Tschüss Kunstschnee & präparierte Pisten – 11 Tipps, wie du nachhaltigen Winterurlaub machst
Weiß gezuckerte Gipfel, das leise Knirschen der Schneekristalle unter den Sohlen und kalte, klare Luft, die einem um die Nase weht. Der Winter in den Bergen ist immer wieder etwas besonderes – vor allem für all jene unter uns, die sonst nur noch selten Schnee zu Gesicht bekommen. Für viele gehört der alljährliche Winterurlaub daher zum Standardprogramm. Wie wir aber wissen, macht der Klimawandel auch vor den Alpen nicht halt. Selbst in luftigen Höhen steigen die Temperaturen, Gletscher schmelzen und der Schnee wird von Jahr zu Jahr weniger statt mehr. Da kommt nicht nur die Frage auf, wie wir unseren Winterurlaub am umweltschonendsten gestalten, sondern auch, ob er überhaupt noch gerechtfertigt ist.
Dazu können wir sagen: Winterurlaub ist nicht gleich Winterurlaub. Da gibt es so manche Stellschraube, an der du drehen kannst, um deinen winterlichen Bergurlaub guten Gewissens genießen zu können. Von der Anreise über die Unterkunft bis zu den Aktivitäten: Wir haben 11 praktische Tipps für einen möglichst nachhaltigen Winterurlaub. Und übrigens: Wer es ganz genau wissen möchte, klickt sich durch den CO2-Rechner der Uni-Graz, mit dem du deine Urlaubsemissionen überschlagen kannst.
1. Reise mit Bus und Bahn in die Berge
Mit dem Zug in den Skiurlaub? Klingt im ersten Moment nicht sehr verlockend und nach einer Menge Schlepperei, aber: Wenn du nicht gerade auf einem Kreuzfahrtschiff mit integrierter Skipiste unterwegs bist, macht die Anreise nunmal den größten Teil des gesamten CO2-Fußabdrucks deines Urlaubs aus. Und ob du es glaubt oder nicht: Viele Skigebiete und -regionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz sind wunderbar mit der Bahn erreichbar, darunter Garmisch-Partenkirchen, das Zillertal, St. Anton, Schladming, Mallnitz, Davos und das ohnehin komplett autofreie Zermatt. Ein guter Tipp sind auch die Alpine Pearls, ein Zusammenschluss von 19 Urlaubsorten in den Alpen, die sich dem sanften Tourismus und umweltfreundlicher Mobilität verschrieben haben.
2. Bleibe lieber länger
Ja, das hören wir doch gerne: Hey Chef*in, ich muss aus Nachhaltigkeitsgründen länger Urlaub nehmen! Simpler wird die Rechnung tatsächlich nicht. Denn wenn die Anreise tatsächlich den größten Anteil in Sachen CO2-Ausstoß ausmacht, dann ergibt es nur Sinn, lieber einen längeren Urlaub statt vieler Kurztrips zu planen – gilt übrigens nicht nur im Winter.
3. Wähle nachhaltige Unterkünfte
Was eine nachhaltige Unterkunft ausmacht? Gute Frage! Im Zweifel gilt die Faustregel: Viel Luxus braucht auch viel Energie und Ressourcen. Mit einer simplen Ferienwohnung, in der du selbst kochst, bist du auf jeden Fall nachhaltiger unterwegs als im Fünf-Sterne-Luxus-Resort. Dennoch gibt es vor allem in den Alpen mittlerweile viele Hotels, die einen nachhaltigen Ansatz verfolgen. Selbst erlebt haben wir das zum Beispiel im Biohotel Grafenast in Tirol, im WellnessHostel3000 in Laax oder im Bühelwirt in Südtirol. Noch mehr nachhaltige Unterkünfte für Süddeutschland findet ihr hier, für Österreich hier und für die Schweiz hier.
4. Augen auf bei der Destination
Die Frage nach dem perfekten Ski- oder Wintersportort ist nicht so leicht zu beantworten. Klar ist: Riesige Skigebiete mit 200 Pistenkilometern und mehr sind definitiv ein großer Eingriff in Natur und Landschaft. Gleichzeitig liegen die meisten der großen Gebiete recht hoch und sind damit schneesicherer. Außerdem nutzen schon heute viele Alpendestinationen erneuerbare Energien aus Wasser und Sonne, um Bergbahnen und Lifte zu betreiben. Ohne Kunstschnee kommt aber fast kein alpines Skigebiet mehr aus – und der verbraucht jede Menge Wasser und Strom. Auch hier lohnt sich der Blick zu den Alpine Pearls, denn hier sind auch einige kleine Orte vertreten, die fernab vom großen Skizirkus ein tolles Wintererlebnis bieten. Achte bei der Recherche also auf kleine Skigebiete und Wintersportorte, die sich dem sanften Tourismus verschrieben haben und viele Aktivitäten abseits der Skipiste anbieten.
5. Probiere verschiedene Winteraktivitäten aus
Ja, wir lieben Skifahren. Aber in Zeiten, in denen Schneekanonen und Pistenraupen auf Hochtouren laufen, um die Abfahrten in Schuss zu halten, werden plötzlich auch andere winterliche Bergaktivitäten interessant. Sei es die entschleunigende Winterwanderung, die rasante Rodelrunde oder eine malerische Tour auf Schneeschuhen: Wer die Bergwelt aus eigener Muskelkraft entdeckt, erlebt die Natur nochmal ganz anders, verbraucht weniger Ressourcen – und hat sich den Kaiserschmarrn auf der Hütte definitiv verdient!
6. Leihe dir die Ausrüstung aus
Festes Schuhwerk, wetterfeste Kleidung, Skier, Skischuhe, Stöcke, Snowboard, Rucksack, Helm, Handschuhe. Die Packliste für den Winterurlaub ist lang und all jene, die einmal im Jahr in die Berge pilgern, stellen sich die Frage: Muss ich das alles besitzen? Die klare Antwort? Nein! Ski- und Snowboardausrüstung kannst du in wirklich jedem Skigebiet leihen. Da profitierst du nicht nur von weniger Schlepperei, sondern hast auch immer top gepflegtes Material unter den Füßen. Aber selbst Rucksäcke sowie Berg- oder Schneeschuhe kann man ausleihen. Die perfekte Anlaufstelle dafür ist der Deutsche Alpenverein. Viele Sektionen haben einen örtlichen Verleihservice, den man sogar als Nicht-Mitglied nutzen kann. Falls du nur noch den alten 80er-Jahre-Skianzug von Papa im Schrank hängen hast, kannst du sogar Kleidung leihen, zum Beispiel bei der nachhaltigen Münchner Outdoormarke Pyua.
7. Wenn kaufen, dann bevorzugt Second-Hand oder nachhaltige Produkte
Mieten ist nicht dein Ding oder du willst dein Equipment immer parat haben? Dann lohnt sich vielleicht der Second-Hand-Kauf. Gebrauchte Bergausrüstung findest du zum Beispiel auf Ebay Kleinanzeigen, in bestimmten Facebook-Gruppen oder bei Flohmärkten, die ebenfalls von verschiedenen Sektionen des Deutschen Alpenvereins veranstaltet werden. Soll es doch ein neues Produkt wie eine Jacke sein, dann achte bei der Wahl der Marke darauf, dass klimafreundlich produziert wird, Recyclingstoffe Verwendung finden und Kreisläufe für Produkte geschaffen werden. Mittlerweile gibt es viele Marken wie Picture, Pyua, Patagonia oder Vaude, die großen Wert auf nachhaltiges Wirtschaften legen. Wichtigster Tipp an dieser Stelle: Am Ende bestimmt die Lebensdauer die Nachhaltigkeit eines Produkts am meisten – also nicht jede Saison etwas neues kaufen, sondern lieber reparieren und so lange verwenden, bis wirklich gar nichts mehr geht.
8. Iss lokal und regional
Apropos Hütteneinkehr: Auch beim Essen kannst du deinen Winterurlaub in Sachen Sättigungsgefühl nachhaltig gestalten. Achte darauf, in Hütten und Restaurants einzukehren, die lokale Produkte verwenden und frage dich: Muss es immer Fleisch sein? Die alpine Küche kennt viele Klassiker, die von Haus aus vegetarisch sind, zum Beispiel Südtiroler Spinatknödel, Schweizer Gerstensuppe oder der österreichische Kaiserschmarrn.
9. Respektiere Wildschutzzonen und andere Schutzgebiete
Für uns gehen die Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz Hand in Hand. Auch wenn man sich in manchem Skigebiet ein bisschen wie im verschneiten Disneyland fühlt, ist die alpine Bergwelt immer noch ein sensibles Ökosystem. Daher ist es wichtig, sich an markierte Pisten und Wege zu halten. Das dient in der Regel nicht nur der eigenen Sicherheit, sondern schützt auch Flora und Fauna. Vor allem im Winter brauchen alpine Wildtiere ausgiebige Ruhephasen, um die kalte Jahreszeit unbeschadet zu überstehen.
10. Nimm deinen Müll wieder mit
Wo wir schon bei Ökosystemen sind: Müll – egal welcher Art – hat in den Bergen nichts verloren. Klingt für dich selbstverständlich? Umso besser. Trotzdem sollten wir uns immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass selbst die meisten Obstreste im Bergwald nicht verwertet werden können. Eine Bananenschale braucht gut und gerne ein bis drei Jahre, um in den Bergen zu verrotten – von Plastikverpackungen ganz zu schweigen. Nutze also Brotdosen und Trinkflaschen aus Edelstahl oder packe deinen Proviant in Bienenwachstücher. Auch wichtig: Wenn die Blase drückt, solltest du darauf achten, ausreichend Abstand zu Wegen und Gewässern zu halten und keine Papiertaschentücher in die Natur zu entsorgen.
11. Tu einfach mal gar nichts
Urlaub heißt Erholung und die steigt häufig nicht proportional zu den absolvierten Pistenkilometern. Entschleunigung geht fast nirgends besser als vor einem Bergpanorama. Das heißt nicht, dass du im Hotelbett vergammeln musst, doch ein bisschen Langsamkeit tut sicher gut. Spaziere einfach mal ziellos herum, atme frische, morgendliche Bergluft, lass den gehetzten Skizirkus einfach hinter dir und halte es mit Goethe: „Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen.“