in Zukunft viel mehr Gedanken über nachhaltiges Bauen machen und wie sie auf Basis ausgefallener Architektur und Design den Gästen trotzdem einen schönen Aufenthalt bieten können.

Mehr Minimalismus liegt im Trend

Raus Cabins, Brandenburg
© Lukas Popp | Milena Magerl

Neben Riesenhotels gibt es mittlerweile gerade in Europa tolle, besondere Unterkünfte mit ganz eigenem Charme. Ein Trend sind zum Beispiel die Tiny Houses, bei denen es nicht nur um eine quantitative Quadratmeter-Reduzierung geht. Generell soll beim Tiny Living mehr Minimalismus im Mittelpunkt stehen und das auch in den Ferien. Auf maximal 45 Quadratmetern findet das komplette Leben mit Küche, Bad und Schlafzimmer statt. Das Zukunftsinstitut spricht sogar von dem neuen „Phänomen des Verzichts“. Vielleicht bist du auch schon mal mit einem Van und nur dem wichtigsten Hab und Gut gereist oder hast du vielleicht mal Urlaub in Baumhäusern, Lodgezelten, Wohnbooten oder umgebaute Leuchttürmen gemacht?

Wenn besondere Unterkünfte gefördert werden, kann auch der Ort davon profitieren und Einnahmen aus dem Tourismus generieren.

Wie wichtig die Integrität von Tourismus und Baukultur ist, hat auch eine Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung aus dem Jahr 2020 analysiert. Drei Jahre hat sich das Institut mit den Bereichen Architektur und Tourismus intensiv auseinandergesetzt. In sieben verschiedenen Regionen in Deutschland wurden diverse Methoden erprobt, wie man vorhandene bauliche Potenziale im Tourismus verbinden kann. Innovative Konzepte für die Unterbringung von Gästen führte demnach zu einem höheren touristischen Potenzial. Das heißt, ganz einfach gesagt: Wenn besondere Unterkünfte gefördert werden, kann auch der Ort davon profitieren und Einnahmen aus dem Tourismus generieren. Das zeigt, wie wichtig ein Zusammenarbeiten zwischen Baukultur und Tourismus ist.

Mikroarchitektur in einem alten Silo

© Refunc NL

Ein spannendes Projekt hat das Architekturkollektiv ReFunc in Berlin und Groningen gestartet. Die beiden Architekten Denis Oudendijk und Jan Körbes haben sich darauf spezialisiert, Upcycling-Installationen und Mikroarchitektur aus alten Ressourcen zu bauen. Klettern, um in das eigene Bett zu kommen? Das macht der Architekt Jan Körbes täglich. 2012 hat er ein altes Silo von einem Bauern gekauft und innerhalb eines Jahres komplett zu einem Miniaturwohnhaus umgebaut. Das Tiny Home der etwas anderen Art findest du im Zentrum für Kunst und Urbanistik (ZKU) in Berlin-Moabit, indem der Architekt einige Zeit mit seiner Tochter auf nur 13 Quadratmeter gewohnt hat.

Das Konzept, fast ausschließlich alte Rohstoffe zu nutzen, ist mehr als geglückt: 70 Prozent der Baustoffe, die im Silo verwendet wurden, wurden recycelt und umfunktioniert. So haben die Fenster, Möbel und Wassertanks alle schon ein Leben vor dem Futtersilo geführt und in dem Mikrohome eine zweite Verwendung gefunden. Isoliert wurde mit Papierfasern und Zellulose, alte Möbel wurden teilweise umfunktioniert und so dient eine alte Badewanne, eingelassen in den Boden, als Fußraum unter dem Esstische. Mit Solarzellen und einem Regenwasser-Auffangsystem ist das Silohaus komplett autark und unabhängig vom öffentlichen Netz. 

© Refunc NL
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Das Projekt zeigt, dass eine andere Art des Bauens möglich ist, was sicherlich nicht heißt, dass wir alle in Zukunft in alten Futtersilos übernachten werden. Viel mehr geht es darum, umzudenken und neue Wege zu finden, nachhaltige Unterkünfte immer mehr zu fördern. 

Urlaub im Tiny House

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