Osteuropa mal anders entdecken: Mit Zug und Bus von Berlin nach Istanbul 

© Sonja Koller

Die Idee, von Berlin nach Istanbul mit dem Zug zu fahren, kommt mir in einem nicht besonders nüchternen Zustand. In einem vorpandemischen Köln liege ich während Karneval Fremden in den Armen und versuche, als Dusche verkleidet, Karnevalslieder mitzusingen. „Heute fährt die 18 bis nach Istanbul“ mag ich besonders gerne, der Text ist einfach und ich kann mitsingen. Und auch die Idee dahinter finde ich nicht schlecht. Wie lange dauert es eigentlich, nach Istanbul zu fahren?

Eineinhalb Jahre später will ich es selbst herausfinden. Aus dem Karnevalslied wird ein Plan und ich will, nicht mit der Straßenbahn, aber immerhin mit dem Zug von Berlin nach Istanbul fahren. Mit dem Auto kann man Istanbul von Berlin aus in nur 20 Stunden erreichen, mit dem Zug dauert es etwas mehr als 35 Stunden, würde man durchfahren. Ich will aber nicht etwa einfach aus Spaß die längste Anreise nach Istanbul wählen, sondern auf der Route auch ein paar Highlights in Osteuropa abklappern. Außerdem ist der Weg ja sowieso das Ziel und nebenbei reise ich auch deutlich nachhaltiger als mit dem Flugzeug. Sowohl, was meine Erinnerungen an die Anfahrt als auch den CO₂-Ausstoß betrifft.

Budapest
© Sonja Koller

Von Berlin nach Budapest

Der erste Abschnitt der Reise ist einfach und fühlt sich noch nicht besonders abenteuerlich an. Der Direktzug von Berlin nach Budapest kutschiert mich und unzählige Teilnehmer*innen von Junggesell*innenabschieden im Sommer 2021 noch tagsüber über Dresden, Prag und Bratislava nach Budapest. Jetzt gibt es einen Nachtzug, der dich in dreizehneinhalb Stunden von Berlin über Tschechien nach Budapest bringt.

Hast du die ungarische Hauptstadt erreicht, ist schon ein großer Teil des Weges relativ problemfrei geschafft. Weil ich Budapest gut kenne, entscheide ich mich dafür, nur einen Abend durch die Stadt zu schlendern, einige der trendigen Bar zu abzuklappern und am nächsten Morgen direkt weiterzufahren. Die Stadt eignet sich aber definitiv auch für einen längeren Aufenthalt und ist auf jeden Fall einen Städtetrip wert.

Budapest nach Belgrad
© Sonja Koller

Von Budapest nach Belgrad

Der nächste Abschnitt der Reise ist nicht mehr ganz so unkompliziert. Zumindest zurzeit. Die Zugstrecke von Budapest nach Belgrad wird nämlich gerade umgebaut, damit die Züge in Zukunft noch schneller zwischen den beiden Hauptstädten hin und her zischen können. Dafür fahren Flixbus und Terra Travel mit Bussen in sieben Stunden von Budapest nach Belgrad.

Ich aber will auf meiner Reise mehr von Serbien sehen als nur die Hauptstadt und fahre mit dem Zug über die kleine Grenzstadt Subotica nach Novi Sad. Die Fahrt dauert acht Stunden, zur serbischen Grenze allerdings muss ich vom letzten ungarischen Bahnhof aus mit dem Taxi fahren, dann kann ich die Grenze zu Fuß überqueren, bevor es vom nächsten Ort in Serbien mit dem Zug weitergeht. Von Novi Sad bis in die serbische Hauptstadt kannst du aber wieder problemlos in den Zug umsteigen und den ersten, neu ausgebauten Teil der Strecke Belgrad-Budapest befahren. Bis 2025 soll dann die komplette Strecke zwischen den beiden Hauptstädten in dreieinhalb – statt wie bisher acht Stunden – befahrbar sein.

Die bislang zumindest noch komplizierte Anfahrt ist es wert: Belgrad überrascht mich positiv und erinnert ein bisschen an Berlin, ist aber sogar noch alternativer. Besonders die Bars und Restaurants der Stadt sind innovativ, cool und nicht zuletzt: sehr günstig. Obwohl es auch tagsüber einiges zu sehen gibt, kannst du das Flair von Belgrad vor allem nachts gut aufsaugen.

Sofia Bulgarien mit dem Zug
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Von Belgrad nach Sofia

Weil ich besonders viel von Osteuropa und dem Balkan sehen will, mache ich von Belgrad aus einen kleinen Umweg und lege Stopps in Bosnien und Herzegowina, Montenegro und Nordmazedonien ein, bevor es für mich wieder ostwärts nach Bulgarien geht. Der unkomplizierteste Weg führt dich von Belgrad mit dem Bus in siebeneinhalb Stunden nach Sofia. Wenn du dich aber, so wie ich, im Zug besonders wohlfühlst, musst du zweimal umsteigen. Von Belgrad aus geht es in etwas unter fünf Stunden in die serbische Hauptstadt des Jazz, nach Niš. Am besten du verbringst dort mindestens eine Nacht und steigst am nächsten Morgen in einen Zug nach Dimitrovgrad an die bulgarische Grenze. Nach einem kurzen Aufenthalt dauert es von dort nur noch knapp eine Stunde, bis du die bulgarische Hauptstadt Sofia erreichst.

Obwohl der bulgarische Goldstrand mittlerweile auch in Deutschland zur beliebten Urlaubsdestination geworden ist, ist der Rest des Landes noch nicht so gut besucht. Die Hauptstadt Sofia aber ist auf jeden Fall einen Besuch wert und meiner Meinung nach einer der sehenswertesten Städte Osteuropas. Denn Sofia ist cool und hat einige prunkvolle Gebäude und Kathedralen zu bieten. Und: Auch die niedrigen Preise überzeugen.

Istanbul
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Von Sofia nach Istanbul

Der letzte Abschnitt der Reise ist wieder ganz einfach. Von Sofia aus fährt der Bosphor Express über Nacht nach Halkali, einem Vorort von Istanbul. Die Fahrt dauert etwas weniger als 12 Stunden und von Halkali aus geht's innerhalb einer halben Stunde ins Zentrum der türkischen Metropole. Obwohl ich mich auf der Fahrt von Stadt zu Stadt entlang gehangelt habe, bin ich bei der Einfahrt nach Istanbul erschlagen von dem Ausmaß der Metropole. Ich beobachte, wie sich die Umgebung langsam verändert, urbaner wird und schließlich in einem nicht enden wollenden Meer aus Häusern endet.

Beim Verlassen des Zuges bin ich nicht müde von der langen Anfahrt, sondern schon voller neuer Eindrücke. Außerdem habe ich das Gefühl, Istanbul durch das langsame Herantasten besser einordnen zu können, als wäre ich in drei Stunden von Berlin aus geflogen. Für den Rückweg wähle ich trotzdem das Flugzeug, schmiede aber schon Pläne für eine neue Route über Osteuropa in die Türkei. Über Wien und Rumänien zum Beispiel kannst du Istanbul mit zwei Nachtzügen erreichen.

Die Route im Überblick

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