Lernen fürs Leben – So beantragst du deinen Bildungsurlaub in Deutschland

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Urlaub war für mich schon immer so etwas wie eine Schule des Lebens. Wenn ich verreise, dann möchte ich auch immer etwas über die Menschen, die Kultur und die Geschichte erfahren. Ich versuche, mich mit der Sprache vertraut zu machen, möchte wissen, wie traditionelle Gerichte hergestellt werden, und besuche religiöse Zeremonien, auch wenn ich selbst keinem Glauben folge. Lernen und Entspannen gehen bei mir meistens Hand in Hand und ich erinnere mich auch noch an eine prägende Jugenderfahrungen, die die Liebe zum Reisen überhaupt erst entfacht hat. Damals verbrachte ich für einen Englischkurs drei Wochen im englischen Seebad Brighton. Den halben Tag paukte ich mit Gleichaltrigen aus ganz Europa Englisch, danach konnten wir tun und lassen, was wir wollten.

Wenn wir uns heute im Erwachsenenalter weiterbilden wollen, machen wir das meistens in unserer Freizeit. Wir haben Hobbys, denen wir uns nach der Arbeit widmen, nehmen an Workshops teil oder nutzen unseren Urlaub – der von Anstellung zu Anstellung extrem variiert –, um Neues zu sehen oder zu machen. Dabei gibt es in Deutschland ein wunderbares Konzept, von dem noch viel zu wenig Menschen Gebrauch machen, geschweige denn davon wissen: Bildungsurlaub.

Das Wichtigste zum Bildungsurlaub im Überblick

Kurz und knapp: Alle Angestellten in Deutschland (mit Ausnahme von Bayern und Sachsen) haben gesetzlichen Anspruch auf fünf Tage Bildungsurlaub im Jahr, beziehungsweise zehn Tage pro zwei Jahre. Du kannst den Urlaub in einem Rutsch oder einzelne Tage nehmen. Der Bildungsurlaub gilt als Sonderurlaub und darf nicht vom im Arbeitsvertrag festgelegten Jahresurlaub abgezogen werden. Das heißt, wenn du 25 Tage Urlaub im Jahr hast, kannst du nochmal extra fünf Tage Bildungsurlaub in Anspruch nehmen. Man kann den Bildungsurlaub auch als bezahlte Freistellung ansehen, denn der*die Arbeitgeber*in zahlt dir dein Gehalt weiter, die Kosten für den Bildungsurlaub trägst du selbst.

Bildungsurlaub ist allerdings nicht zu verwechseln mit dem normalen "Erholungsurlaub". Auch wenn die Kurse, die man während der Freistellung belegt, keinen Zusammenhang zum eigentlich Beruf haben müssen, muss das Angebot als Bildungsurlaub anerkannt sein – du kannst also nicht einfach fünf Tage ins Ausland fahren und dort faul auf der Haut liegen.

In diesem Artikel verrate ich dir alles, was du beachten musst, wenn du deinen Bildungsurlaub beantragen möchtest.

Themengebiete für deinen Bildungsurlaub

Wie bereits geschrieben, muss das Thema deines Bildungsurlaub-Kurses inhaltlich keine Überschneidungen mit deinem eigentlichen Job haben. Ganz im Gegenteil: Es geht ja genau darum, dass du dich in allen Bereichen des Lebens weiterbilden kannst und sollst. Dazu gehören grundsätzlich die folgenden Bereiche:

  1. Erholung, Gesundheit & Stressbewältigung
  2. Spracherwerb
  3. Kreativität
  4. Umwelt & Ökologie
  5. Marketing & Design
  6. Business & Management
  7. Gesellschaft & politische Bildung
  8. Finanzen & Steuer
  9. Sport & Fitness
  10. Wissenschaft & Lehre
  11. Handwerk, Technik & Gewerbe

Auf Seiten wie Bildungsurlauber.de und Bildungsurlaub.de findet du zahlreiche Angebote in ganz Europa, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Du kannst Kurse besuchen, die dem Stressabbau durch Yoga und Meditation gewidmet sind. Du kannst verschiedene Sprachen und sogar Gebärdensprache lernen, eine Ausbildung zum*r Naturtherapeut*in machen, die Grundlagen der Betriebswirtschaft oder den Umgang mit Fotobearbeitungsprogrammen erlernen.

Mach dir am besten vorab Gedanken, was du lernen möchtest oder wo du Defizite hast. Natürlich kann der Bildungsurlaub auch thematisch zu deinem Job passen, wobei viele Unternehmen auch interne Weiterbildungsangebote haben, die auf die Anforderungen deiner Anstellung abgestimmt sind.

So meldest du deinen Bildungsurlaub in Deutschland an

Achte auf die Sonderreglungen deines Bundeslands

Wie so vieles in Deutschland ist auch Bildungsurlaub Sache der einzelnen Bundesländer, das heißt, es gibt keine einheitlichen Gesetze zu dem Thema. Wie schon oben geschrieben, können Angestellte, Beamte und Auszubildende in Deutschland Bildungsurlaub beantragen – bis auf Bayern und Sachsen. Wenn du also in diesen beiden Bundesländern angestellt bist, hast du keinen Anspruch auf Bildungsurlaub. Auf der Seite von bildungsurlauber.de kannst du nachschauen, ob die Reglungen für dich zutreffen.

Jedes Bundesland hat dabei verschiedene Sonderreglungen, die du vorab gut studieren solltest. In Berlin beispielsweise gilt der 10-Tages-Anspruch pro zwei Jahre nur für eine Vollzeit-Anstellung. Bei einer Teilzeit-Beschäftigung werden die Tage prozentual angepasst. Dagegen haben Arbeitnehmer*innen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres einen Anspruch von zehn Arbeitstagen im Jahr. Und auch Auszubildende in Berlin können zehn Tage Bildungsurlaub im Jahr nehmen, aber nur, wenn sich diese auf die politische Weiterbildung beziehen.

Oftmals ähneln sich die Gesetze in den Bundesländern, sie weichen aber in Details voneinander ab.

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Finde einen geeigneten Kurs oder ein Seminar

Das Kursangebot für Bildungsurlaube ist wahnsinnig groß. Dabei musst du nicht unbedingt in Deutschland bleiben, du kannst auch Sprachkurse im Ausland nehmen. Entscheidend ist, dass der Kurs oder das Seminar, für das du dich am Ende entscheidest, auch in deinem Bundesland anerkannt ist. Auf den Seiten von bildungsurlaub.de oder bildungsurlauber.de findest du zahlreiche Angebote und ein Hinweis, ob dieser oder jener Kurs in deinem Bundesland anerkannt ist. Um einen passenden Bildungsurlaub zu finden, kannst du auf den genannten Seiten nach Themengebieten, Zeitraum oder Ort suchen – wenn du den richtigen gefunden hast, forderst du nur noch einen Antrag per Mail an.

Von den Veranstalter*innen erhältst du im Anschluss alle notwendigen Unterlagen für die Beantragung: Anmeldebestätigung, Anerkennungsbescheid und inhaltlicher Ablaufplan. Schau auch in die Rücktrittsbedingungen des Vertrags rein. Dein*e Arbeitgeber*in hat nämlich das Recht, deinen Antrag abzulehnen und du willst ja nicht auf den Kosten sitzen bleiben...

Bildungsurlaub beantragen & bezahlen

Wenn du alle Unterlagen sowie ein formloses Anschreiben vorbereitet hast, musst du deinen Bildungsurlaub bei der Personalabteilung oder deinem*r Chef*in spätestens vier bis sechs Wochen vor Start beantragen. Bestenfalls achtest du bei der Wahl des Zeitraums darauf, dass sich der Urlaub nicht mit den Freitagen anderer enger Mitarbeiter*innen überschneidet oder in eine stressige, arbeitsintensive Zeit fällt. Gemeinhin gilt: Je früher du deinen Sonderurlaub beantragst, desto wahrscheinlicher ist es, dass er bewilligt wird.

Wann kann ein Bildungsurlaub abgelehnt werden?

Nun die schlechte Nachricht: Dein*e Arbeitgeber*in kann deinen Antrag auf Bildungsurlaub aus betrieblichen Gründen ablehnen, auch wenn das so einfach nicht ist. Auch hier gibt es wieder zahlreiche Sonderreglungen des Bundesländer. Nochmal das Beispiel Berlin: In Kleinbetrieben bis 20 Beschäftige haben nur maximal 50 Prozent Anspruch auf den Sonderurlaub. Außerdem haben bereits vorliegende Urlaubsansprüche Vorrang und auch bei extremer Personalknappheit kann das Gesuch abgelehnt werden. In Berlin muss der*die Arbeitgeber*in darüber hinaus die Ablehnung innerhalb von zwei Wochen mitteilen, ansonsten gilt der Antrag als bestätigt.

Lass dir unbedingt die Ablehnung schriftlich geben, damit du im Anschluss mit fachlicher Unterstützung prüfen kannst, ob die Begründung gesetzeskonform ist. Die Gesetze der Bundesländer regeln genau, welche Ablehnungsgründe zulässig sind und welche nicht.

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© Charlott Tornow

Nach dem Bildungsurlaub

Eines der schönsten Gefühle ist, etwas Neues gelernt zu haben und es direkt in die Praxis umsetzen zu können. Auch deshalb sollten wir mehr Gebrauch von Bildungsurlaub machen – denn es wirkt sich auf unser Wohlbefinden und unsere Produktivität aus, was im Umkehrschluss ja auch unserem*r Arbeitgeber*in wieder zu Gute kommt. Nach deinem Kurs oder Workshop solltest du dir von dem*der Veranstalter*in eine Teilnahmebestätigung geben lassen, die du an deine*n Arbeitgeber*in weiterreichst. Eine Kopie behältst du selbst.

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